Aktientipps scheinbarer Insider, Datenklau beim Online-Banking : Betrüger basteln an immer raffinierteren Methoden, Internetnutzer zu täuschen. Jahr für Jahr verursacht Spam Schäden in Milliardenhöhe. Dieser Überblick zeigt, wie Regierungen und globale Verbände das Problem in
den Griff bekommen wollen.

 

Nur ein Klick, schon verschwindet der nervende Werbemüll im
virtuellen Papierkorb. Hielte sich jeder daran, wäre das weltweite
Geschäft mit Spam-E-Mails nicht derart einträglich, wie
es der Fall ist. Einer Studie
des Magazins "Consumer Reports" zufolge kauften über
eine halbe Million US-Surfer im Vormonat ein Produkt, das per Spam
beworben wurde. Zum 5.
Deutschen Anti Spam Kongress
, der am 5. September in Köln
stattfindet, kommen Experten zusammen, die sich dem Kampf gegen
die elektronische Belästigung verschrieben haben. Schwerpunkt
in diesem Jahr ist das neuartige "Stock Spam", der massenhafte
E-Mail-Versand von Aktienempfehlungen, bei dem einzig der Urheber
Kasse macht, indem er den Kurs von Wertpapieren in schwindelerregende
Höhen treibt. Zudem steht das kriminelle "Phishing"
auf dem Kongressplan, also betrügerische E-Mails mit dem Ziel,
an Zugangsdaten für Online-Banking zu gelangen. 2006 stieg
die Zahl der Phishing-Opfer um ein Viertel auf über 3000 Fälle,
so eine Hochrechnung des Branchenverbandes BITKOM. Dabei wurden
im Schnitt 4000 Euro erbeutet.

Nerviges Dosenfleisch

Jeder kriegt es, aber nur wenige kennen seinen Namens-Ursprung:
"Spam" war ein 1936 entstandener Markenname für Dosenfleisch
der amerikanischen Firma Hormel Food – zusammengesetzt aus
"Spiced Porc and Ham“, also gewürztes Schweinefleisch.
Schon im Zweiten Weltkrieg soll die kulinarische Grausamkeit aufgrund
seiner langen Haltbarkeit und massenhaften Verfügbarkeit unter
Soldaten wenig geliebt worden sein. Ähnlich ergeht es heute
dem unerwünschten elektronischen Nachfolger. Erst durch eine
Episode der britischen Comedyserie "Monty Phython’s Flying
Circus" wurde Spam zum Synonym für ungebetene Massen-E-Mails:
In dem dreiminütigen Sketch fällt das Wort „Spam"
mehr als 100 Mal, wodurch jede Unterhaltung unmöglich wurde.
Heute steht "Spam“ für unerwünschte, meist
auf elektronischem Weg übertragene Nachrichten, die massenhaft
versandt und dem Empfänger unverlangt zugestellt werden. In
der Regel haben sie werbenden Inhalt. Ebenfalls dazu zählen
unsinnige Einträge in Newsgroups oder Kettenbriefe. Eine Übersicht
der Spam-Typen finden Sie in unserem Glossar.

Bundesrepublik seit 2006 mit Anti-Spam-Gesetz

Rund vier Fünftel aller Spam-E-Mails, die in deutschen Postfächern
landen, stammen aus dem Ausland. Spamming ist ein weltweites Problem
und muss daher auf globaler Ebene gelöst werden, sind sich
Experten einig. Internationale Zusammenarbeit und eine grenzüberschreitende
Rechtsverfolgung werden immer wichtiger. Laut einer aktuellen
Rangliste
der gemeinnützigen Organisation Spamhaus.org
liegt Deutschland auf Platz sechs der weltweit führenden Herkunftsländer
von Spam-E-Mails. Die USA führen demnach mit deutlichem Vorsprung
gegenüber China und Russland. Gesamt betrachtet, liegt der
asiatische Kontinent ganz vorn. Grund sind die von Land zu Land
unterschiedlich harten Gesetze gegen die Drahtzieher.

Die USA versuchten 2004, das Spam-Problem durch das landesweite
Gesetz CAN SPAM ACT einzudämmen, mit dem Täter zu Haftstrafen
von bis zu fünf Jahren und Geldbußen in Millionenhöhe
verurteilt werden können. In Europa ist seit 2004 das Verschicken
unverlangter Werbemails verboten. Hierzulande begegnet man der Herausforderung
mit wettbewerbs- und zivilrechtlichen Mitteln, nicht aber mit strafrechtlichen
Sanktionen. Im Juni 2006 verabschiedete der Deutsche Bundestag eine
Art Anti-Spam-Gesetz (Elektronisches Geschäftsverkehrvereinheitlichkeitsgesetz,
ElGVG), das Verbraucher vor unerwünschter Werbung schützt.

Es besagt: Wird Werbung elektronisch versandt, muss in der Kopf-
und Betreffzeile klar erkennbar sein, wer der Absender ist und ob
es sich um eine Werbenachricht handelt. Damit soll dem Bürger
das Ausfiltern von unerwünschtem Spam erleichtert werden. Bei
Verstoß droht dem Absender ein Bußgeld von bis zu 50
000 Euro. Kritiker dagegen fordern eine Erhöhung der Strafe
um das Zehnfache. Werbe-Mails aus dem Ausland, die das Hauptproblem
darstellen, fallen allerdings nicht unter das Gesetz. Deshalb sei
die Verordnung kaum ausreichend, um der Spam-Flut beizukommen, betonen
Experten.

Um die Kräfte zu bündeln und die internationale Rechtsdurchsetzung
zu verbessern, haben sich zahlreiche Organisationen und Initiativen
gebildet, wie die OECD
Task Force on Spam
, die Initiative
London Action Plan (LAP)
oder das EU-Pilotprojekt SpotSpam,
das als europaweite Sammelstelle für Spam-Beschwerden dient.

50 Milliarden Euro Schaden im Jahr

Spam verursacht jedes Jahr Kosten in Milliardenhöhe. Neben
den Internet-Übertragungskosten für Empfang und Versand
kostet das Lesen, Löschen oder Beantworten dieser Belästigungspost
wertvolle Arbeitszeit. Verstopfen Spam-E-Mails das Postfach über
den begrenzten Speicher hinaus, wird sogar erwünschte Post
abgewiesen. So versäumt der Betroffene schnell wichtige Fristen
oder verpasst Aufträge. Im schlimmsten Fall droht der Serverabsturz
und mit ihm teure Reparaturkosten. Der Löwenanteil fällt
an durch den notwendigen Einsatz von Anti-Spam-Filtern. Wird zudem
die eigene Mail-Adresse durch Dritte für den Spam-Versand missbraucht,
kann das eigene Image darunter leiden. Die durch Spam entstandenen
Zusatzkosten für 2005 wurden weltweit mit 50 Milliarden Euro
beziffert.