Beim ersten „CrisisCamp Haiti“ in New York wurde Kartenmaterial aktualisiert, ein Übersetzungstool programmiert und ein webbasierter Vermissten-Finder konzipiert. Demnächst wird es all das auch noch als iPhone-App geben.



 

Steht man vor dem Sitz der Freelancers Union in den Brooklyn Heights, würde man nicht unbedingt vermuten, dass hier eine Katastrophenhilfe der besonderen Art anläuft. Mehrere Dutzend „Crisis Commons“ haben sich am Samstag nach der Erdbebenkatastrophe in Haiti zusammengefunden.


Mit ihrem Knowhow wollen sie die internationalen Hilfsmaßnahmen unterstützen. Crisis Commons ist ein internationales Netzwerk von IT-Entwicklern, Projektmanagern, Ersthelfern, Kommunikationsspezialisten und Interessierten. Ziel ist es, Applikationen für den ganz spezifischen Bedarf im Fall einer größeren Krise zu entwickeln.

Modell Crisis Camp

Barcamp – das ist so etwas wie das originäre Veranstaltungsformat der „Generation Web 2.0“. Die klassische Rollenaufteilung in Redner und Zuhörer ist aufgehoben, jeder ist aufgefordert mitzumachen. Das Modell CrisisCamp funktioniert ähnlich, ist aber sehr viel spontaner und outputorientierter. Im Fall einer Naturkatastrophe wie kürzlich in Haiti wird kurzfristig ein Treffen organisiert. Und schon am ersten Tag geht es darum, konkrete Ergebnisse präsentieren zu können, die ganz gezielt helfen können. Schon das erste Meeting hat beeindruckende Ergebnisse gebracht:

Haiti OpenStreetMap

Hierzulande kaum vorstellbar, existierte noch Anfang Januar 2010 kein detaillierter digitaler Stadtplan von Port-au-Prince. Crisis Commons haben mit anderen Freiwilligen aus historischem CIA-Material und aktuellen Satellitenbildern einen genauen Straßenplan erarbeitet und dort die befahrbaren Strecken kenntlich gemacht. Für die Helfer vor Ort ein essenzielles Handwerkszeug.

Übersetzungstool Englisch-Créole

Da weder Google noch Microsoft Übersetzungen in das Créole zur Verfügung stellen, entwickeln Crisis Commons derzeit ein webbasiertes Übersetzungstool. Bis dahin ist ein umfangreicher Wiki-Eintrag erarbeitet worden, in dem z. B. die wichtigsten Vokabeln und Phrasen, Piktogramme, Fotos u.v.m.aufgelistet werden, die bei der Kommunikation vor Ort hilfreich sind.

NGO Mapping

Mehrere Hundert Hilfsorganisationen sind derzeit in Haiti tätig. Während des CrisisCamps wurden Informationen über die Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) zusammengetragen und Profile erstellt. In einem zweiten Schritt soll ein Customer Relationship Management (CRM) entstehen, das auch einzelne Mitarbeiter aufführt und die Vernetzung der Helfer unterstützen soll.

Person Finder 

Das ebenfalls in kürzester Zeit entwickelte Tool Person Finder führt unterschiedliche Datenbestände zu vermissten bzw. überlebenden Personen zusammen. Über eine Maske können diese Daten dann nach den betreffenden Personen durchsucht werden.

Crisis Response App

Informationen sind nur dann brauchbar, wenn sie auch zugänglich sind. Daher ist derzeit ein Projektteam damit befasst, alle Applikationen auch für mobile Endgeräte verfügbar zu machen.

IT-Experten sind selbst in Zeiten von Wirtschafts- und Finanzkrise gefragte Leute und erzielen Stundensätze, von denen die meisten anderen nur träumen können. Fanden am 16. Januar die ersten Treffen in sechs amerikanischen Städten statt, so treffen sich am 21. Januar schon elf Gruppen – von Washington D.C. bis zum Silicon Valley.