Am 26. September 2008 war Staatssekretär Georg Wacker live im Chat des Baden-Württembergischen Kultusministeriums in Zusammenarbeit mit politik-digital.de. In 60 Minuten beantwortete er Fragen zum Thema Weiterbildung.

 

Moderator: So, Herr Staatssekretär Wacker ist eingetroffen. Wollen wir beginnen?

Georg Wacker: Gerne, ich freue mich auf den Dialog.

Melli: Wie erkenne ich die Qualität von Weiterbildungsangeboten?

Georg Wacker: Auf dem Weiterbildungsserver des Landes www.fortbildung-bw.de finden sie Qualtitätsmerkmale der Weiterbildung aufgelistet, mit Hilfe der Sie ihre Angebote beurteilen können. Darüber hinaus empfehle ich Ihnen, sich einen direkten und persönlichen Eindruck bei der Weiterbildungseinrichtung nach Ihrer Wahl zu verschaffen. Sicher werden Sie einen guten Eindruck darüber gewinnen, ob die Angebote Ihren Bedürfnissen in der Qualität entsprechen.

Benedikt: Wie bewerten Sie den Stellenwert der Weiterbildung in Deutschland?

Georg Wacker: Alle politischen Entscheidungsträger betonen den gleichwertigen Stellenwert der Weiterbildung gegenüber den anderen Bereichen der Bildung in unserem Land. Es gibt unterschiedliche Fördermethoden in den einzelnen Bundesländern. In diesem Zusammenhang plädiere ich dafür, den persönlichen Bedürfnissen der Nutzer in der Angebotsstruktur Rechnung zu tragen. Diese Entwicklung müssen die politischen Verantwortlichen genau im Auge behalten und Weiterentwicklungen unterstützen. Damit sage ich deutlich: die Weiterbildung in Deutschland befindet sich auf einem guten Fundament, der bedarfsgerechte Ausbau muss gerade aufgrund der demographischen Entwicklung in Zukunft seitens der Politik unterstützt werden.

ochsle: Sollten die Schulen nicht so gut sein, dass es keine Weiterbildung mehr braucht?

Georg Wacker: Sie stellen eine spannende Frage. Die Bildungsbiographie jedes Einzelnen kann nicht mit einem allgemeinbildenden Schulabschluss abgeschlossen sein. Gerade die anspruchsvolle Berufswelt erfordert von jedem Einzelnen, dass er Angebote des "Lebenslangen Lernens" in Anspruch nimmt. Unsere Schulen können diesen Teil nicht leisten.

Moderator: Jetzt haben wir einige konkrete Fragen zum Thema Lehrerfortbildung gesammelt:

Oxford School: Wie intensiv wird eigenständiges Lernen mit neuen Medien in den öffentlichen Schulen vorangetrieben? Gibt es dazu Seminare für Lehrer, Kampagnen oder dergleichen?

wayne: Wie weitreichend ist das Weiterbildungsangebot für Lehrer und wie viele Weiterbildungen sind für Lehrer verpflichtend? Ich als Vater zweier schulpflichtiger Kinder merke bei jedem Elternabend erneut, dass gerade alte Lehrer nicht auf dem Stand der Wissenschaft oder auch nur des Zeitgeschehens zu sein scheinen.

Pachulke: Wenn ich an meine Studienzeit zurückdenke, erinnere ich mich insbesondere daran, dass die Inhalte, die uns vermittelt wurden – neben der notwendigen Grundlagenforschung – oft veraltet waren. Während wir Studenten bereits mit 14k Modems im Internet unterwegs waren, sprachen die Dozenten noch von Neuen Medien und dem "InformationSuperHighWay" als wären dies Zukunftsvisionen und nicht bereits Realitäten. Wie kann eine Weiterbildung für Lehrer und Dozenten finanziert werden, die gewährleistet, dass auch gerade ältere Dozenten up to date sind.

Georg Wacker: Der Einsatz und gleichzeitig der Umgang mit den neuen Medien im Unterricht ist heute an allen Schularten unverzichtbar. Sie kennen sicher die Vorgaben Ihrer jeweiligen Bildungspläne bzw. Bildungsstandards. Das Land Baden-Württemberg hat dieser Entwicklung Rechnung getragen, indem mit Medienoffensiven die Ausstattung unserer Schulen und die Fortbildung unserer Lehrkräfte diesbezüglich unterstützt wurde. In unserem Fortbildungsangebot für Lehrkräfte ist der oben beschriebene Bereich integrierter Bestandteil. Jährlich stehen für regionale Fortbildungsmaßnahmen ca. 20 000 Teilnahmeplätze an unseren Standorten der Landesakademien zur Verfügung. Darüber hinaus nehmen jährlich ca. 40 000 Lehrkräfte an Ausbildungen vor Ort teil. Sie sprechen zu Recht an, dass die Halbwertszeit des Wissens sich in rasantem Tempo verkürzt. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf den Fortbildungsbedarf der Lehrkräfte. Über das Kultusportal (www.kultusportal-bw.de) erhalten Sie gewünschte nähere Informationen.

