eMind@emnid beschreibt in seiner neuen Studie zur Internetnutzung den digitalen Graben in Deutschland

Zwar ist der Anteil der Onliner in der deutschen Bevölkerung insgesamt gestiegen, doch bleibt noch immer großen Teilen bestimmter Bevölkerungsgruppen der Zugang zum Internet verwehrt. Das sind Ergebnisse der neuen Studie des Forschungsinstituts
Emnid im Auftrag des Branchenvereins
Initiative D21, die den digitalen Graben durch Deutschland beschreibt, Ursachen untersucht und Vorschläge zur Überbrückung nennt. Telefonisch befragt wurden für die Umfrage 30.000 Personen über 14 Jahre nach deren Nutzung bzw. Nicht-Nutzung des Internets. Durchgeführt wurde die Studie von eMind@emnid, der Internetforschung von TNS Emnid.

Hat sich der Name der Studie im Vergleich zum Vorjahr (“Verweigereratlas”) entscheidend verändert, so ist die Struktur der digitalen Spaltung ähnlich geblieben. Gegenwärtig sind laut der Studie 26,7 Millionen deutsche Internetnutzer über 14 Jahren. Das sind drei Millionen mehr als im vergangenen Jahr. Die meisten Onliner finden sich wie gehabt bei den Wohlhabenden und den besser Gebildeten. Außerdem sind mehr (Groß-)Stadtbewohner vernetzt als Bewohner von ländlichen Gebieten. Und während für fast drei Viertel der 14- bis 19-jährigen Surfen zum Alltag gehört, kann dies nur jeder siebte im Alter von 60 bis 69 Jahren von sich behaupten. Nur in der Altersgruppe von 14- bis 24-jährigen haben weibliche Nutzer die Nase vorn, insgesamt jedoch sind Frauen in der Gruppe der Nonliner in der Überzahl. Darüber hinaus haben fast zwei Drittel der ostdeutschen Bevölkerung keinen Netzanschluss, deutlich mehr als bei den westdeutschen Nachbarn.

Die Gründe für eine Nicht-Nutzung des Internet sind vielfältig. Hierbei unterscheidet die Studie primär zwischen Nutzungsplanern oder Intendern, und Offlinern, das heißt Personen, die keinen Netzanschluss besitzen und auch nicht planen, ins Internet zu gehen. Aus Spaß, Komfort, beruflichen Gründen oder um im allgemeinen Trend zu liegen, haben Intender die Absicht, in nächster Zeit ans Netz zu gehen. Der Vergleich zum Vorjahr macht allerdings deutlich, dass die tatsächliche Realisierung oft weit hinter den Erwartungen zurückbleibt. So surfen heute weniger als die Hälfte der über 14-jährigen Nutzungsplaner von 2001.

Fehlende Kompetenz, zu hohe Kosten und mangelnder Nutzen im Alltag werden bei den Offlinern am häufigsten als Motive für eine Ablehnung genannt. Zu dieser großen Anzahl der Kompetenz-, Budget- und Nutzen-Offliner definiert die Studie noch drei weitere Gruppen: Motivations-Offliner haben grundsätzlich kein Interesse am Internet, im Gegensatz dazu sind Bedarfs-Offliner dem Internet durchaus aufgeschlossen, aber verfügen über einen Internetzugang bei Freunden oder am Arbeitsplatz, ähnlich wie die Bequemlichkeits-Offliner, denen der Aufwand für eine Installation eines privaten Internetanschlusses zu groß ist.

An konkreten Vorschlägen zur Überbrückung des digitalen Grabens mangelt es nicht. Ein kostengünstiges Tarifmodell für die Internetnutzung könnte zum Beispiel den Budget-Offlinern einen privaten Internetanschluss schmackhaft machen, meint die Projektleiterin des (N)Onliner Atlas Nina Fluck. Erwin Staudt, Vorsitzender der Initiative D21 und IBM-Chef Deutschland, fordert eine Zusammenarbeit von Wirtschaft und Politik, um der digitalen Spaltung entgegenzuwirken und verweist in seinem Vorwort zur Studie auf bereits erfolgreich laufende Projekte wie “Internet für alle”. Der emnid-Kooperationspartner politik-digital.de zählt im White Paper zur Studie ebenfalls verschiedene Forderungen zur Verbesserung der aktuellen Situation auf: unter anderem sollen Aktionsprogramme für spezifische Bevölkerungsgruppen fortgeführt und ausgebaut, Bildungspartnerschaften wie “Schulen ans Netz” gestärkt und Serviceleistungen für die Wartung der Online-Zugänge angeboten werden.

Doch auch Städte und Gemeinden könnten die Internetnutzung für ihre Bürger attraktiver gestalten. Eine repräsentative Befragung von 1100 Internetnutzern zum Thema eGovernment macht deutlich, dass 9 von 10 Usern das Angebot eines virtuellen Rathauses durchaus begrüßen würden. Gut einem Fünftel der Einwohner ist der Internetauftritt ihrer Stadt immer noch unbekannt; dafür klickt sich rund die Hälfte gelegentlich auf die Seiten ihrer Stadt, wogegen nicht mal jeder zehnte sich dort regelmäßig aufhält. Dies könnte unter Umständen auch am Angebot der kommunalen Homepages liegen, denn drei Viertel der Befragten zeigen sich unzufrieden sowohl mit den vorhandenen eGovernment-Angeboten als auch mit den interaktiven Services. Dabei würde sich ein Ausbau gerade dieser Online-Dienstleistungen lohnen und den Bürgern nervige Ämtergänge ersparen. Mit attraktiv bis sehr attraktiv bewertet ein überwältigender Anteil der User Online-Services wie die Beantragung von Ausweispapieren oder Steuererklärungen. Sogar ihre Wahlzettel würden 76 Prozent der Befragten gerne im Netz ausfüllen. Große Vorteile sehen die Bürger dabei in der Unabhängigkeit von den Öffnungszeiten der Ämter wie auch in der Zeitersparnis, wogegen sie Probleme bei Themen wie Datenschutz, Sicherheit und fehlender Rücksprachemöglichkeiten befürchten. Als weiteren Negativpunkt nennen die Befragten die Benachteiligung der Bürger ohne Internetzugang.

Bis zum Jahr 2005 will die Bundesregierung alle internetfähigen Dienstleistungen online verfügbar machen. Ob und wie die Bundesbürger dieses Internetangebot nutzen werden, wird vor allem davon abhängen, wie tief bis dahin der digitale Graben verläuft. Es liegt also durchaus auch im Interesse der Bundesregierung, die digitale Spaltung weiter zu verringern, um ihren Bürgern ein gerechtes Angebot an Dienstleistungen zu bieten und gegebenenfalls auch selber große Kosten zu sparen. Anregungen zur Überbrückung liefert der (N)Onliner Atlas genug.

Erschienen am 13.06.2002