Im Rahmen der BerlinWebWeek 2011 fand gestern der erste Berlin Open Data Day 2011 statt. Neben allgemeinen Fragen zur Bereitstellung offener Daten in der Verwaltung wurden Berliner Open-Data-Projekte vorgestellt. politik-digital.de war dabei. 

Eingeladen zum Berlin Open Data Day 2011 (BODDy 2011) hatte die Berliner Wirtschaftsverwaltung gemeinsam mit dem Open Data Network und dem Government 2.0 Netzwerk.

Berlin zählt neben den Städten Amsterdam, Barcelona, Helsinki und Paris zu den europäischen Modellstädten, die bereits über eine ansehnliche Sammlung offener Daten verfügen. Ziel dabei ist es, innovative Methoden wie Open Data und Crowdsourcing auf den öffentlichen Sektor zu übertragen und anhand von Pilotvorhaben zu testen.

Einvernehmliches Fazit der gestrigen Veranstaltung war das Zugänglichmachen von Daten mit gesellschaftlicher Relevanz. Dabei sollte dies für die Rohdaten gelten, die somit auch von Dritten, das heißt nicht nur von Behörden, interpretiert werden und für diese von Nutzen sein können. Einig war man sich aber auch darüber, dass die Offenlegung immer ein Restrisiko in sich birgt, woraus grundsätzlich Skepsis gegenüber Open Government-Projekten entstehen kann. Dennoch könnten in der Zukunft „blühende Landschaften“ entstehen, wenn Daten vernetzt würden, wie Daniel Dietrich, Vorstandsvorsitzender des Open Data Network, in seinem Eröffnungsvortrag in Aussicht stellte.

Anke Domscheit-Berg, Mitgründerin des Government 2.0 Netzwerk und selbständige Beraterin, sprach zum Thema „Offene Verwaltung – Partizipation und Teilhabe“ und stellte die Erwartungen der Bürger nach Transparenz innerhalb von Verwaltungen und die Vorteile der Bereitstellung offener Daten deutlich heraus. Die vier am häufigsten vorgebrachten Argumenten gegen Open Data – Technik, Geld, Kultur und Kompetenz – bezeichnete sie als „(Schein-)Barrieren“ und stellte ihnen Lösungsvorschläge gegenüber: Unerlässlich seien Kompetenzaufbau der Beteiligten, Leitfäden für Social Media und mehr Autonomie für die Mitarbeiter.

Zentrale Aussage des zweiten Vortrages von Daniel Dietrich war die Botschaft an die Verwaltung: „Keep it simple“. Er plädierte für eine Bereitstellung roher Behördendaten, damit diese von den Bürgern weiter genutzt werden können. Unter der Bedingung, dass zwei zentrale Prinzipien für Open Data erfüllt werden müssen: die rechtliche und technische Offenheit, d. h. neben der Klärung der Rechte sollten die Daten auch so aufbereitet sein, dass sie weiterverarbeitet werden können.
Die Offenlegung von Daten kann dann einen gesamtgesellschaftlichen Mehrwert erzielen, wenn die zentralen Forderungen der Open Data-Bewegung erfüllt sind:
mehr Öffentlichkeit, Transparenz, neue Formen der Information und Kommunikation und vor allem neues Wachstum durch Innovationen.

Besonders interessant war die Werkschau der schon in die Praxis umgesetzten Projekte in Berlin – innerhalb und außerhalb der Verwaltung. Diese bereits umgesetzten Projekte bedürfen in einer Art „work in progress“ der ständigen Weiterentwicklung. Hier eine Auswahl:

  • Wheelmap: (Sozialhelden e.V.)

    Stadtplan, auf dem rollstuhlgerechte Orte zu finden und einzutragen sind.
  • Umweltdaten (Umweltamt Steglitz-Zehlendorf)

    Open Data auf regionaler Ebene: umfangreiche Informationen zum Umweltschutz im Bezirk Steglitz-Zehlendorf
  • ÖPNV-Daten
    Verwendung von frei verfügbaren Reisezeiten-Karten mit der Konzentration auf den Öffentlichen Nahverkehr sowie die Einbindung interessanter Orte.
  • Amtliche Statistik und Open Data (Amt für Statistik)
    Datenschatz & Datenschutz
  • OffenerHaushalt Berlin

    Haushalte sollen visualisiert, analysiert und kommentiert werden.
  • mundraub.org
    Online-Kartierung von Obstbaumstandorten
  • Geodaten-Infrastuktur in Berlin (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung)

    Zentraler Zugang zu Karten und anderen raumbezogenen Daten, Diensten und Informationen im Bereich Geoinformation.
  • Wikipedia und OpenStreetMap (Wikimedia Deutschland)

    Bereitstellung freier, editierbarer Karten der gesamten Welt.
  • EuroCities Working Group Open Data
    EU-Projekte zu Open Data,
    Netzwerk von regionalen Verwaltungen in mehr als 140 europäischen Großstädten in über 30 Ländern.
  • HackDeOverheid

    Niederländisches Projekt zum Open-Data-Aktivismus.
  • Berliner KiezAtlas: Statistik zum Anfassen (GskA gGmbH – Projekt Network)

    Datenbank zur sozialen und kulturellen Infrastruktur des Berliner Sozialraums.
  • Flugroutenatlas (Lorenz Matzat)

    Fluglärm-Grafik zum des BBI-Airports Berlin

Die abschließende Diskussion fasste noch einmal wesentliche Punkte zusammen, die im Laufe der Veranstaltung immer wieder anklangen. Insbesondere der Aspekt der Kosten und Einnahmen wurden diskutiert. So warnte der Datenjournalist Lorenz Matzat etwa vor Personalabbau, damit in Zukunft nicht weniger Daten erheben würden. Jens Klessmann vom Frauenhofer Institut FOKUS gab zu bedenken, dass die bisherigen Einnahmen der Verwaltungen beachtet werden müssen, Kosten und Nutzen also abgewogen werden müssen. Deshalb müsse über ein Bezahlprojekt nachgedacht werden. Eine Möglichkeit wäre, die Grenzkosten in Rechnung zu stellen. Almuth Hartwig-Tiedt, Staatssekretärin bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen, resümierte, es gebe bei Neuerungen stets Licht und Schatten. Unerlässlich sei daher eine ausführliche Kommunikation, nicht nur zwischen Bürgern und Verwaltung, sondern ebenso zwischen den einzelnen Verwaltungen.

Als Schlussfazit wurde eine Aussage von Ulrich Freise, IT-Staatssekretär des Landes Berlin, im Hinblick auf die im September anstehenden Wahlen in Berlin aufgegriffen: „Egal wer an der Macht ist, es wird weitergehen“. Das war hoffentlich nicht die letzte Veranstaltung von BODDy.