Don Quichote: Wie kann den Menschen vermittelt werden, dass sie ohne "lebenslanges Lernen" in der modernen Welt irgendwann den berühmten "Kampf gegen die Windmühlen" führen?

Georg Wacker: Hier predigen alle Weiterbildungsträger, aber auch die politischen Entscheidungsträger, immer wieder den hohen Stellenwert der Weiterbildung. Allerdings kann ich mir nicht verkneifen zu sagen, dass diejenigen, die auf Weiterbildung verzichten wollen, weil sie diese angeblich für ihre berufliche Weiterqualifizierung nicht benötigen, sicher irgendwann in ihrem Beruf Schiffbruch erleiden.

Trujillo: Welche Möglichkeiten habe ich denn, um als Dozent/Lehrer/Ausbilder weiterbildungswilligen Personen meine Fähigkeiten näher zu bringen?

Georg Wacker: Gerne biete ich Ihnen an, sich in die Referentendatenbank des Weiterbildungsportals www.fortbildung-bw.de einzutragen.

Oxford School: Welche konkrete Aufgaben haben Sie als Staatssekretär im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport in Baden-Württemberg und wie setzen Sie diese um?

Benedikt: Was macht eigentlich ein Weiterbildungsbeauftragter?

Georg Wacker: Zu Ihrer ersten Frage: Der politische Staatsseketär im Kultusministerium ist der politische Vertreter des Kultusministers. Er ist das Bindeglied zwischen Parlament und Landesregierung. Daneben bearbeitet er federführend Themen im Auftrag des Ministerpräsidents. Beispielsweise die Weiterbildung. Zu Ihrer zweiten Frage: Die Weiterbildungsförderung des Landes ist auf verschiedene Ressorts aufgeteilt (z.B. allgemeine Weiterbildung im Kultusministerium, berufliche Weiterbildung im Wirtschaftsministerium). Daher hat der Weiterbildungsbeauftragte die Aufgabe, die Aktivitäten zu koordinieren und den hohen politischen Stellenwert dieses Bereiches gegenüber der Öffentlichkeit und innerhalb der Landesregierung zu verkörpern. Da dem Ministerpräsident G. Oettinger dieser Bereich ebenfalls sehr wichtig ist, hat er hierzu mich als besonderen Weiterbildungsbeauftragten berufen.

WACKEN: Herr Wacker, wie bilden Sie sich selbst fort?

Georg Wacker: 1. Als Berufsmusiker von Haus aus, musiziere ich in meiner knapp bemessenen Freizeit und erarbeite dabei neue Literatur. 2. Als ehrenamtlicher Landesvorsitzender des deutschen Bibliotheksverbandes (auch die Bibliotheken sind Weiterbildungsträger) ist mir das Lesen sehr wichtig. 3. Durch zahlreiche Vorort-Termine in der Fläche unseres Bundeslandes informiere ich mich regelmäßig über die Herausforderungen für unsere Bildungspolitik. Auch diese Maßnahme ist Weiterbildung für politische Entscheidungsträger. Gerne würde ich Kurse in Weiterbildungseinrichtungen besuchen, leider fehlt mir aber für den regelmäßigen Besuch die Zeit.

oliver: Will das Land Baden-Württemberg der Weiterbildung nach Jahren des Rückschritts (Wegfall der Förderung durch die Arbeitsverwaltung, Kürzung der Landeszuschüsse) wieder einen höheren Stellenwert einräumen?

Georg Wacker: Wir erleben im Moment eine Trendwende. Mit dem Haushaltsjahr 2009 werden wir die Landeszuschüsse für die allgemeine Weiterbildung um 2,9% anheben. Ministerpräsident Oettinger hat auf dem vorletzten Verbandstag der Volkshochschulen im Jahr 2007 eine Nachbesserung der Landeszuschüsse zugesagt, indem die Landesförderung entlang der Personalkostensteigerungen im öffentlichen Dienst für die nächsten Jahre angehoben werden soll. Wird es auch in den Folgejahren Lohnerhöhungen für die Landesbediensteten geben, werden auch entsprechend die Landeszuschüsse angepasst.

Fiebig: Sehr geehrter Herr Wacker, welche Möglichkeiten sehen Sie, die Grundbildung Erwachsener, die die Schule ohne Abschluss verlassen haben, zu fördern?

