Im Internet ist alles möglich. Jeden Tag generiert das Medium neue
Erfolgsmeldungen, aber auch die Schattenseiten und Problemfälle häufen
sich. Als das Internetauktionshaus Ebay letztes Jahr eine menschliche
Niere versteigern wollte, wurde nicht nur über die rechtlichen
Konsequenzen, sondern auch über ethische Fragen diskutiert.

Der psychische Stress Kranker wie
deren Angehöriger ist angesichts der Möglichkeit lebensrettende Organe
im Internet, ohne die üblichen Wartezeiten kaufen zu können kaum
vorstellbar. Die verbliebene Lebensdauer eines organgeschädigten
Menschen ist absehbar kurz, es sei den, es findet sich schnell ein
Spender mit einem ähnlichen Zellaufbau, wie der des Kranken. Nur
gelegentlich eignen sich Familienangehörige oder enge Bekannte als
Spender, so dass nach dem deutschen Transplantationsgesetz
(TPG) von 1997 trotz der geringeren Lebensdauer ihrer Organe fast
ausschließlich "Totspender" in Frage kommen. Das TPG erlaubt
Lebendspenden nicht regenerierbarer Organe nur zugunsten eines
Verwandten ersten oder zweiten Grades, Ehepartners, Verlobten oder
einer nahe stehenden Person. Gerade in Deutschland sind die Wartelisten
sehr lang, da es an Bereitschaft unter den Bürgern fehlt sich posthum
für eine Organspende bereitzustellen. So stellen sich in Deutschland
nur ca. 2% zur Verfügung, während in den skandinavischen Ländern wie
Norwegen, Dänemark, Schweden teilweise die Hälfte der Bevölkerung einen
Organspendeausweis besitzt. Kranke und Angehörige müssen so praktisch
auf einen tödlichen Unfall eines Menschen mit entsprechenden Organen
hoffen und warten.

Dieser Umstand führt trotz harter
Strafen (in Deutschland bis zu fünf Jahren) zu allerhand kriminellen
Gebaren. In den letzten 15 Jahren gab es immer wieder Vorfälle,
besonders in der sogenannten Dritten Welt, in denen Menschen vorzeitig
für tot erklärt wurden, um dann schnell ihre Organe entnehmen zu
können. Falls Angehörige wegen auffälliger Narben nachfragten, wurden
sie schnell mit einem Bruchteil des Marktwertes der entnommenen Organe
abgespeist.

Seit einigen Jahren sind
Lebendspenden gewisser Organe für den Spender mit immer weniger Risiken
verbunden. Um dem Organhandel in Deutschland vorzubeugen, verbietet das
TPG die Lebendspende zwischen sich unbekannten Personen und verlangt
das die Entnahme des Organs für den Spender keinen finanziellen Gewinn
bedeuten sowie nur in sogenannten Transplantationszentren durchgeführt
werden darf. Dass 1996 ein Lübecker Medizinprofessor eine Niere an eine
ihm unbekannte Person spendete, zeigt aber wie weit dieser
Umdenkungsprozess zumindest bei den Transplantationsmedizinern bereits
fortgeschritten ist.

Im September vergangenen Jahres
wurde diese grundsätzlich positive Entwicklung noch einmal stark in
Frage gestellt. Das Internet Auktionshaus Ebay wollte eine menschliche
Niere versteigern. Bevor das Auktionshaus nach einer Woche die illegale
Versteigerung stoppte, wurden $ 5,7 Mio. für eine "voll funktionsfähige
Niere" geboten. Doch bereits im Oktober wurden erneut Organe im
Internet angeboten. 22 der 99 unter dem Suchbegriff "kidney" (engl. f.
Niere) gefundenen Angebote verwiesen auf menschliche Nieren. Zehn
dieser Anbieter verrieten mit dem Angebot sofort ihre Emailadresse. "Da
Organhandel in den USA nicht prinzipiell verboten ist, kann das Angebot
nicht einfach aus dem Server gelöscht werden", urteilte Oliver Samwer
von Ebay-Deutschland. Ebay unterbindet in den USA nur den Handel auf
dem eigenen Server. Die Angabe der privaten Emailadresse ist also ein
Versuch der "Spender", potentiellen Interessenten die Kontaktaufnahme
zu ermöglichen.

Internet Angebote, wie die von
Ebay produzieren juristisch derzeit kaum lösbare Probleme, da die
strafrechtliche Ahndung praktisch unmöglich ist, solange sowohl der
Server mit dem Angebot, als auch der Organverkäufer im Ausland sind.
Deutsches Strafrecht, welches diesen Fall eindeutig als Organhandel
verfolgen müsste, kann also weder die amerikanischen Spender noch Ebay
strafrechtlich belangen. "In Deutschland [d.h. von einem in Deutschland
lokalisierten Rechner; Anm. d. Autors] ist ein Internethandel mit
Organen nicht möglich" beruhigt Samwer. Dieser Trost ist jedoch nur ein
sehr schwacher, da natürlich jeder Deutsche über das Internet im
Ausland Organe beziehen kann und dort auch operiert werden kann.
Mögliche Strafen für den Kranken bei Rückkehr können vor dem
Hintergrund des lebensbedrohlichen Zustands kaum als abschreckend
betrachtet werden.

Grundsätzlich sind die jüngsten
Vorkommnisse bei Ebay aber nichts neues. Mitte letzten Jahres
berichteten die Feuilletons über die Webseite des ehemaligen
Modephotographen Ron Harris .
Dieser versteigerte die Eizellen junger attraktiver Frauen an
zahlungskräftige Ehepaare. Ein kinderloses Ehepaar bot für eine viertel
Millionen US$ plus entsprechende Behandlungskosten um ihrem zukünftigen
Kind, wie Harris seine "Waren" bewarb, "einen erfolgreicheres Leben zu
schenken". Gegen diese Strategie protestierten eine Vielzahl "seriöser"
Anbieter von Eizellen oder Sperma, die sich ausschließlich zum Ziel
gemacht hatten zeugungsunfähigen Ehepaaren die Möglichkeit zu einer
Familie zu "schenken".

Der wichtigste Unterschied
zwischen beiden Vorkommnissen ist aber, dass der Cyber Organhandel,
spätestens bis er die Dritte Welt erreicht, auch zu kriminellen
Organraubs, ohne die Einwilligung der "Spender" führen könnte, wobei
ihr Tod wie vor einigen Jahren in Indien "in Kauf genommen" werden
könnte. Bislang tut sich die Internationale Staatengemeinschaft aber
noch sehr schwer eine gemeinsame Internetgesetzgebung
anzustreben. Sie ist aber der einzige Weg um Vergehen im Internet, wie
die Präsentation von Kinderpornographie oder eben Organhandel zu
unterbinden.