Seit die Kirche im Internet tätig ist, ist auch die Online-Beichte ein heikles Thema. Virtuelle Beichstühle eröffnen immer wieder im World Wide Web, Otto-Normalbürger ernennt sich selbst zum Beichtvater. Doch die katholische Kirche sieht das gar nicht gern.

Die peruanische Bischofskonferenz sah sich zum Handeln gezwungen: Erst vor kurzem dementierte sie Gerüchte, nach denen die Beichte online abgelegt werden kann. „Es gibt keine Sakramente im Internet.”, heißt es in der Erklärung der Bischöfe. Um das Sakrament der Beichte empfangen zu können, bedürfe es der physischen Anwesenheit des Gläubigen und der persönlichen Bekundung seiner Sünden gegenüber einem Priester. In ihrem Schreiben verweisen sie auf das Dokument
“Kirche und Internet”, das der „Päpstliche Rat für die sozialen Kommunikationsmittel“ im Februar 2002 veröffentlichte und das die Gültigkeit von Online-Beichten verneint.

Dennoch scheint das Bedürfnis, sich im Internet seiner Sünden zu entledigen, groß zu sein: Von Beicht-Weblogs über Beicht-Homepages bis hin zu virtuellen Beicht-Häusern ist alles vertreten. Aber geht es dabei wirklich um Buße im christlichen Sinne? Oder spricht die Online-Beichte vielmehr privaten Voyeurismus an, wenn Geheimnisse anderer preisgegeben werden?

Online mit Jesus

Auf der Internetseite
beichte.de betreibt der Privatmann Hartmut Landwehr seinen eigenen virtuellen Beichtstuhl. Das Konzept ist simpel: Tippe deine Sünden ein und dir wird vergeben! Mehr als die Lektüre des „Vater unser“, das nach der Beichte erscheint, ist dafür nicht erforderlich. Und wenn man schon mal dabei ist, kann man auch gleich eine virtuelle Kerze anzünden oder sich zum Gebet in die Rubrik „Rosenkranz“ zurückziehen. Für die passende Atmosphäre sorgt sakrale Orgelmusik, allerdings unterlegt mit weltlichen Elektro-Beats.

Sünder unter Zeitdruck

Für den modernen und gestressten Sünder bietet
beichtstuhl-online.de alles, was das Herz begehrt. Neben dem obligatorischen Online-Beicht-Formular wird zusätzlich ein Tool zum stressfreien Bußen angeboten: der QuickPrayer.

Der QuickPrayer betet für den unter Zeitdruck stehenden Sünder ganz von allein. Nachdem der Sünder seine Beichte abgelegt hat, verhängt der VirtualBußMaster, der Beichtvater aus dem Cyberspace, die Buße – je nach Schwere des Vergehens mal fünf, mal zehn „Ave Maria“. Nach anschließendem Klick auf die „Bußtaste“ startet der QuickPrayer das Gebet. In der neusten Version bietet der Computer auch an, vorher formulierte Auftragsgebete zu einem festgesetzten Zeitpunkt zu sprechen.



Über 6.000 Beichten online!

Wer nicht nur selbst gerne Sünden offenbart, sondern sich auch an den Verfehlungen anderer ergötzen kann, ist auf der Seite
beichthaus.de richtig. Dort findet man über 6.000 Beiträge zum nachlesen und schmunzeln. Jedoch beweisen Statements wie „Ich habe Heuschnupfen“ oder „Ich bin ein Alien“, dass nicht nur die Betreiber, sondern auch die Nutzer die Sache nicht ganz ernst nehmen. Für die Veröffentlichung der Beichthaus-Beichte müssen einige Regeln befolgt werden. So darf der Text zum Beispiel nicht mehr als 500 Wörter umfassen (empfohlen werden 10-50 Wörter), zudem werden pornografische und rassistische Begriffe gelöscht.

Himmel hilf!

Dass das Internet reich an Skurrilem ist, daran hat man sich längst gewöhnt. Und auch beim Thema Online-Beichte tut sich die Hölle auf. Auf der Internetseite
gottergeben.q27.de wird der reuige Sünder aufgefordert, sich eine Identität zu geben, bevor er die Möglichkeit hat, zu beichten. Doch gefragt wird nicht etwa nach seinem tatsächlichen Namen. Auf der Seite findet sich eine ganze Reihe von vorgefertigten Avataren. Die Auswahl reicht vom „Satansbraten“ über den „Höllenhund“ bis hin zur „blutrünstigen Bestie“ oder dem „nichtswürdigen Antichristen“.

Die Beichtfunktion

Auch in der Blogosphäre hat das Beichtfieber um sich gegriffen. Obwohl ein privates Weblog schon an sich einem sich täglich wiederholendem Geständnis gleicht, gibt es seit neuestem das
Beichtblog. Ob die Beichtblogger die Funktion der Beichte allerdings erkannt haben, ist zu bezweifeln. Beichtfunktion scheint hier eher als die technische Umsetzung des sich Offenbarens wahrgenommen zu werden. Kaum ein Blogger, der nach einem Sexgeständnis nicht den Satz „Ist das geil“ von sich gibt. Frei nach dem Motto: Sündigen ja, Buße tun lieber nicht.

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