Welches ist eigentlich das wahre olympische Motto? Dabeisein ist
alles? Rührend. Als Fernsehzuschauer kommt man eher auf das
Motto ‘Zum Ruhme der Nation’. Das gilt wohl für fast jedes
einigermaßen erfolgreiche Sportland, aber uns geht’s um die
Deutschen. Denn durch die nationale Brille bei ARD und ZDF müssen
Sie ja auch gucken!

Die Olympischen Spiele –
ein Ereignis durch die nationale Fernsehbrille

Alle haben Eric Moussambani in ihr olympisches Herz geschlossen, als er dieser Tage im
Sydney Aquatic Center fast ertrunken wäre. Unter der frenetischen Anfeuerung von 18.000
Zuschauern schaffte es der Mann dann doch noch ins Ziel des Vorlaufs über 100 Meter Freistil – in einer Zeit
von 1 Minute 52 Sekunden. Auf einmal wurde die Rumpel-Phrase vieler Fernsehzuschauer "Da ist ja meine
Oma schneller!" Wirklichkeit.

"Das ist eben Olympia", freuen wir uns über die exotische Einlage des Mannes aus Äquatorial-Guinea und
freuen uns erneut, ihn zur besten Sendezeit auf dem ZDF-Traumschiff bei Wolf-Dieter Poschmann wieder zu sehen.
Für das schöne Motto ‘Dabeisein ist alles’ dient Moussambani als lebendige Illustration – oder Karikatur:
Die Mittelbadische Zeitung apostrophierte ihn bedenkenswerterweise als "Zlatko von Sydney".
Aber für den Fernsehbeobachter stehen die Olympischen Spiele zu 99 Prozent
im Zeichen des anderen olympischen Mottos ‘Schneller, Höher, Weiter’. Und immer mit diesem Leistungsanspruch
verbunden ist das dritte Motto der Spiele: ‘Zum Ruhme der Nation’. Olympia ist, so könnte man meinen,
zuerst eine nationale Angelegenheit.

Das Kräftemessen der Athleten ist freilich schon immer auch ein Kräftemessen der Nationen gewesen, die
krassesten Belege dafür erkennen wir im Berlin1936-Film von Leni Riefenstahl und in der kritischen
Auseinandersetzung mit ihm. Und dass dieses weltweit größte Sportereignis auch heute den Menschen in allen Ländern über
manche Enttäuschung des Alltags hinweg hilft und deshalb Erfolge auch von Politikern und Medienschaffenden
sehr gerne gesehen werden, ist eine Binsenweisheit.

Aber muss mir die tiefe Angst vor dem nächsten Tankstellenbesuch von ARD und ZDF wirklich mit dem Rundum-Deutschland-Paket
vernebelt werden? Obwohl auch ich die komische Angewohnheit habe, im Grunde immer für die zu halten, die im gleichen Land
wie ich geboren sind, würde ich mich lieber durch ein bunter gemischten Mix unterhalten lassen, der
die olympische Atmosphäre und den so unterschiedlichen Reiz der einzelnen Sportarten näher bringt.
Stattdessen sehe ich Interviews mit noch schnaufenden, enttäuscht drein blickenden Vorlauf-Fünften aus
Baden-Württemberg. Nun weiß ich einiges über ihre Olympia-Vorbereitung, aber es wurde nur am Rande erwähnt, wer sich an
ihrer Stelle über den Einzug in die nächste Runde freuen darf.

Die Geschichten hinter den nackten Ergebnissen klingen aber nicht nur interessant, wenn sie jemand mit deutschem Pass
erlebt! Es kommt eben drauf an, ob ein Journalist eine interessante Geschichte zu erzählen weiß oder nur eine Antwort
auf die Frage ‘Wo ist unsere gelandet?’ gibt. Oder gar, wie am ersten Tag des Beach-Volleyballs den Fehler einer
französischen Spielerin zugunsten des deutschen Duos mit den Worten kommentiert "Das gefällt mir schon besser".
Mir nicht.

Dass nicht immer deutsche Sportler im Endlauf präsentiert werden können, verdanke ich die plötzliche Bekanntschaft mit
der Schwimmerin Inge De Bruijn. Die gut aufgelegten Reporter im Schwimmstadion kommentierten spannend, erzählten
interessant, und das Interview am Beckenrand mit der frisch gebackenen Olympiasiegerin strahlte so viel aus, dass
ich gar nicht umhin kann, mich mit ihr zu freuen. Mit einer Holländerin!