Die USA gelten als das Land der
unbegrenzten Möglichkeiten. So abgedroschen das auch klingen mag, für die vierjährig stattfindenden
Wahlkämpfe triff der alte Slogan zu. Schließlich geht es um viel Macht, und um die zu bekommen, wird (fast)
alles Mögliche versucht.
In der heißen Phase des Wahlkampfes darf das Wahlvolk so seine politische
Elite dabei beobachten, wie diese schiere Berge von schmutziger Wäsche wäscht – die der Kandidaten der
anderen Parteien.

Besonders beliebt sind angebliche
Jugendsünden, die in krassem Gegensatz zu aktuellen politischen
Aussagen stehen. Noch gut in Erinnerung sind Clintons Versuche während
eines Wahlkampfes, in jungen Jahren gerauchtes Haschisch als ‘nicht
inhaliert’ und damit wirkungslos abzutun. Ähnlicher Vorwürfe erwehrt
sich seit geraumer Zeit der aussichtsreichste Bewerber der Republikaner
bei den kommenden Wahlen, George W. Bush. Vor seinem Schwenk zum
Wertkonservativen, der heute ‘moralische Verfehlungen’ geißelt, soll er
laut nicht verstummender Presseberichte das Image eines "Womanizers"
gehabt haben, der ‘moralischen Verfehlungen’ angeblich äußerst
aufgeschlossen gegenüber stand. Auch seine heutige Anti-Drogen-Politik
sei keineswegs auf einer Linie mit seiner früheren Einstellungen:
Hartnäckig halten sich Gerüchte, wonach Bush auch schon Kokain
geschnupft hat. Für konservative Wählerkreise wäre Bush, so sich das
Gerücht bewahrheiten sollte, dann aus dem Rennen.

Diese auf die Privatsphäre von
Kandidaten zielenden Angriffe sind die heftigste Auswirkung einer
Entwicklung, die von Sozialwissenschaftlern als ‘Personalisierung von
Wahlkämpfen’ bezeichnet wird. Personen eignen sich besser zur
Darstellung von Politik als Parteiprogramme oder politisches Handeln.
Und in der Regel sind nationale Wahlen vor allem auch
Persönlichkeitswahlen, bei denen nicht die Partei, sondern ihr
Spitzenkandidat ausschlaggebend ist. Deswegen spielt dieser bei der
Konzeption des Wahlkampfes eine besondere Rolle. Ein Kandidat, der kaum
Ausstrahlung hat, hat von vornherein schlechtere Karten.

Dazu kommt, dass Wahlkämpfe immer
mehr über die Medien ausgetragen werden: Ein Kandidat, der sich im
Fernsehen nicht ansehnlich präsentieren kann, ist damit schon früh aus
dem Rennen. Klassische ‘Schwiegersohntypen’ machen dagegen Punkte bei
vielen weiblichen Wählern, der ‘Law and Order-Typ’ bei vielen
männlichen. Image ist alles.
Das politische Programm, das die Kandidaten vertreten, verliert dabei
immer mehr an Bedeutung, da es sich meistens in den Grundsatzfragen
auch nicht sehr unterscheidet. Nachdem allgemeiner Konsens unter
Politikern besteht, dass Wahlen in der politischen Mitte – egal, ob alt
oder neu – gewonnen werden, versuchen alle Kandidaten besonders diese
Wählergruppen anzusprechen. Konkrete Aussagen für oder wider Etwas
wären da fehl am Platz – sie könnten zu viele Wähler vergraulen.
Knackige, aber meistens nichtssagende Slogans passen da anscheinend
besser.

Alle diese Entwicklungen –
Fixierung auf Personen, steigende Bedeutung der Medien im Wahlkampf und
die Entideologiesierung der Parteien – führten zu einer
Professionalisierung der Wahlkämpfe. Riesige Teams beraten und
begleiten den Kandidaten. In der Regel werden Wahlkämpfe heute von oder
zumindest mit Hilfe von Werbeagenturen geplant und umgesetzt. Das macht
sie so teuer, und deswegen ist das Sammeln von Spenden so bedeutsam für
den Wahlausgang geworden.

Die erfolgreiche Kampagne eines
Kandidaten kann von seinen Konkurrenten deswegen vor allem dann
effektiv angegriffen werden, wenn dabei dessen Integrität oder dessen
politisches Image in Zweifel gezogen wird. Und dies lässt auch für den
angelaufenen Präsidentschafts-Wahlkampf in den USA die tiefgehende
Reinigung von viel schmutziger Wäsche erwarten.