Ein nahezu endloses Angebot an Informationen bietet das Internet, und das meist kostenlos. Wer früher noch dicke Bände wälzen musste, kann heute in kürzester Zeit Unmengen an Informationen generieren. Um das online verfügbare Wissen zu ordnen, muss jedoch ein dritter her; und der heißt immer häufiger Google.

„Haben wir heutzutage die Mittel, um gleichen und universellen Zugang zu Wissen zu bekommen?“ fragt die UNESCO in ihrem Report zur Wissensgesellschaft. Die schnelle und beinahe weltweite Verbreitung des Internets gibt berechtigte Hoffnung, dass Wissen über das Internet überall und jederzeit verfügbar wird. Doch was ist dies für ein Wissen? Wie wird es bezogen und wer organisiert die Datenfluten?

Hier nimmt Google eine zentrale Rolle ein. Weltweit kann die Suchmaschine einen Marktanteil von über 55 Prozent vorweisen. In vielen Ländern hat sie beinahe ein Monopol, so etwa in Deutschland mit knapp 90 Prozent. Niederländer suchen sogar zu 95 Prozent mit Google. Doch die Suchmaschine findet die Informationen nicht nur, sie präsentiert sie auch. Welcher der Treffer dabei die ersten Ränge einnimmt, ist von entscheidender Bedeutung.

Der Algorithmus bestimmt

Der Suchalgorithmus von Google, der vor allem die Vernetzung der Seiten untereinander betrachtet, bestimmt, welches Wissen wie einfach oder schwer zugänglich ist. Dieser mathematische Vorgang kann jedoch nicht den Wahrheitsgehalt in den gefundenen Texten messen. Daher bleibt die Ordnung darauf reduziert, wie prominent eine Seite dasteht. So kann zum Beispiel eine Verschwörungstheorie bei Google weitaus höher gerankt werden als die wissenschaftlich gängige Meinung zum Thema, da die Verschwörungstheorie stärker diskutiert und somit auch häufiger verlinkt wird.

Ein Beispiel: Suchte man im August 2008 nach dem Begriff „Partei“, erschien als erste politische Vereinigung die Spaßpartei namens „Die PARTEI“ aus dem Umfeld des Satiremagazins Titanic, gefolgt von SPD, DKP und FDP. Hinter dem Bruch, also nur durch Scrollen erreichbar, kamen Grüne und Linkspartei. Die CDU finden Google-Nutzer noch weiter hinten. Vorher kam man bereits an so einigen kleinen oder extremen Parteien vorbei, die aber eben das Wort „Partei“ und nicht „Union“ im Namen tragen. Nun stelle man sich vor, der User besitze keinerlei Vorwissen. Was nicht auf den ersten Seiten erscheint, wird kaum wahrgenommen.

Ausweitung des Wissensangebots

Sehr häufig ist es jedoch das Mitmach-Lexikon Wikipedia, das den ersten Treffer erzeugt. Somit werden die Regeln über den Inhalt nicht von Google, sondern von der Enzyklopädie gemacht. Google greift dieses Modell nun aber an. Seit Ende Juli 2008 ist mit Google Knol eine eigene Enzyklopädie online. Im Gegensatz zu Wikipedia stehen die Artikel dabei stark im Zusammenhang mit dem Autor, der klar hervorgehoben und mit Bild präsentiert wird. Jeder Autor kann zu jedem Thema einen Eintrag verfassen, so dass es viele Artikel mit verschiedenem Inhalt zu demselben Thema geben wird. Wieder bestimmen von Google festgelegte Kriterien die Reihenfolge, in der die Artikel gefunden werden.

Weltwissen eingescannt

Ein weiteres Wissensangebot ist eines der größten momentanen Projekte der Google Inc., nämlich Google Books. Hier will der Konzern eine riesige Online-Bibliothek erschaffen. Als das Projekt im Jahr 2004 auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt wurde, war es zunächst noch eine Art Online-Verlag, der über Verträge mit anderen Verlagen und Autoren arbeitete. Zwei Monate später ging Google jedoch mit dem Library Project an die Öffentlichkeit, bei dem Bücher in Großbibliotheken eingescannt und digitalisiert werden. Unter den Partnerbibliotheken sind prominente Namen wie die Stanford University, Harvard oder Oxford.

Dieses Projekt löste starke Kontroversen aus, da die Besitzrechte vieler eingescannter Bücher noch nicht abgelaufen waren. Online sind viele der Bücher in der Book Search kostenlos einzusehen, wenn auch oft nicht in vollem Umfang. Bei der Benutzung dieser Suche ist es aber wiederum ein Google-Algorithmus, der die Auswahl und Sortierung der Treffer vornimmt.

Foto: Joseph Hardin, cc by tvol

 

„Problem der Informationsfreiheit“

Momentan weist wenig darauf hin, dass Google in der westlichen Welt Zensur betreibt oder sonst etwas Böses im Schilde führt. Dies scheint auch überhaupt nicht im Interesse des Konzerns zu liegen. Dennoch hat Google sich eine Stellung erarbeitet, die der Berliner Beauftragte für Informationsfreiheit Dix „ein Problem aus Sicht der Informationsfreiheit in Bezug auf die allgemeine Zugänglichkeit von Informationen“ nennt.

Wenn der Konzern wollte, könnte er schwerwiegende Beschränkungen der Informationsfreiheit vornehmen. In China sei dies bereits geschehen, indem Google auf Wunsch der Regierungen zu bestimmten Suchanfragen oder auf bestimmten Seiten keine Treffer angab. Von Indien berichtet Dix ähnliches. Studien haben zwar nachgewiesen, dass Google unter den in China tätigen Suchmaschinen noch am wenigsten Zensur betreibt. Doch diese Entwicklung zeigt, dass die Manipulation des Algorithmus von außen möglich ist.

Es könnte aber auch Google selbst sein, das ein Interesse an der Zensur der eigenen Seiten entdeckt. Das naiv klingende Firmenmotto „Tu nichts Böses“ stammt aus Zeiten, als Google noch ein kleines Start-Up war. Als rapide wachsender Konzern, der schon zu den größten der Welt gehört, wird Google selbst zum politischen Akteur. Ob man dann der Verlockung widerstehen kann, die eigenen Mittel zu nutzen, um Interessen durchzusetzten, ist noch nicht geklärt. Die Erfahrungen aus China und Indien weisen darauf hin, dass man es nicht kann.