Wie kann man eine Brücke zwischen der realen Offline-Welt und den “virtuellen Straßen” im Netz schlagen? Die Initiative für interaktive Demokratie hat einen Versuch gewagt und am “Tag für Demokratie” am Brandenburger Tor zu einer Online-Demonstration gegen Rechtsextremismus aufgerufen.

Eine eMail an Claudia Roth wäre in der Flut der täglich eingehenden Online-Post mit Sicherheit untergegangen. Kombiniert man die Kommunikationskanäle der Offline- mit der Onlinewelt, steigen die Chancen, die gewünschte Aufmerksamkeit zu erhalten. Beim „
Tag für Demokratie“ am Brandenburger Tor hat die Initiative
iDemokratie.de den Versuch unternommen, eine Kampagne gegen Rechtsextremismus zu starten, die in der realen, sowie der virtuellen Welt stattfindet. Durch das Verteilen von Flyern, den Verkauf von T-Shirts und persönliche Gespräche mit den Menschen war eine „interaktive“ Auseinandersetzung mit dem Thema Rechtsextremismus vor Ort möglich.

7 Tage die Woche 24 Stunden täglich demonstrieren


Schöner leben ohne Nazis“ heißt das virtuelle Gegenstück zur Kampagne der Initiative iDemokratie.de. Hier kann jeder ohne großen technischen Aufwand ein Foto von sich ins Internet stellen und dadurch seiner Meinung Ausdruck verleihen. Mit den Bildern soll ein



großer „Online-Demonstrationszug“ im Netz entstehen, der nicht an einen konkreten Termin und Ort gebunden ist. Die Menschen können sich zu jeder Zeit und von jedem Ort an der Aktion beteiligen. Die Online-Demo schafft eine neue Form der Partizipation, ohne gleich mit Transparent und Trillerpfeife auf die Straße zu ziehen.

Gesicht zeigen ist wörtlich gemeint



60 Jahre nach Kriegsende und der Befreiung vom Naziregime werden vor allem die jungen Leute aufgerufen, in bunten T-Shirts mit der Aufschrift „Schöner leben ohne Nazis“ auf die Straße zu gehen. „Die Erfahrungen am ‘Tag für Demokratie’ haben gezeigt, dass viele die Aktion gut finden, einige aber auch Angst zeigen“ sagt Christian Hochhuth, Initiator der Kampagne.



Einige Passanten fanden es zu gefährlich eine so deutliche Botschaft offen zu tragen. In einem Fall verbat ein Vater sogar seiner Tochter aus diesem Grund den Erwerb des T-Shirts. Anderen wiederum geht das Foto im Internet zu weit. Das eigene Gesicht ist eine viel deutlichere Stellungnahme als eine Unterschrift auf einer langen Liste. Viele, die zu einer Demonstration durchaus bereit wären, lehnen einen stärker personalisierten Protest mit Bild im Internet ab.

Offline erfolgreich



Als „eine der auffälligsten Ideen auf dem Tag für Demokratie“ bezeichnete die
Berliner Abendschau die Kampagne. Durch das T-Shirt und den Flyer mit dem Aufruf zur Online-Demo und eine Animation im „Berliner Fenster“ in der U-Bahn und auf einer Großleinwand am Brandenburger Tor wurde offline auf die Kampagne aufmerksam gemacht, um sie später über diesen Tag und die Stadtgrenzen Berlins hinaus online weiterzuführen. Auch Politiker wie die Grünen-Chefin Claudia Roth oder der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck kamen am Stand vorbei und zeigten ihr Interesse an der Kampagne. Dabei konnte Claudia Roth als Unterstützerin der Kampagne gewonnen werden.

Onlinebeteiligung lässt warten



Viele haben bereits ihr Foto auf die Website geladen; einige im bunten T-Shirt, das sie am „Tag für Demokratie“ am Stand erworben oder Online bestellt haben, andere einfach mit einem privaten Foto, um Gesicht zu zeigen und am Protest gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus teilzunehmen. Der Graben zwischen der Offline-Welt und den “virtuellen Straßen” ist jedoch immer noch groß. Trotz einer enormen Reichweite der Offline-Kampagne im Raum Berlin suchten bis jetzt nur wenige der erreichten Menschen auch die Internetseite auf.

Der Autor des Textes ist Mitglied der Initiative iDemokratie.de.