Am Mittwoch wurde die rot-schwarze Koalitionsvereinbarung für Berlin veröffentlicht. Der Coup: Ein eigenes Netzpolitik-Ressort wurde verabredet. politik-digital.de hat dazu SPD-Netzpolitiker und – Bundesvorstand Björn Böhning befragt.

Die Netzöffentlichkeit jubelt über das Kapitel „Fortschrittliche Netzpolitik“, das ein eigenes Ressort, mehr Open-Data und die Sicherung der Netzneutralität verspricht. Dennoch bleiben viele Punkte in der Koalitionsvereinbarung vage. politik-digital.de fragte bei dem Berliner SPD-Netzpolitiker Björn Böhning nach, der auch Mitglied des Bundesvorstands der Sozialdemokraten ist.

Von wem ging die Initiative für ein eigenes Ressort Netzpolitik aus?

Die Initiative ging von der SPD aus. Ein eigenes Ressort, eine eigene Verwaltung ist dafür sicherlich nicht vorgesehen, aber das wird jetzt zwischen den Koalitionsparteien im Detail geklärt werden.

War die Entscheidung eine Reaktion auf den Erfolg der Piratenpartei?

Nein, die Vorbereitung der Vereinbarung und die inhaltlichen Vorarbeiten dafür sind bei der SPD schon im Wahlprogramm geklärt worden. Das war im März und da haben wir die Inhalte schon so festgelegt.

Welche Bedeutung misst die Berliner SPD dem Thema Netzpolitik mit dieser Maßnahme zu?

Das Thema Netzpolitik hat für Berlin eine besondere Bedeutung. Berlin ist schon heute zu einer zentralen Stadt für IT und digitale Gesellschaft in Deutschland geworden. Für die Berliner SPD ist entscheidend, dass wir hier weitere Schritte vorankommen in Bezug auf die Digitalisierung der Stadt aber auch in Bezug auf die Arbeitsverhältnisse und die Arbeitsbedingungen für die Menschen, die im IT-Bereich arbeiten.

Für die Umsetzung der Empfehlungen der Enquetekommission „Internet & Gesellschaft“ des Bundestags wird in der Vereinbarung formuliert, dass diese überprüft und gegebenenfalls umgesetzt werden. Was heißt gegebenenfalls?

Die konkreten Ergebnisse lagen während der Verhandlungen noch nicht vor. Gegebenenfalls heißt, was können wir davon im Land umsetzen, da viele Dinge Bundesregelungen sind, die das Land nicht beeinflussen kann. Es wird aber überprüft werden, in welchen Punkten für Berlin Schlussfolgerungen zu ziehen sind.

Auf welche Weise soll ein moderneres Urheberrecht auf Landesebene entwickelt und umgesetzt werden?

Auf Landesebene kann man nur wenige Schritte einleiten, weil die meisten Regelungen EU- oder Bundesrecht betreffen. Wir engagieren uns aber seit längerem für einen Kreativ-Pakt, mit dem sich Konsumenten und Verwerter an einem Tisch diesen Fragen nähern sollen. In dieser Hinsicht stellen wir uns vor, einen Dialog einzuleiten, der das Thema Urheberrecht an der Wurzel packt.

Welche Ansätze zur Netzneutralität sollen auf Landesebene, welche im Bundesrat verfolgt werden? Die CDU sieht im Gegensatz zur SPD keine Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung – wie kann es da zu einer einheitlichen Initiative kommen?

Wie setzen uns als SPD für eine gesetzliche Regelung ein. Es geht hier beispielsweise auch um die Frage der Novelle des Telekommunikationsgesetzes. Wie müssen überprüfen, an welchen Stellen Landeskompetenzen berührt sind, und uns dort als Land für die Netzneutralität engagieren. Zweitens geht es auch darum, dass Netzneutralität sehr, sehr eng mit dem Breitbandausbau verbunden ist und damit den Verbraucherschutz berührt, beispielsweise die Frage, welche Bandbreiten zur Verfügung stehen sollen. Wir werden Wert darauf legen, dass Breitbandausbau stattfindet, aber die Dienstklassen nicht differenziert werden.

Einen Widerspruch zur CDU sehen Sie dort nicht?

Die CDU hat eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag unterschrieben. Im Bund haben beide Parteien unterschiedliche Ansätze. In Berlin haben wir deutlich gemacht, dass uns Netzneutralität ein besonders wichtiges Gut ist. Widerstände in der CDU kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sehen. Wir haben eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag, und die hat Bestand.

Die Koalition wird die Open-Data-Initiative des Landes fortsetzen und ausbauen. Dazu setzt sie sich für eine Prüfung der weitgehenden Offenlegung von öffentlichen Daten unter Wahrung des persönlichen Datenschutzes ein. An welche Daten denken Sie? Gibt es konkrete Beispiele?

Es ist uns schon in der letzten Legislaturperiode gelungen, die Open-Data-Initiaitve zu starten. Sie steckt aber noch in den Kinderschuhen. Ich denke insbesondere an Geodaten: Geoinformationsdaten, die wir als Land erheben, der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Man muss auch an weitere Daten denken. Dabei ist natürlich klar, dass persönliche Daten von Berlinerinnen und Berlinern im Einzelfall aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht veröffentlicht werden.

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