In einem einstündigen Internet-Chat hat die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Ilse Aigner (CSU), am 16. Juni 2009 Fragen rund um das Thema "Sicher surfen –Deine Daten im Netz" beantwortet. Dabei ging sie u.a. auf Fragen zum sicheren Umgang mit dem Internet im Hinblick auf Datensicherheit, Seitensperren und Mobbing ein.


Moderator: Herzlich Willkommen zum Chat mit Bundesministerin Ilse Aigner zum Thema "Sicher surfen – Deine Daten im Netz". Frau Aigner ist jetzt bei uns eingetroffen, der Chat kann also pünktlich beginnen. Vielen Dank, Frau Ministerin, dass Sie uns heute Fragen zum Thema "Sicher surfen – Deine Daten im Netz" beantworten. Können wir anfangen?

Ilse Aigner: Ja! Wir können anfangen. Ich bin wirklich sehr überwältigt über die große Resonanz, die der erstmalig stattfindende Internet-Chat gefunden hat. Es ist eigentlich in einer Reihe zu sehen mit unserer Informationskampagne "Watch your web", die wir letzte Woche gestartet haben. Kernpunkt ist die Frage „Sicherheit im Netz und wie gehe ich mit meinen Daten um“? Ich freue mich auf Ihre und Eure Fragen.

Moderator: Vor dem Chat hatten die Nutzerinnen und Nutzer bereits einige Tage Zeit, Fragen zu stellen und darüber abzustimmen, welche heute den Chat eröffnen. Das Interesse war überwältigend. Wir werden versuchen, so viele Fragen wie möglich zu beantworten. Hier ist die erste:

Kuri: Frau Aigner, wie beurteilen Sie die Pläne Ihrer Kollegin Frau von der Leyen, das Internet zu zensieren?

Ilse Aigner: Ich würde hier nicht die Frage der Zensur in den Vordergrund stellen, sondern die Frage, wie wir mit so schweren und katastrophalen Fragen wie Kinderpornographie umgehen. Und in der Abwägung finde ich es einen Schritt in die richtige Richtung, mit der Sperrung von solchen Seiten das Problem einzugrenzen. Ansonsten würde ich am liebsten die Seiten mit Kinderpornos gelöscht haben. Dazu brauchen die Polizisten aber auch die Möglichkeit.

MsMiaWallace: Wie beurteilen Sie als Verbraucherschutzministerin eine Vorratsdaten-speicherung?

Ilse Aigner: Mit dem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung hat die Bundesregierung eine EU-Richtlinie umsetzen müssen. Dabei war mir als Verbraucherschutzministerin aber sehr wichtig, dass die Datenspeicherung unter klaren Regeln und eng begrenzt bleibt.

Lichtgestalt: Ist wirksamer Verbraucherschutz im Internet überhaupt zu leisten?

Ilse Aigner: Ja, ich denke schon. Allerdings ist das aufgrund der Internationalität mit Sicherheit nicht ganz so einfach. Die Rechtsdurchsetzung bei ausländischen Unternehmen ist unter Umständen schwieriger. Daher ist gerade in diesem Bereich eine Zusammenarbeit zumindest auf europäischer Ebene so wichtig.

Sindy: Was halten Sie von den Unterzeichnern der Internetpetition gegen die Zensur im Internet?

Ilse Aigner: Die Frage der Petition – egal ob auf schriftlichem oder auf Internet-Weg – ist eine begrüßenswerte Form der Ausübung der Bürgerrechte, in der man seine Meinung deutlich zum Ausdruck bringen kann.

HumanBeing: Sehr geehrte Frau Aigner, sicherer Umgang mit den eigenen Daten muss erst erlernt werden. Ist das ein Thema für die Schule, Seminare für Firmen und Behörden?

Ilse Aigner: Natürlich ist es auch ein Bestandteil, den man meines Erachtens auch in bestehende Lehrpläne gut integrieren kann. Die Frage der Medienkompetenz ist gerade bei der umfassenden Informationsflut des Internets ein wichtiges Anliegen. Wir haben ein ganzes Paket zur Information der Nutzer des Internets auf den Weg gebracht. Wie zum Beispiel die Kampagne "Watch your web" letzte Woche. Außerdem bereiten wir gerade ein neues und sehr umfassendes Portal vor, das "Verbraucher sicher online" heißen soll.

Nadine: Können Erwachsene auch ins SchülerVZ (sich als Schüler ausgeben)?

