Stefan Scholz, Teamleiter Online Services der CDU, zum Online-Wahlkampf der CDU im Jahr 2002

 

politik-digital: Welchen Stellenwert hat das Internet für die CDU im diesjährigen Wahlkampf im Vergleich zum letzten Bundestagswahlkampf´98?

Stefan Scholz: Im Wahlkampf 1998 hat es noch gereicht, einfach online zu sein. Schon das strahlte Modernität aus. Das gilt nicht nur für die CDU, sondern für alle Parteien. Heute muss hinter dem Online-Auftritt ein vernünftiges Konzept stehen. Im Internet muss ein Kommunikationsziel gesetzt und erreicht werden, das über reine Imagegenerierung hinausgeht. Hinzu kommt, dass auch die Reichweite des Internet in den letzten vier Jahren deutlich gewachsen ist. Insofern kann man ganz klar sagen, dass der Stellenwert des Internet gegenüber 1998 gewachsen ist. Neben dieser verstärkten öffentlichen Nutzung des Internet ist seine Bedeutung auch in der internen Kommunikation deutlich gewachsen. Bei der CDU gibt es das kandinet.de für die Bundestagskandidaten und das cdunet.de für die Parteimitglieder. Auf diesen Wegen stellen wir Materialien und Kampagnenmittel, Argumentationshilfen, Texte, Musteranzeigen und weitere Wahlkampfmaterialen für die Wahlkämpfer vor Ort zur Verfügung. Dieses Angebot wird ergänzt durch interne E-Mail und SMS-Verteiler.

politik-digital: Warum gestaltet die CDU ihre Wahlkampf-Strategie zur Bundestagswahl 2002 auch online unter mehreren Auftritten?

Stefan Scholz: Gerade aus dem eben erwähnten Grund. Die Zahl der Internetnutzer ist stark gewachsen und auch vielschichtiger geworden. Um diese verschiedenen Zielgruppen unterschiedlich ansprechen zu können, greifen wir auf unterschiedliche Angebote zurück. Alle diese Angebote bewegen sich aber um eine zentrale Wahlkampfseite herum.

politik-digital: Wie verhält sich der Online-Auftritt zur Gesamtdramaturgie des Wahlkampfes? Teilt sich der Online-Wahlkampf auch in die gleichen Phasen wie der Offline-Wahlkampf?

Stefan Scholz: Ja, in die gleichen Phasen auf alle Fälle. Wir betreiben eine "integrierte Kampagne". Das bedeutet, dass die Themen, die gerade offline behandelt werden, sich auch online widerspiegeln.

politik-digital: Und welche kommunikativen Instrumente werden für das Online-Campaigning genutzt? Gibt es gewisse Standards an Tools und Funktionalitäten, die heute zu einer professionellen Homepage gehören?

Stefan Scholz: Standards gibt es auf jeden Fall in verschiedenen Bereichen. Im Bereich der Multimedialität müssen Video- und Soundfiles vorhanden sein. Im Bereich der Interaktivität brauchen Sie ein Diskussionsforum und E-Mail-Adressen. Meiner Ansicht nach nicht nur eine zentrale Mailadresse, sondern für verschiedene Interessen und Zielgruppen unterschiedliche Mail-Accounts, die dann direkt beim zuständigen Ansprechpartner landen. Neben diesem Standard, der sowieso erfüllt werden muss, bemühen wir uns auch neue Tools zu präsentieren.

politik-digital: Von welchen Neuigkeiten sprechen Sie da in der politischen Kommunikation?

Stefan Scholz: Ein neues Tool ist
www.wahlfakten.de, unser
Rapid Response-Modell. Wenn Herr Schröder etwa auf dem SPD-Parteitag redet oder in "Berlin Mitte" zu Gast ist, begleiten wir diese Auftritte live im Netz. Seinen Äußerungen und Behauptungen stellen wir Fakten und Zahlen aus unterschiedlichen Quellen gegenüber. Das Tool ist neu im deutschen Wahlkampf und stammt aus den USA. Wir haben es im letzten November mit recht großem Erfolg hier eingeführt. Ein weiterer neuer, und für den Wahlkampf eher ungewöhnlicher Ansatz, ist die Politik-Simulation
www.wahlkreis300.de. In diesem virtuellen Wahlkreis kann jeder online Wahlkampfatmosphäre schnuppern. Klar gibt es schon länger Politik-Simulationen im Netz. In Deutschland etwa
dol2day als echter Klassiker auf diesem Gebiet, aber keine lehnt sich bisher so eng an den realen Bundestagswahlkampf an. Wir hoffen, dass dies auch parteiferne Netznutzer an das Thema heranführt.

politik-digital: Was ist der CDU dabei am wichtigsten? Welche Themen und Inhalte spielen die größte Rolle?

Stefan Scholz: Die Themen unseres Regierungsprogramms. Man sieht es im Netz genauso deutlich wie offline, dass SPD und CDU ganz unterschiedliche Strategien fahren. Die SPD macht reinen Online-Fun auf der Seite
nicht-regierungsfähig.de.

politik-digital: Auch eine Art negativ-campaigning!

Stefan Scholz: Ja, reines negativ-campaigning. Es gibt da meiner Ansicht nach entscheidende Unterschiede. Entweder betreiben Sie eine inhaltliche Auseinandersetzung mit ihrem Gegner und stellen sozusagen dessen politische Leistungen negativ dar. Ein Beispiel dafür ist der "Rote Laterne Film" der CDU. Oder Sie lassen, wie die SPD derzeit, Flash-Animationen und Spielchen programmieren, die ohne politischen Inhalt alleine auf Angriff und die Persönlichkeit des politischen Gegners abzielen. Nach meinem Geschmack kann ich daher einen Besuch auf der SPD-Seite nicht-regierungsfaehig.de nur empfehlen. Einige der Flashs dort sind so niveaulos, dass jeder, der dort vorbei surft, am Ende ein potentieller CDU-Wähler ist.

politik-digital: Und worauf legt Ihre Partei den größten Wert in ihrer Online-Präsens: Auf Information, Service, Unterhaltung oder Interaktivität?

Stefan Scholz: Das lässt sich so nicht beantworten. Entscheidend für uns ist die Relevanz für den Nutzer. Das bedeutet, dass wir für unterschiedliche Nutzergruppen auch die Bereiche Information, Service, Unterhaltung und Interaktivität unterschiedlich gewichten. Bei den internen Netzen stehen derzeit die wahlkampfrelevanten Informationen im Vordergrund. Bei den www.wahlfakten.de ist es alleine die Information, bei www.wahlkreis300.de dagegen die Interaktivität, Kommunikation und Unterhaltung. Und bei
www.stoiber.de und den noch nicht gelaunchten Sonderseiten eine Mischung aus diesen Komponenten. Für alle Angebote aber gilt, dass der Kompetenzwahlkampf, den die CDU führt, natürlich auch online umgesetzt wird. Da geht es nicht nur um ein Schlagwort, sondern wirklich um ein grundsätzliches Kommunikationskonzept. Und Kompetenzwahlkampf kann man nicht ausschließlich mit Flash-Animationen durchführen. Deshalb liegt der Schwerpunkt auf den Inhalten. Nicht desto trotz sind natürlich auch Gimmicks wichtig.

Das Interview führte Britta Schemel.

Erschienen am 06.06.2002