Hauptkommissar Karlheinz Moewes fahndet nach
den Kinderpornographen im Netz -eine Jagd aus
Überzeugung

Karl-Heinz Moewes

Karl-Heinz Moewes

20 Beamte des Bundeskriminalamtes werden künftig
das Internet nach kriminellen Inhalten überprüfen.
Grünes Licht zur Gründung dieser neuen Zentralstelle
gaben die Innenminister der Länder erst in der
vergangenen Woche. Gefordert wurde sie von Karlheinz
Moewes schon lange. Seit Anfang 1995 leitet er die
bundesweit einzige Dienststelle zur Überprüfung des
weltweiten Netzes, die beim Polizeipräsidium München
angesiedelt ist.

Der Hauptkommissar überrascht zunächst. Ein
eingefleischter Internet-Gegner, wie man vielleicht
vermuten würde, ist er nun wirklich nicht. "Ich bin
generell gegen jede
Einschränkung des
Internets", sagt er und
bezeichnet sich selbst sogar
als "Internet-Fan". "Die
Kriminalität im Netz wird
leider zu sehr in den
Vordergrund gestellt.
Mindestens 95 Prozent des
Angebots sind doch positiv."
Moewes will nicht zensieren,
sondern kontrollieren. "Die
Täter sollen wissen, die
Polizei ist da." Vornehmlich
sind er und sein sechs
Mitarbeiter umfassendes
Team auf der Spur nach
kinderpornographischen
Angeboten. "Hier sind
internationale

Standards notwendig, damit man an einem Strang
ziehen kann", fordert der 51jährige und erläutert das
Problem: "Nicht einmal innerhalb Europas haben wir
beispielsweise die gleiche Definition, bis zu welchem
Alter es sich um ein Kind handelt. Während für die
Briten alle bis zum 16. Lebensjahr als Kind gelten, liegt
in Deutschland die Grenze bei 14 Jahren."

Beim Thema Kinderpornographie versteht der zweifache
Familienvater keinen Spaß. Das Material sei
widerwärtig. "Die Leute ahnen gar nicht, welche
Brutalitäten und Perversionen zu sehen sind. Teilweise
sind es nicht einmal mehr Kinder, sondern Babys, die
mißhandelt werden. Oft ist jedes Detail zu sehen",
beschreibt Moewes das Angebot. "Man wird mit Fotos
und Videoklips konfrontiert, die eben die extremen
Vorlieben dieser Randgruppen darstellen. Da muß man
schon ein sehr dickes Fell haben, um das ganze Zeug
zu behandeln."
Zu finden sind die meisten Angebote dieser Art nicht im
World Wide Web. Ein Großteil der Kommunikation
findet in den Newsgroups, über Chats oder E-mails
statt. "In unsere Recherche müssen wir alle Dienste
einbeziehen." Manchmal gibt es einen konkreten
Hinweis. Meistens aber finden die Ermittlungen ohne
einen Anlaß statt. Sind die Polizisten erst einmal
fündig geworden, werden die Inhalte als Anzeige zur
Staatsanwaltschaft weitergeleitet. "Im Fall von
Kinderpornographie konnten wir 1997 rund 110
Anzeigen erstatten," zieht Moewes Bilanz. "Ein Drittel
der Fälle kam aus Deutschland, zwei Drittel mußten
wir an unsere ausländischen Kollegen weiterleiten."

Im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit, für
das in Deutschland das BKA zuständig ist, wird neben
solchen Informationen auch Know-how ausgetauscht.
Erst vor kurzem besuchte eine japanische Delegation
die Münchner Abteilung. Nun entstehen im gesamten
Land Dienststellen nach diesem Muster.

"Es gibt nur einen Unterschied zwischen der virtuellen
Welt und der Wirklichkeit: Die Anonymität", sagt
Moewes. Pädophile Menschen hat es immer schon
gegeben. "Früher waren diese Menschen gezwungen,
sich entsprechendes Material im Untergrund zu
besorgen. Heute aber gibt es durch das Internet eine
Vielzahl anderer Möglichkeiten der Kontaktaufnahme."

Sein Leben hat seine Arbeit nicht verändert. "Ich
mache das ja freiwillig", lacht er. "Außerdem war es
immer eine Frage der Zeit, wann ich so etwas machen
würde." 1979 nahm Karlheinz Moewes seine Arbeit in
der elektronischen Datenverarbeitung bei der Polizei auf
zunächst im Rechenzentrum, dann als Experte im
Bereich Computer-Kriminalität. Im Februar 1995 wurde
seine Dienststelle gegen die Kriminalität im Internet
eingerichtet, damals noch als Arbeitsgruppe. Seit 1996
existiert sie als eigenständiges Kommissariat. Mit
Schulungen und natürlich durch Learning by doing
haben die Cyber-Polizisten sich entsprechendes
Know-how angeeignet. Auf diese Erfahrung wird die
neue BKA-Zentralstelle mit Sicherheit zurückgreifen.
Arbeit wird es auf diesem Gebiet immer genug geben.
Auf die Frage, was man gegen die Kriminalität im Netz
tun könne, antwortet Moewes schließlich ganz
nüchtern: "Gar nichts."