Der EU-Innenkommissar Franco Frattini bestätigte in der letzten Woche, dass die USA zukünftig einen Zugriff auf die vorrätlich gespeicherten Kommunikationsdaten der EU-Bürger erhalten werden. Einer EU-Richtlinie vom März 2006 zufolge, soll ab Mitte 2007 EU-weit über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren gespeichert werden, wer mit wem per Telefon, Handy oder Email in Verbindung gestanden hat. Reaktionen auf diese Verlautbarung der EU kamen prompt. Ralf Bendrath vom Netzwerk Neue Medien hat eine klare Meinung dazu:

“Frattini macht dankenswerterweise deutlich, dass die Bundesregierung bereit ist, die Privatsphäre aller EU-Bürger an die US-Geheimdienste zu verscherbeln. Aus ähnlichen Skandalen der jüngsten Zeit hat man offenbar nichts gelernt. Einmal mehr wird den USA die Möglichkeit zur Wirtschaftsspionage auf dem goldenen Tablett serviert.”

Ursprünglich hatte das Bundesministerium für Justiz angekündigt, die Daten nur zur Verfolgung schwerer Straftaten und nur aufgrund richterlicher Genehmigung frei zu geben. Nach neuen Plänen der Regierung soll nun der Datenzugang mehreren Stellen möglich sein. Darunter fallen:

  • die Strafverfolgungsbehörden für Ermittlungen wegen allen “erheblichen” oder “mittels Telekommunikation begangenen” Straftaten
  • die Geheimdienste, und zwar ohne richterliche Genehmigung
  • ausländische Staaten, ebenfalls ohne richterliche Genehmigung und ohne Kontrolle über die Weiterverwendung der Daten
  • die Musikindustrie zur Verfolgung “offensichtlicher Rechtsverletzungen” im Internet, insbesondere zum Vorgehen gegen private Tauschbörsennutzer

Der Bürgerrechtler Burkhard Hirsch (FDP) hat angekündigt, eine Verfassungsklage gegen die geplante Vorratsdatenspeicherung einzureichen. Rechtsexperten räumen einer solchen Klage gute Chancen ein, da das Bundesverfassungsgericht bereits ein “Verbot der Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat” ausgesprochen hat. Auch dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg liegt seit Juli eine Nichtigkeitsklage gegen die Brüsseler Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vor.

Der “Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung” bietet unter www.stoppt-die-vorratsdatenspeicherung.de weitere Informationen und ruft zudem unter dem Motto “Freiheit statt Angst ” zu einer Demo gegen die Datenspeicherung am 20. Oktober in Bielefeld auf.