Georg Wacker: Lieber Herr Dr. Fiebig, schön, dass Sie sich outen! Meines Erachtens ist der Nacherwerb von Schulabschlüssen ein wichtiges Aufgabenfeld für unsere Weiterbildungseinrichtungen. Damit spreche ich den 2. Bildungsweg direkt an. Ich bin besonders  Volkshochschulen und auch kirchlichen Einrichtungen sehr dankbar, dass sie dieses Aufgabenfeld mit großem Engagement betreiben. Auch bin ich sehr froh darüber, dass bei diesen Haushaltsberatungen 2009 bisher niemand die Landesförderung in bisheriger Höhe in Frage gestellt hat. Alle Schülerinnen und Schüler, die zunächst in der Schule scheitern, haben eine 2. Chance verdient. Deswegen ist das Angebot des 2. Bildungsweges unverzichtbar.

Gute Nacht John Boy: Gerade ungebildete Schichten erreicht man mit Weiterbildungsangeboten doch nur sehr schlecht. Wie kann dem Abhilfe geschaffen werden?

Georg Wacker: Hierzu brauchen wir besondere Strategien. Ich gebe zu, dieses Ziel zu verfolgen ist nicht einfach. Beispielsweise ist die Elternbildung ein Weg, um auch sogenannte bildungsferne Schichten zu erreichen. Wir haben kürzlich gemeinsam mit dem Sozialministerium mit Wirkung ab 1. September dieses Jahres das Landesprogramm "STÄRKE" aufgelegt. Hier bekommen alle Eltern nach Geburt ihres Kindes einen Bildungsgutschein von 40 €. Diesen können sie bei Weiterbildungseinrichtungen ihrer Wahl einreichen. Damit werden besonders auch einkommensschwache Familien unterstützt.

Kristian Kropf: Kann mein Chef eine Weiterbildung von mir verlangen, wenn ich diese nicht machen will?

Löffler43: An wen kann ich mich wenden, wenn mein Chef eine Weiterbildung nicht bezahlen will? Gibt es da Stellen, die die finanzieren würden?

Georg Wacker: Es ist die Aufgabe der Unternehmen, ihre Beschäftigten weiter zu qualifizieren und ihnen entsprechende Angebote zu unterbreiten. Wenn Sie solche Angebote erhalten, würde ich diese dankbar aufgreifen. Sicher liegt es auch in Ihrem Interesse, Ihrem Arbeitgeber gegenüber zu verdeutlichen, dass Sie an Weiterbildung interessiert sind. Ob die Weiterbildung für Sie kostenfrei ist, muss zum Einen direkt mit Ihrem Arbeitgeber geklärt werden. Zum Anderen ist es die Aufgabe der Tarifpartner, entsprechende Regelungen zu formulieren.

Erwin: Ein Bildungsgutschein für € 40 soll Ihrer Meinung nach WAS besser machen? Das reicht mal eben für eine Nachhilfestunde aus.

Georg Wacker: Das sehe ich anders. Es gibt eine Vereinbarung zwischen der Landesregierung und allen relevanten Verbänden der Eltern- und Familienbildung, die besagt, dass entsprechende Angebote für 40€ konzipiert werden. Bereits jetzt weisen die Fortbildungsprogramme entsprechende Möglichkeiten aus. In diesem Zusammenhang gibt es Kurse für Erziehungsfragen für die ersten Jahre des Kindes. Diese sind mit diesem Betrag durchaus finanzierbar. Ich möchte durchaus betonen, dass die Eltern- und Familienbildung nur einen Weg darstellt, sozial Schwächere und so genannte bildungsferne Schichten zu erreichen. Weitere Strategien müssen entwickelt werden, um dieses Ziel zu verfolgen.

Moderator: Die letzte Frage:

Paria: Warum, glauben Sie, ist Baden-Württemberg als Ausbildungsstandort so attraktiv?

Georg Wacker: Die Rahmenbedingungen stimmen: Wir haben eine hohe Beschäftigungsquote, wir haben mit die niedrigste Arbeitslosenquote deutschland- und europaweit und wir haben, nebenbei bemerkt, sehr gute Bildungseinrichtungen, beginnend mit der frühkindlichen Bildung bis zur Weiterbildung.

Moderator: So, das waren 60 Minuten Chat zum Thema Weiterbildung in Baden-Württemberg. Vielen Dank an Staatssekretär Georg Wacker für die Antworten und vielen Dank an die Chatter für die vielen Fragen. Das Chatteam bittet um Verständnis bei allen, deren Fragen wir aus Zeitgründen nicht beantworten konnten und wünscht allen Beteiligten noch einen schönen Tag. Bei Nachfragen können Sie sich direkt an das Weiterbildungsreferat des Kultusministeriums wenden. Sie erreichen uns über www.kultusportal-bw.de unter dem Menüpunkt "Themen". Das Transkript dieses Chats gibt es in Kürze auf www.fortbildung-bw.de zum Nachlesen.

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