Wie lassen sich Digitales und Soziales miteinander verbinden? Die Initiative D3 – so geht digital. brachte 17 Vertreter*innen verschiedener Organisationen zusammen, in einer besonderen Expedition die Möglichkeit Neuland neu zu entdecken, dieses vor allem jetzt sozial zu nutzen.

Wir haben noch Daten in Berlin!

Wir leben im Datenzeitalter! Der digitale Wandel betrifft alle Lebensbereiche. Der soziale Bereich ist keine Ausnahme. Das Projekt D3 – so geht digital. der Stiftung Bürgermut hat es sich zur Aufgabe gemacht, Vereine, NGOs, Sozialverbände und junge Start-Ups darin zu unterstützen, den nächsten Schritt in Richtung Digitalisierung zu gehen. Regelmäßige Treffen laden die D3 Community dazu ein, sich gegenseitig auszutauschen und Strategien vorzustellen.

Mit der Idee Digitales sozial zu nutzen, kamen 17 Expeditionsteilnehmer*innen aus ganz Deutschland zusammen, um gemeinsam auf D3 Expedition zu gehen. Ausgangspunkt war das City Lab auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tempelhof. In einer Ausstellung zeigen verschiedene Start Ups wie sich etwa Verkehrsdaten dazu nutzen lassen, Räder effizienter zu verleihen, Baustellen besser zu koordinieren oder aber mit Minecraft den öffentlichen Raum neu zu gestalten. Allerdings zeigte sich schon hier: Daten sind nicht alles. Victoria Boeck von der Technologiestiftung Berlin verdeutlichte, dass der öffentlichen Verwaltung noch ein Bewusstsein fehle, die Daten richtig zu nutzen. Allerdings könnten Visualisierung und ein direktes Feedback durch die Bürger*innen einen wichtigen Beitrag zum Umdenken zu leisten.

Was ist Digitalisierung?

Alle sprechen mittlerweile von Digitalisierung, aber wer kann die Frage beantworten: „Was ist Digitalisierung? „Wie kommt man mit den richtigen Daten zu den richtigen Erkenntnissen!“, entgegnete ein Teilnehmer mit einer Gegenfrage sehr treffend. In ihrem Workshop machte Lisa Heimke, von Correl Aid, einem Verein für gemeinnütze Datascientists klar: „The job of data scientist is to ask the right question!” So formulierte es einmal die Datenwissenschaftlerin Hillary Manson. Die Nutzung von Daten braucht drei wichtige Schritte.

  1. Was will ich wissen? An dieser Stelle waren die Teilnehmer*innen aufgerufen in kleinen Gruppen die Herausforderungen in ihren Organisationen zu benennen.
  2. Wer kann das lösen? An dieser Stelle war die Frage, wie Datascientists angemessen in die Prozesse eingebunden werden können.
  3. Wie komme ich an die Daten? Hier waren die Gruppen aufgerufen passende Datenquellen in den Organisationen zu finden und entsprechend anzusprechen.

Als Fazit eines spannenden Workshops bleibt festzuhalten: Daten sind Macht, wenn man weiß, was man damit macht.

Meine Daten, wessen Daten?

Aber nicht nur Leser*innen von Spiderman dürfte bewusst sein, dass mit großer Macht eine große Verantwortung verbunden ist. Die Stiftung Neue Verantwortung stellt sich diesen Fragen. Alle, die im digitalen Raum unterwegs sind, produzieren Daten. Diese Daten sind heute wertvolle Güter. Anders als die meisten Güter sind Daten jedoch nicht rivalisierende Güter. In anderen Worten, Daten lassen sich jederzeit kopieren ohne weniger zu werden oder sich abzunutzen.

Es braucht nicht viele Worte, um die wirtschaftliche Dimension von Daten zu verdeutlichen. Aber während in der freien Wirtschaft das Prinzip vom Eigentum an einem Gut vorausgesetzt wird, um hieraus einen Gewinn zu erwirtschaften, stellen sich an dieser Stelle andere Fragen. Wem gehören die Daten, aus denen großer wirtschaftlicher Nutzen gewonnen wird? Sind es meine Daten oder letzten Endes Daten über mich? Das ist die große Frage. In der Diskussion plädierte Aline Blankertz für einen Datentreuhändler. Die Aufgabe dieser Behörde soll es sein, die Rechte von Nutzer*innen gegenüber Staat und Konzernen zu vertreten und zu stärken.

Angeregt durch die vielen digitalen Impulse endete der Abend bei einem Networking der Digital Eatery, direkt unter den Linden. In ihrer kurzen Präsentation verdeutlicht Susanne Saliger von Die Verantwortlichen, wie die Bundesregierung Verbände dabei unterstützt, sich digital neu aufzustellen. Nora Lassahn stellte Open Transfer vor. In diesem Wissensnetzwerk finden soziale Akteure entsprechende Unterstützung für ihre digitalen Strategien.