Ilse Aigner: Im Internet ist die Frage der wirklichen Identität schwieriger festzustellen als im realen Leben. Genau deshalb empfiehlt sich ja auch eine gewisse Vorsicht. Bei SchülerVZ ist ja aber noch ein weiterer "Filter" eingebaut, mit dem eine Einladung zur Teilnahme ausgesprochen werden muss. Und man kann – wenn man den Verdacht auf falsche Identität hat – denjenigen auch melden und dann kann das Profil gesperrt werden.

It92: Werden soziale Netzwerke (SchuelerVZ, MeineVZ,…) darauf überprüft ob sie mit Daten fahrlässig umgehen oder diese sogar verkaufen ?

Ilse Aigner: Es gibt eine Überwachung durch die Datenschutzbehörden, die auch soziale Netzwerke überprüfen können.

Hangahanga: Was sollte man tun, wenn man als Jugendlicher im Internet gemobbt wird?

Ilse Aigner: Als erstes ist es immer sehr wichtig, mit einer Vertrauensperson über die Situation zu sprechen und sich auch Rat und Hilfe zu holen. Wir haben auf unserer Internetseite (www.bmelv.de) dazu Infos eingestellt. Ganz speziell dazu dient auch die Internetseite www.klicksafe.de. Hier findet man Tipps und Ansprechpartner oder man ruft die "Nummer gegen Kummer" an unter 0800 – 111 0 333.

Joker: Frau Ministerin, wurden sie im Internet schon einmal gemobbt?

Ilse Aigner: Zumindest ist es mir nicht bekannt. Ansonsten ist man es als Person des öffentlichen Lebens vielleicht auch mehr gewohnt, öffentlichen Angriffen ausgesetzt zu werden. Dies hat aber nichts mit gezieltem Mobbing zu tun – das für mich inakzeptabel ist. Und gerade im Internet ist es besonders unangenehm.

Julian: Sollte ich gar keine Fotos mehr hochladen?

Ilse Aigner: Ich würde hier sehr differenziert vorgehen. Zum einen gibt es bestimmt Daten, die im Internet eigentlich nichts verloren haben. Dazu zählen Adresse, Telefonnummern, Kontendaten. Bei Fotos würde ich immer zu Vorsicht raten. Man muss sich ja vergegenwärtigen, dass die Fotos über lange Zeit im Internet abrufbar sind und sich die persönliche Situation auch sehr verändert.

Demokrat: Warum öffnen sich die Ministerien in Deutschland nicht mehr für digitale Bürgerbeteiligung? Wieso gibt es keine Möglichkeit, Ideen zielgerichtet an Ministerien zu kanalisieren?

Ilse Aigner: Heute haben wir die neue Homepage des Ministeriums freigeschaltet (www.bmelv.de). Ich habe heute damit begonnen, mit dem Chat neue Wege der direkten Kommunikation zu gehen. Und wir wollen in den kommenden Monaten dieses auch weiter ausbauen, weil uns der Dialog über das Netz wichtig ist.

Elli: Liebe Frau Aigner, gibt es eine Möglichkeit, nachzusehen, welche Daten von mir im Netz stehen?

Ilse Aigner: Als erstes würde ich die gängigen Suchmaschinen überprüfen, was über mich im Internet zu finden ist. Es gibt auch noch spezielle Personensuchmaschinen, die man nutzen kann.

Landei: Wie erfahren Jugendliche z.B. von der Kampagne "Watch your web"? Werden sie über die sozialen Netzwerke wie z.B. SchülerVZ informiert?

Ilse Aigner: Wir haben als Kooperationspartner „SchülerVZ“, „Wer kennt wen?“ und „Lokalisten“ gewonnen – die diese Informationen auf ihren Internetseiten eingestellt haben. Es war ein voller Erfolg – bei YouTube waren die Videos unter den besten dreißig weltweit – und bei SchülerVZ haben wir mittlerweile 10.000 "Freunde" und wir sind im Gespräch mit weiteren Kooperationspartnern.

Batman: Was kann die EU beim internationalen Problem Datensicherheit machen?

Dennis G.: Was wollen sie gegen Internetseiten, die einen abzocken, machen? Es gibt ja die Seiten, wo man sich kostenlos anmeldet und sich später herausstellt, dass dies ein Abo ist, wo man 49,- Euro im Monat zahlen muss. Wie wollen sie da vorgehen?

