Die Einführung des alternativen Betriebssytemes GNU/Linux in der Öffentlichen Verwaltung nimmt immer konkretere Formen an. Viele Städte und Gemeinden, aber auch der Deutsche Bundestag stellen ihre Computerinfrastruktur auf Freie Software um. Ein Überblick:

Der Begriff Freie Software bezeichnet (Computer-)Programme, deren Lizenzen besondere Freiheiten bieten. Zu den Anforderungen zählen u.a. die Offenlegung des Quellcodes durch den Autor (daher auch der häufig benutzte Name “open-source Software”), sowie die freie Verbreitbarkeit und die freie Veränderbarkeit der Software durch den Benutzer.

Für die Praxis bedeutet dieses Modell, daß an der Entwicklung von Freier Software weltweit viele tausend Programmierer beteiligt sind, die über das Internet miteinander kommunizieren. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind für jedermann über das Internet frei erhältlich. GNU/Linux ist der Name des bekanntesten Projekts der Freien-Software-Gemeinde, nämlich der des Betriebssystems.

Die Öffentliche Verwaltung ist durch die besondere gesellschaftliche Verantwortung gegenüber seinen Geldgeben, sprich den Steuerzahlern, zu besonders wirtschaftlichem Handeln gezwungen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass in den letzten Wochen und Monaten mehr und mehr über Alternativen zu gängigen Software Lizenzmodellen nachgedacht wird.

Verwaltung und Linux

Im Sommer 2001 war der Deutsche Bundestag, wie fast alle Institutionen und Betriebe in Deutschland, dazu gezwungen, über ein neues Betriebssystem für die Verwaltung und die Abgeordnetenbüro nachzudenken. Die Firma Microsoft hatte angekündigt, im Jahr 2002 den Support und die Weiterentwicklung des gängigen Betriebssystems NT einzustellen. Die Entscheidung darüber, welches System in der Zukunft nun eingesetzt werden würde, sollte im Ältestenrat des Bundestages fallen, dass Gremium, welches über infrastrukurelle Fragen des Parlaments entscheidet. Durch die öffentliche Debatte um das neue Betriebssytem im Parlament entfachte sich ein Schlagabtausch in den Medien, den die deutsche Öffentlichkeit bis dato noch nicht gekannt hatte, wenn es um Fragen der Software von Computern geht. Es wurden fleißig offene Briefe verfasst und veröffentlicht, die den Bundestag aufforderten, doch in Zukunft Freie Software einzusetzten. Auch Mitarbeiter der Firma Microsoft beteiligten sich an der Debatte.

Den Höhepunkt erreichte die Diskussion Anfang 2002. Zu diesem Zeitpunkt startete eine überparteiliche Initiative von verschiedenen Abgeordneten des Bundestages zusammen mit Spezialisten aus der Softwareszene für GNU/Linux und Freie Software im Bundestag. Die Initiative
www.bundestux.de rief die Öffentlichkeit auf, im Internet Unterschriften abzugeben, die der Forderung nach Open Source im Bundestag Nachdruck verleien sollten. Die Medien griffen das Thema erneut dankbar auf, wie beispielsweise der Artikel im Nachichtenmagazin
DER SPIEGEL. Diese Initiative war ein voller Erfolg, denn über 25.000 Menschen unterschrieben den Aufruf.

Beeindruckt von der Zahl der Unterstützer und des öffentlichen Interesses fällte der Bundestag eine weitreichende Entscheidung. Alle Server im Bundestag und die Verzeichnissysteme werden auf Freie Software umgestellt. Als Betriebssystem wurde Microsoft XP beschlossen, mit einem Office-Programm des gleichen Herstellers. Jeder Abgeordnete hat jedoch die Möglichkeit, eine freie Alternative zu wählen, nämlich das Open Source Office System “Open Office”.

Diesem Beispiel folgen zunehmend andere Institutionen der Deutschen Verwaltungslandschaft. Dutzende Städte und Gemeinden, beispielsweise München, prüfen nun die Einführung freier Systeme, denn die Vorteile sind nicht nur in finanzieller Hinsicht enorm. Auch die größere Modularität, Verfügbarkeit und die Möglichkeit das System genau auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen, sind weitere wichtige Vorteile. Eine Studie das Bayrischen Obersten Rechnungshofes für das Jahr 2001 hat ergeben, dass sie, aus Kostengründen eindeutig die Einführung von GNU/Linux empfehlen. In Deutschland laufen alleine in der Öffentlichen Verwaltung über eine Millionen Computer, so dass ein ausreichend attraktiver Markt vorhanden ist.

Aber nicht nur in der BRD stehen die Zeichen für Open Source sehr gut. Weltweit wollen sich Staaten von der Monokultur, die sich aus der Verbreitung von Microsoft Windows und der Geschäftspolitik von Microsoft ergibt, lösen. Ob in Ländern wie China, die direkt ihre ganze Infrastruktur auf Open Source umstellen oder in europäischen Industrieländern, der “Weg nach Vorn” (Titel einer Autobiographie von Bill Gates, dem Microsoftgründer) für Freie Software ist eingeschlagen.

Das haben auch die Bundesministerien des Inneren und für Wirtschaft erkannt. Zusammen mit dem
LinuxTag, der größten Messe für Freie Software und GNU/Linux in Europa, veranstalten sie eine Vortragsreihe auf dem LinuxTag 2002 zum Thema Linux in Behörden.Der LinuxTag findet vom 6. -9. Juni im Messezentrum Karlsruhe statt. Ein Aspekt des Themas ist jedoch noch nicht ausreichend beachtet worden. Bei Linux handelt es sich nicht um eine einzelne Firma, sondern um eine Technologie. Deshalb ist öffentliche Förderung für Freie Software nicht Wirtschaftsförderung, sondern zukunftsweisende Technologieförderung.

Der Autor, Andreas Gebhard, ist Projektleiter der Initative www.bundestux und arbeitet für die Kommunikationsagentur
werk21. Er ist Geschäftsführer des Netzwerk Neue Medien und freier Journalist.