Endlich wissen meine Eltern, wo ich arbeite

Ausgeruht und voller Tatendrang startete der zweite Tag mit Fragen zu Datenschutz, Verwaltungsmodernisierung und einer Ernüchterung: „Verwaltung ist nicht sexy“, wurde der Expedition von Seiten des Bundesinnenministeriums verdeutlicht. Aktuell gibt es 575 Leistungen der öffentlichen Verwaltung, welche bis 2022 in einem Portal verfügbar sein sollen. Allerdings wurde auch hier deutlich, Digitalisierung beginnt im Kopf, Neugier aufzubringen, die neuen digitalen Möglichkeiten zu entdecken, erforschen, experimentieren und zu nutzen.

Was wissen wir? Wie wird der digitale Wandel unsere Welt verändern? Scio, ne scio- Ich weiß, dass ich nichts weiß, fasste der französische Philosoph Descartes einmal das Weltwissen zusammen. Heute gibt es für diese Anliegen Wikipedia. „Zum ersten Mal muss ich meinen Eltern nicht erklären, wo ich arbeite, denn jeder hat schon von Wikipedia gehört“, begrüßte Jens Ohlig von Wikidate die Expeditionsteilnehmer*innen scherzhaft. Gemeinsam mit seinem Kollegen Bernd Fiedler arbeiten beide für Wikimedia. Als Teil der Wikipedia Bewegung hat es sich dieser Verein zur Aufgabe gemacht, Wissen möglichst allen zugänglich zu machen. Wikimedia zusammen mit Wikidata liefert die Software für die vielen ehrenamtlichen Wikipedia Autoren, welche tagtäglich dazu beitragen, Wikipedia weiterzuentwickeln.

Daten oder Diskurse?

Wikimedia stellt zu diesem Zweck Bilder, Videos und Audiomaterial für die Nutzung zur Verfügung. Wikidata hingegen erstellt Datenbanken, in welchen das Wissen zusammengetragen wird. Dies finden sich als Infoboxen am Rand der Artikel. Ein Vorteil ist, dass nur die Datenbank aktualisiert wird, dies aber anschließend in allen Sprachen aktualisiert ist. Auf diese Weise wird Wissen neu verfügbar. Suche ich beispielsweise die Bürgermeister*innen der 10 größten Städte der Welt, so lassen sich diese einzeln suchen, oder aber mithilfe der Wikidatabank direkt anzeigen. Kurzum: „Es gibt Wissen, von dem wir noch nicht wussten, dass wir dies bereits wissen“, wie der Datascientist Jens Ohlig verdeutlicht.

Allerdings gibt es nicht ein Wikipedia, sondern aktuell über 300. Jede Sprache, jedes Land hat ihre eigene Perspektive in die Welt zu blicken. Dies soll mit Wikipedia berücksichtigt werden. Sucht man beispielsweise nach Jerusalem, so wird deutlich wie kontrovers dessen Status ist. Wikidata liefert Daten, Wikimedia ermöglicht Diskurse, denn manchmal braucht es in der digitalen Debatte Daten, manchmal brauchen wir aber auch Raum für digitale Diskurse.

Digital werden und daran denken!

Zwei Tage verbrachte unsere Expedition damit, dass Neuland neu zu entdecken. Der spanische Maler Pablo Picasso sagte einst, bereits vor dem großen Datenzeitalter: „Computer sind unbrauchbar. Sie können nur Fragen beantworten“ In diesen zwei Tagen wurde wieder einmal deutlich, der digitale Wandel wirft viele Fragen auf. Allerdings sind Computer immer nur so intelligent, wie jene, die davor sitzen. Social Media und künstliche Intelligenz bieten große Potentiale, aber auch große Risiken. Sie stellen neue Fragen an alle Lebensbereiche. Allerdings wurde in diesen Tagen auch deutlich, die digitale Frage ist keine rein technische, sondern eine gesellschaftliche, politische und soziale Frage, welche nicht nur durch Quellcodes beantwortet werden kann. Die dritte Expedition der Stiftung Bürgermut bot die einmalige Chance, das neue Zeitalter aus einer anderen Perspektive kennen zu lernen. Gemeinsam mit vielen anderen digitalen, sozialen Akteur*innen wurde deutlich: Digitalisierung ist nur eine Methode, aber kein Allheilmittel. Digitaler Wandel beginnt im Kopf, die richtigen Fragen zu stellen, um zusammen darauf die richtigen Antworten zu finden, wie wir in Zukunft (miteinander)leben wollen. Vor allem jetzt in Zeiten von Corona wird das Internet zudem, wozu es immer gedacht war. Menschen miteinander zu verbinden.

Photo by: Marius Masalar on Unsplash