Ilse Aigner: Wir wollen, um dieses künftig zu verhindern, auf europäischer Ebene eine Lösung vorschlagen, die wie folgt aussieht: Bevor ich künftig eine kostenpflichtige Leistung im Internet abschließe, muss der Anbieter mich deutlich auf die Entgeltpflicht hinweisen – und nur nach Bestätigung mittels eines Buttons wird der Vertrag wirksam.

Schmidt: Dürfen Arbeitgeber im Internet nach Ihren Mitarbeitern schnüffeln oder diese bei bevorstehenden Bewerbungsgesprächen berücksichtigen?

Ilse Aigner: Ich will mich hier jetzt nicht juristisch endgültig festlegen. Tatsache ist auf alle Fälle, dass für jeden – und damit auch für einen Arbeitgeber – das Netz zugänglich ist und er oder sie sich mittels einer Internet-Recherche ein Bild über einen Bewerber machen kann. Deshalb noch einmal: Wenn man Informationen und/oder Bilder ins Internet stellt, muss man immer damit rechnen: Das Netz vergisst nichts!

Cindarella: Eltern wollen ja immer wissen, was da drin los ist in den Netzwerken. Nun meine Frage: Sollen Eltern wirklich überprüfen können, was ihr Kind in den einzelnen Netzwerken macht oder fällt das unter die Verletzung unser Privatsphäre?

Ilse Aigner: Eigentlich sollte ja zwischen Eltern und Kindern ein so großes Vertrauensverhältnis bestehen, dass auf der einen Seite kleine Geheimnisse auch gewahrt bleiben und auf der anderen Seite auch offen über Probleme gesprochen wird. Vielleicht ist es ganz sinnvoll, sich gemeinsam mal auf den Internetseiten zu tummeln.  Dann nehmt ihr Euren Eltern vielleicht auch die Ängste.

Sophie: Wenn man jemandem Bilder von sich schickt (z.B. Freunden aus dem Chat) und diese dann im Internet auftauchen – was kann man da tun?

Ilse Aigner: Jeder hat das Recht am eigenen Bild – dies gilt auch für das Internet. Falls also jemand ohne Einwilligung ein Foto ins Internet stellt, kann man auch die Löschung verlangen.

Moderator: Ein weiteres wichtiges Thema ist Onlineshopping. Hier stellvertretend eine Frage:

Sören Ebbeck: Sehr geehrte Frau Ministerin. Wie sicher sind Daten, die z.B. beim Onlineeinkauf angegeben werden, und wie versuchen Sie als Ministerin des Verbraucherschutzministeriums, diese zu schützen?

Ilse Aigner: Es gibt verschiedene Qualitätsstandards – das ist abhängig vom Anbieter und zum Beispiel dessen Verschlüsselungstechnologie. Die Gütesiegel im Internet geben einen gewissen Aufschluss über die Sicherheit. Hier beteiligt sich mein Haus in Kooperation mit Anbietern und Verbraucherverbänden an der weiteren Verbesserung.

Tuxi: Sollten die Banken Online-Banking aus Sicherheitsgründen abschaffen?

Ilse Aigner: Ich bin selbst Online-Banking-Nutzer und finde diese Möglichkeit auch sehr praktisch. Ich stelle fest, dass die Standards immer weiter verbessert wurden. Dies ist auch wichtig. Generell gilt: Nie im Internet TANs oder PINs speichern. Eine Haftung des Kunden wird in Zukunft nur bestehen, wenn der Bankkunde vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat.

Peter B.: Frau Aigner, was halten sie davon, alle Internetverbindungen über einen zentralen Server laufen zu lassen, um so zum Beispiel ausländische Websites sperren zu können?

Ilse Aigner: Das wäre nach meiner Ansicht höchst bedenklich. Der Schritt zur „Rund-um-Zensur“ ist hier nicht weit. Das kennen wir leider aus anderen Ländern.

iPhone: Tun sie auch eigentlich etwas gegen Pro-Ana Seiten? Ich habe leider schon viele, viele angesehen. Man muss etwas dagegen tun!

Ilse Aigner: Wenn das Ziel dieses Forums wäre, sich wie bei einer Selbsthilfegruppe mit der Krankheit positiv auseinander zu setzen, um auch einen Weg aus der schwierigen Lage zu finden, wäre es gut. Sich aber gegenseitig im Abmagern zu übertreffen, halte ich für unakzeptabel. Gerade weil es auch im Internet steht. Es gibt aber die Möglichkeit, diese Seiten löschen zu lassen, in dem man sie an den Netzwerkbetreiber meldet.

