CDU-Generalsekretärin Angela Merkel im
politik-digital-Interview über die Rolle der Neuen
Medien für die CDU und Ihre eigene Nutzung des
Internets.



politik-digital:
Welche Bedeutung hat das Internet für die Parteiarbeit der CDU?

Merkel: Wenn man unter Internet das WorldWideWeb versteht, wächst die Bedeutung für die
CDU stetig, je mehr Haushalte in Deutschland online gehen. Diese Entwicklung
wird befördert von Wirtschaftsbranchen wie dem Versandhandel oder Banken und
Versicherungen, die Ihre Kunden mit attraktiven Angeboten auffordern, ans Netz
zu gehen. Gegenwärtig verfügen in Deutschland rund 10 Prozent der Haushalte über
einen Internetzugang, was auch für die Politik bereits eine wichtige Zielgruppe ist.
Das hat sich ja auch im vergangenen Bundestagswahlkampf gezeigt, als die Nutzer sich
bei allen Parteien, aber auch über spezielle Sites wie Wahlkampf98.de ausführlich
informieren konnten. Wenn diese Entwicklung anhält, wird das Internet aber auch
ein noch stärkeres Medium der politischen Werbung, die in ihrer Bedeutung gegenwärtig
hinter der Information noch klar zurückliegt.


politik-digital:
Bei ihrem Amtsantritt als Generalsekretärin haben Sie angekündigt, die CDU müsse die Menschen,
insbesondere die Jüngeren, wieder erreichen. Welche Rolle spielen dabei die Neuen Medien?

Merkel: Eine große, denn der Anteil junger Menschen an der Gruppe der Internet-Nutzer ist
überdurchschnittlich hoch. Junge Menschen verfügen häufig in Schule oder Universität
über einen günstigen Zugang zum Internet, so daß sie sich viel länger als der übliche
Nutzer online bewegen oder surfen. Insofern kann man junge Leute durch gezielte Ansprache
in stärkerem Maße aktiv erreichen als übrige Nutzer.


politik-digital:
In der letzten Woche haben sie bei cdu.de einen Live-Chat absolviert. Haben Sie die Möglichkeiten
des digitalen Dialogs überzeugt?

Merkel: Ich habe das ja nicht zum allerersten Mal gemacht. Es war lediglich meine erste Live-Diskussion
im Amt der Generalsekretärin. Die Fragen waren fast ausschließlich sehr interessant. Wir werden
dieses bewährte und anerkannte Instrument der Live-Diskusionen und Live-Chats unter www.cdu.de noch
weiter ausbauen und denken auch über neue Formen nach.


politik-digital:
Nutzen Sie selber das Internet für die tägliche Arbeit?

Merkel: In meinem Büro ist ein Rechner jederzeit mit unserem Server und dem Web verbunden.
Für die Vorbereitung wird darin regelmäßig recherchiert, aber wenn es die Zeit erlaubt,
surfe ich auch gerne mal einfach so drauflos. Eine der interesantesten Sites zur Zeit
ist sicherlich www.millennium.greenwich2000.com
über das 21. Jahrhundert und das Jahrhundertprojekt Millennium-Dome in London.


politik-digital:
Die CDU besitzt seit längerem ein Intranet. Wieviele Geschäftsstellen der Partei sind bereits
auf diese Weise mit der Bonner Parteizentrale vernetzt?

Merkel: Die CDU hat 1993 als erste Partei damit begonnen, die Geschäftsstellen miteinander
zu vernetzen. Das ist längst abgeschlossen, d.h. die hauptamtlichen Mitarbeiter und
die Büros der CDU sind elektronisch miteinander verbunden und wickeln auf diese Weise z.B.
die Mitgliederverwaltung ab oder kommunizieren untereinander. Darüber hinaus arbeiten wir
jedoch daran, auch die ehrenamtlichen Funktions- und Mandatsträger über das Intranet noch
enger in die Parteiarbeit einzubinden.

politik-digital:
In der SPD gibt es bereits seit 1995 einen Virtuellen Ortsverein, in dem sich jeder Interessierte per
Internet politisch engagieren kann. Ist so eine virtuelle Parteigliederung auch für die CDU denkbar?

Merkel: Grundsätzlich ist es denkbar. Auch wir denken darüber nach,
die Beteiligung an der Mitarbeit in der CDU auch virtuell zu ermöglichen.
Ungeklärt ist allerdings die konkrete Form der Mitwirkung. Cyber-Demokratie,
also die Einbeziehung von rechtsverbindlichen Wahlen und Entscheidungen, ist wohl
eher Zukunftsmusik. Hier sollte man keine unerfüllbaren Hoffnungen wecken.

Das Interview mit Dr. Angela Merkel führte Philipp Stradtmann