(Artikel) Dr. Erna Subklew, geboren 1923, ist täglich bis zu vier Stunden im Internet unterwegs. Sie ist als Online-Redakteurin aktiv und engagiert sich für lebenslanges Lernen im Netz. Wofür sie das Internet nutzt und welche Vorteile es älteren Menschen bringt, schreibt sie in diesem Erfahrungsbericht.

 

 

Wenn ich so zurückdenke, dass ich vor zehn Jahren noch überhaupt nichts mit dem Internet zu tun haben wollte und mich heute doch oft drei bis vier Stunden mit dem PC beschäftige, so kann ich es selbst nicht ganz glauben. Natürlich habe ich – wie so viele Senioren – den ersten PC von meinen Kindern geschenkt bekommen. Natürlich war es einer, den sie nicht mehr haben wollten, weil es schon bessere gab. Aber ich habe inzwischen schon längst einen neuen, mit dem ich viel mehr anstellen kann als vorher. Zunächst habe ich den PC als bessere Schreibmaschine gebraucht. Ich musste damals viel für meine Doktorarbeit schreiben.


Aber als die Dissertation dann fertig war und ich genügend Zeit hatte, ging ich ins Internet. Was heißt ging: Ich nahm einige Übungsstunden. Die bekam ich zu Weihnachten geschenkt – wiederum von meinen Kindern. Dann besuchte ich noch einige Kurse und endlich stand ich dem Ganzen nicht mehr so fremd gegenüber. Als ich dann die ersten Möglichkeiten zur Arbeit mit dem Internet begriffen hatte, konnte ich auch an den weiterführenden Kurse von
ViLE teilnehmen, dem virtuellen und realen Lernnetzwerk für ältere Erwachsene. Dort bekam man mit bestimmten Themen auch immer ein Stück Technik vermittelt. Ich bin dort auch Gründungsmitglied. Und schließlich nahm ich noch an der Ausbildung für Online-Redakteure des Projekts
LernCafe von ViLE teil, was wiederum ein Stück mehr an Möglichkeiten bei der Arbeit mit dem PC bot. Langsam aber ständig hat sich mein Gebrauch des Internets erweitert. Das wichtigste dabei sind natürlich die E-Mails. Es gibt eigentlich kaum ein Mittel, mit dem man so gut in Verbindung zur Außenwelt treten kann. Sicherlich haben meine Verwandten noch nie so oft Nachricht von mir erhalten, als seit der Zeit, da ich mailen kann. Vor allem ins Ausland ist es das Verständigungsmittel.

Schwere Gegenstände mit einem Click

Für mich, die ich schon ziemlich alt bin, spielt auch das Einkaufen eine

ständig steigende Rolle. So kann ich zum Beispiel ohne viel

Schwierigkeiten meinen Enkeln auch größere und schwerere Gegenstände schenken, wenn ich sie über das Internet bestelle und ihnen ausliefern lasse. Neulich habe ich doch tatsächlich Teppiche in Dänemark gekauft und sie in München verschenkt, ohne dass ich einen Fuß vor die Tür gesetzt habe. Vor allem aber Bücher kaufe ich über das Internet. Seit neuestem mache ich auch Online-Banking und finde es schade, dass man das Geld noch immer vom Automaten holen muss. Wenn ich hier so begeistert vom Internet schreibe, weiß ich, dass es auch seine negativen Seiten hat. Wir werden ja fast zum gläsernen Menschen. Oder die vielen Spams, die bei den E-Mails zu finden sind. Aber das, was der eigentlich Grund meines Internetzuganges war, ist ja immer noch das Lernen. Eben erst nehme ich an einem
Kurs über Europa-online teil, zum 50. Jahrestag der EU. Schließlich müssen auch Ältere in der Gegenwart leben, sollen neugierig sein und können so noch eine Menge lernen.

Seniorenlesekreis mit Chat und Forum

Ein besonderer Gag ist der
Literaturkreis im Internet. Aus den Vorschlägen der Teilnehmerinnen kommen die Vorschläge der Bücher, die gelesen werden sollen. Unter "Materialien" werden die Biographie der SchriftstellerIn, Rezensionen, Inhaltsangabe und was wir sonst noch zu dem Buch finden, ins Internet gestellt. Schon kurz nach dem Beginn des Lesens, schreiben wir unsere Gedanken ins Internet-Forum und sprechen darüber. Nach einiger Zeit gibt es einen Chat dazu, und nach wiederum einiger Zeit treffen wir uns real und besprechen unsere weiteren Gedanken, Eindrücke oder machen eine Zusammenfassung. Demnächst haben wir auch vor, eine Audio-Konferenz zu halten – vielleicht über den Internet-Sprachübertragungsdienst Skype. Das Besprechen eines Buches von Anfang an hat den Vorteil, dass man viele Aspekte, die bei einer Diskussion verloren gehen würden, gleich anspricht. Das bedeutet nicht, dass im Verlaufe des Lesens nicht auch Annahmen revidiert werden müssen. Bei der Beurteilung von Literatur ist sowieso nichts endgültig. Vielleicht ist unser Lesen nicht einmal wissenschaftlich, aber es macht Spaß. Wir haben viel Glück gehabt bei der Auswahl unserer Literatur und fanden die Bücher, die wir gelesen haben nachher oft in der Top-Ten-Liste. Bei "Die Vermessung der Welt" von Daniel Kehlmann lagen wir zum Beispiel richtig. Wir lesen auch Sachbücher bei ViLE. Die "
Kulturellen Werte Europas", herausgegeben vom "Forum für Verantwortung" haben es auf die

stattliche Zahl von über 50.000 Aufrufen gebracht. Das Interesse an dem Thema scheint groß zu sein. Dieser Lesekreis ist rein virtuell.

Mitmachen kann jeder, der sich für ein Buch interessiert und sich beim

Lesen anmeldet, gleich ob bei der Belletristik oder dem Sachbuch. Man muss dazu nicht einmal ViLE-Mitglied werden.