Foreigner: Man kann das Internet und soziale Plattformen ja durchaus auch zur positiven Selbstdarstellung nutzen (Business-Plattformen). Wo sehen Sie die Grenze zwischen nützlicher und risikobehafteter Nutzung des Internets?

Ilse Aigner: Das ist eine sehr persönliche Frage, die jeder für sich selbst beantworten muss. Wer auch im beruflichen Zusammenhang viel persönliches von sich freigibt, wird auch im Internet mehr von sich selbst erzählen, was private Belange betrifft.

Tracky: Ich kann nicht verstehen, warum Menschen, die "illegal " downloaden, bestraft werden. Sicherlich haben sie eine Teilschuld. Aber sollten nicht jene, welche diese Daten erst zur Verfügung stellen, bestraft werden? Ich hoffe, sie nehmen hierzu Stellung. Ich freue mich auf ihre Antwort.

Ilse Aigner: Nicht alles, was im Internet veröffentlicht wird, ist kostenlos zugänglich. Es gibt das Recht an Wort und Bild und am geistigen Eigentum. Die Verfasser leben letztendlich von den eigenen Ideen. Die Anbieter dieser Inhalte müssen klar kennzeichnen, was frei verfügbar und was kostenpflichtig ist. Richtig ist, dass man als erstes eigentlich bei denjenigen ansetzen muss, die "geklaute" Inhalte ins Netz stellen. Aber jedem Nutzer muss eigentlich auch klar sein, dass neue Filme und neue Musik eigentlich nicht umsonst zu haben sind.
In der Vergangenheit gab es durchaus Abmahnanwälte, die sehr schnell übers Ziel hinausgeschossen sind. Deshalb war es mir wichtig, dass die Gebühren für eine Erstabmahnung im Urheberrecht begrenzt wurden.

Webbie: Frau Aigner, wie stellen Sie die Sicherheitsstandards für das Web in Deutschland sicher? Haben Sie eine eigene Abteilung "Internetsicherheit" oder so etwas?

Ilse Aigner: Die Bundesregierung hat hierzu eine eigene Einrichtung. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik: www.bsi-fuer-buerger.de.

Henne: Kann es nicht auch sein, dass das Internet die Gesellschaft zu mehr Toleranz führt? Bald dürfte es ja von jedem Bilder in unschönen Situationen geben, also eine größere Akzeptanz und weniger Skandalwert.

Ilse Aigner: Ich würde so etwas prinzipiell positiv bewerten. Man kann gut und schnell Kontakt aufnehmen. Aber nochmal: Man muss immer damit rechnen, dass jeder im Internet alles einsehen kann. Vielleicht ist dieses ja auch ein Beitrag zur Toleranz.

Opfer: Frau Aigner, warum wird gegen Abzockerseiten im Netz [URL von Redaktion gelöscht] (es gibt Hunderte davon) nicht sofort rigoros vorgegangen?

Ilse Aigner: Die Verbraucherzentralen und andere klagebefugte Verbände haben die Möglichkeit dagegen vorzugehen. Bei Verstößen können die Unternehmen daher zunächst abgemahnt werden. Sollten sie daraufhin ihre Geschäftspraxis immer noch nicht ändern, werden Unterlassungsansprüche geltend gemacht und Gewinne abgeschöpft. Die Verbraucherzentralen sind hier wirklich sehr aktiv.

Hola: Hallo Frau Aigner, kann man Sie auch in einem sozialen Netzwerk finden?

Ilse Aigner: Ja, na klar. Sowohl bei Xing, Lokalisten und Facebook. Aber auch dort werden Sie nur das von mir finden, was ich auch will, dass es im Netz steht.

Moderator: Wir haben während des Chats eine Umfrage gemacht: „Kennst Du jemanden, der schon mal im Internet fertig gemacht wurde?“ Schätzen Sie das Ergebnis.

Ilse Aigner: 30 Prozent kennen jemanden.

Moderator: Fast richtig: 24 Prozent kennen jemanden. Das waren 60 Minuten Chat mit Bundesministerin Ilse Aigner. Vielen Dank an die Nutzerinnen und Nutzer für die intensive Beteiligung und natürlich an Frau Aigner für die Antworten. Leider konnten aufgrund der hohen Anzahl an Fragen nicht alle gestellt werden, dafür bitten wir um Verständnis. Das Schlusswort hat  unser Gast. Bitte, Frau Ministerin:

Ilse Aigner: Vielen Dank für die interessanten Fragen. Leider konnte ich nicht alle beantworten. Aber es war für mich sehr spannend!