Wahlkampf kann auch witzig sein.



He did it again: Wie
erwartet hat Tony Blair es wieder geschafft
.
Wie bereits die Prognose vorausgesagt
hatten, führte er die bei den Wahlen zum britischen Unterhaus die Labour-Partei
erneut zu einem erdrutschartigen Sieg und sogar zur absoluten Mehrheit. Damit
ist ihm gelungen, was seit 100 Jahren kein Labour-Chef mehr geschafft hat: die
Mehrheit über eine Wahlperiode hinaus zu erhalten.
Dabei fing der Wahltag schleppend an; die Befürchtungen, dass sich noch einmal
weniger Wähler auf den Weg zur Urne machen würden als 1997 (mit einem Rekordtief
von 71,4%) hat sich bewahrheitet – es gab mit ungefähr 60% die niedrigste
Wahlbeteiligung seit 1918.

Tony Blair - Parliament Invaders 2001Sicherlich
ist für das britische Desinteresse nicht der Netzwahlkampf verantwortlich
zu machen. Allerdings scheint der Einsatz neuer Kommunikationsmittel zur Mobilisierung
zumindest der eigenen Wählerschaft keinen durchschlagenden Erfolg gehabt zu
haben, auch wenn an einigen Stellen recht innovative Wege beschritten wurden.
Der Versand von SMS-Nachrichten – verschickt kurz vor der Sperrstunde letzten
Freitag – mit dem Inhalt "Cldnt give a XXXX 4 last ordrs? vote Labour on
thrsdy 4 xtra time.
" sollte die Wähler nicht nur an die Wahl erinnern. Vielmehr
diente dieser Aufruf auch der Mundpropaganda an der Theke, denn die Labour-Partei
setzt sich für eine Verschiebung der Sperrstunde von 23 Uhr auf eine spätere
Uhrzeit ein.

Dieser innovative Medieneinsatz blieb aber auch der einzig erwähnenswerte
Schritt hin zur schönen neuen Welt des multimedialen Wahlkampfes. Die Netzauftritte
der Parteien waren nur gering informativ gehalten und existierten eher um ihrer
selbst willen. Trotz des hohen Wahlkampfengagements von Tony Blair schien sich
Labour einen schlechteren Auftritt leisten zu können als Liberale und Konservative,
die in einem Netz-Vergleich
besser abschnitten. Der einzige mehr oder weniger ernsthafte Versuch der Labour-Strategen,
sich am Netzwahlkampf zu beteiligen, erwies sich schnell als Querschläger.

Labour gegen Tories
Tories gegen Labour
Was Du nicht willst
was man Dir tu …

Mit etwas Humor sollte dem Wähler vor Augen geführt werden, welche Zukunft
ihm mit "den Anderen" bevorstünde. Die ganze Aktion mit dem Titel "Economic Disaster
II", in Form eines Filmplakates blieb jedoch nur für einen Tag ohne Reaktion.

Schottische Konservative schossen kurz darauf mit gleichem Pulver zurück
und kündigten mit "Economic with the truth" auf Zelluloid gebanntes
Labour-Versagen an.

Außerhalb der Parteiapparate hat sich der berühmte schwarze englische
Humor nicht kleinkriegen lassen. Was sich schon im amerikanischen Wahlkampf
abzeichnete wurde nun von den Briten perfektioniert: die Mischung von politischen
Ideen und Humor, eingebunden in kleine oder große Karikaturen, Mailanhänge
oder ganze Webseiten. Die britische Wählerschaft hatte so vielerorts die
Möglichkeit, die gewünschte zwischenparteiliche Auseinandersetzung auf verschiedenste
Art und Weise am heimischen Rechner zu simulieren.

William Hague - Parliament Invaders 2001Nicht
gerade Fairplay, aber aufwendig gestaltet kam das Spiel "Parliament
Invaders 2001
" daher. Hatte man sich seinen Lieblingspolitiker ausgewählt,
geriet dieser auch gleich unter Beschuss. Die Angriffe gehen bei dieser Fassung
jedoch nicht wie im Original von den Invasoren (hier: die anderen Kandidaten)
aus. Zum Schuß kam auch die Queen in der linken und die berühmte "Mad Cow" in
der rechten Ecke.

Für Fans des klassischen Zweikampfes wurde auch gesorgt. Das bekannte Videospiel
"Tekken" stand hier Pate. Im Ring stehen die Kontrahenten Crouching
Tony
und Hidden Hague
, bereit zum Kampf mit allen Mitteln.

Dem friedliebenden wahlberechtigten Surfer bot sich die Möglichkeit, die
Politiker mal richitg aufs Parkett zu schicken. MTV bot auf seiner Website die
Stereo
MPs
an, bei denen Tony Blair, William Hague und Ann Widdecombe vor
frei wählbarem Hintergrunddie alle gewünschten Verrenkungen mitmachen.

Auch wenn der Wahlausgang vorhersehbar war, zumindest der außerparteiliche
Wahlkampf hat einige Überraschungen geboten, und wenn es nur die außerordentliche
Beweglichkeit von Tony zur Musik von Eminem ist. Auf jeden Fall aber zeigt sich
hier ein Trend, der für die nächste Bundestagswahl hoffen läßt.