© Alexander Klaus / pixelio.de
© Alexander Klaus / pixelio.de

800 Millionen User, darunter ein Viertel der deutschen Bevölkerung, und ein Unternehmenswert von geschätzt 100 Milliarden US Dollar – Facebook ist der Gigant unter den Sozialen Netzwerken und aus dem Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Doch womit genau finanziert sich der Internetkonzern? Welche Rolle spielen dabei die täglich gespeicherten Nutzerdaten? Diesen Fragen widmete sich eine Dokumentation des NDR.

„Facebook – Milliardengeschäft Freundschaft“  titelt die Dokumentation  der Fernsehjournalistinnen Svea Eckert, Anika Giese und des BBC- Regisseurs Charles Miller. Mit ihrem rund 45-minütigen Beitrag, der  gestern Abend im Ersten ausgestrahlt wurde, wollten die Autoren die Geschäftsmodelle und Gefahren, die hinter dem beliebten Netzwerk stecken, aufdecken und einen Blick hinter die Kulissen des Konzerns werfen. Dabei kamen neben Kritikern wie dem Datenschutzbeauftragten Thilo Weichert und der Medienpsychologin Sabine Trepte auch Vertreter jener Generation zu Wort, „die jeden Schritt mit der Welt teilt“.

Dank Kontakten der BBC gelang es den Autorinnen, seltene Einblicke in die Konzernzentrale im kalifornischen Palo Alto zu erhalten und Facebook-Gründer Mark Zuckerberg persönlich zu befragen. Damit wollten sie auf die Schattenseiten des „virtuellen Treffpunkts“ hinweisen und verdeutlichen, dass es hinter den Kulissen letztlich vor allem um Profit geht: Der User werde zur Ware, jede persönliche Information sei Gold wert, lautet die Botschaft. Denn dank der angelegten Profile mitsamt persönlichen Interessen und Vorlieben und des „Gefällt mir“-Buttons auf diversen Fanseiten kann Facebook dem Nutzer gezielt benutzerdefinierte Werbung zukommen lassen – und verdient damit Milliarden Dollar. Aus diesem Grund gilt das Netzwerk mittlerweile als einer der aggressivsten Datensammler unserer Zeit.

Facebook weiß mehr, als es wissen sollte

Direkte Nachfragen zur Nutzung der User-Daten werden von den Geschäftsführern bislang entschieden abgeblockt. Wenn sich doch einmal jemand dazu äußert, gibt es nur Ausflüchte, so auch dieses Mal. Um den Zuschauern bewusst zu machen, wie Facebook von den Nutzerdaten profitiert, hat die ARD sogar einen eigenen Titelsong produzieren lassen. Verse wie „I like what you like“ und  „I wanna know more than I should know“ weisen dabei die Richtung, in die sich die Aussage der Dokumentation bewegt. Sie wollten eine Warnung an die Nutzer aussprechen und diese sensibilisieren, betonen Eckert und Giese. “Sie sollten sich jedes Mal ganz genau überlegen, ob es das wert ist, und sich darüber im Klaren sein, dass neben ihren Freunden auf alle Fälle immer noch jemand anderes mitliest, beziehungsweise diese Daten sammelt – nämlich Facebook.”

Dass 45 Minuten nicht ausreichen, um die komplexe Facebook-Welt differenziert darzustellen, ist nicht überraschend, doch ist den Autorinnen ein verständlicher Einblick mit Bezug auf das aktuelle Geschehen wie den geplanten Börsengang des Internetkonzerns gelungen.  Trotzdem hat die Dokumentation nur einen geringen Neuigkeitswert. Weder bietet sie spektakuläre Enthüllungen noch die Entzauberung des mittlerweile als Ikone gefeierten Facebook-Gründers Mark Zuckerberg. Auch das Exklusiv-Interview mit „Mr. Facebook“ Zuckerberg gibt keine neuen Einblicke in die Arbeitsweise des Unternehmens. Was der Zuschauer seinen Worten entnehmen kann, ist bereits aus anderen Presseauftritten des 27-jährigen Unternehmers bestens bekannt: Facebook ist erfolgreich, tut alles für das Wohlergehen der User, der Dank Facebook Teil einer globalen Bewegung sei. An dieser Stelle hätte man sich kritische Nachfragen von Seiten der Autorinnen gewünscht.

Die User sind längst schlauer geworden

Alles in allem wird die Geschichte der „Generation Facebook“, die dem sozialen Netzwerk vertrauensselig jeden Zugriff auf persönlichen Daten gewährt, zu eindimensional und bedient sich der üblichen Klischees, anstatt diese zu hinterfragen: Während Zuckerberg sein Unternehmen als großes Meisterwerk präsentiert, tun Kritiker, von der Psychologin bis zum Datenschützer, das Gegenteil und warnen die User vor möglichen Konsequenzen des Beitritts.

Dabei sind die User insbesondere beim Thema  Datenschutz längst nicht mehr so unbedarft wie im Film dargestellt. Schon seit einiger Zeit herrscht Protest unter den Nutzern, die außerhalb des Netzwerks kritische Lager gebildet haben, oder sich als überzeugte „Post-Privacy-Spackos” bezeichnen. In der NDR-Dokumentation wird von dieser Entwicklung allerdings nicht berichtet. Auch die Initiativen des österreichischen Facebook-Kritikers Max Schrems kamen nicht zur Sprache. Dabei hätten gerade diese berücksichtigt werden müssen, wenn es um die Nutzung von User-Daten geht.

Während die Journalistinnen die Schattenseiten des Netzwerks teilweise nur sehr oberflächlich betrachten, wurden diese an anderen Stellen stark dramatisiert. So kennt Facebook mit Sicherheit nicht alle „Geheimnisse seiner Nutzer“, denn jeder ist  selbst verantwortlich für das, was er in dem sozialen Netzwerk von sich preisgibt.

Die Resonanz auf den Beitrag fiel dementsprechend kritisch aus, wie an den Reaktionen auf der Fanseite erkennbar ist. Einige Zuschauer waren der Meinung, selbst der Spielfilm „The Social Network“ hätte den Internetkonzern besser porträtiert und dabei mehr Einblicke in dessen Arbeitsweise gewährt, als die Dokumentation  dies tut.

Bild: © Alexander Klaus / pixelio.de

Privacy Preference Center