Der "Bundesanzeiger" ist das amtliche Veröffentlichungsorgan des Bundes, in dem u.a. Gesetzestexte oder -änderungen bekannt gemacht werden. Das Blatt wird herausgegeben vom Bundesjustizministerium und kann online kostenlos durchsucht werden. Gesetze unterliegen normalerweise keinem Urheberrechtsschutz. Doch hier liegt der Fall anders.

Ob neue Gesetze, Pflichtveröffentlichungen von Bundesministerien oder gerichtliche Bekanntmachungen – wenn sie im Bundesanzeiger stehen, gelten sie als veröffentlicht. Wer aber nun Gesetzestexte oder andere Inhalte des Bundesanzeigers für andere als private Zwecke kopieren oder verändern möchte, darf das nicht.

bundesanzeigerNach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) sollte dieser Zustand jedoch gar nicht existieren dürfen. Dort heißt es in § 5: „Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Bekanntmachungen sowie Entscheidungen und amtlich verfasste Leitsätze zu Entscheidungen genießen keinen urheberrechtlichen Schutz“. Da es sich beim Bundesanzeiger aber um eine neue Sammlung in einer Datenbank handelt, unterliegt diese einem Urheberschutz gemäß § 87a ff UrhG. Danach wird der "Datenbankersteller" als Urheber und Investor geschützt. Andere bleiben außen vor. Urheber im Sinne dieses Gesetzes ist in diesem Fall die Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, die zu 100 Prozent der Kölner Mediengruppe M. DuMont Schauberg gehört.

Für den Verein Open Data Network (ODN) ist dieser Zustand alles andere als zufriedenstellend. Der gemeinnützige Verein setzt sich für die "Befreiung" von mit öffentlichen Mitteln erhobenen, nicht-personenbezogenen Daten ein. Dass die Bürger nur ein Einsichtsrecht haben, aber die von ihnen über Steuermittel finanzierten Texte nicht weiterverarbeiten dürfen, sieht Friedrich Lindenberg vom ODN nicht ein.

Auf neue Gesetze hofft Lindenberg allerdings nicht, um das Problem zu lösen. Stattdessen sollten öffentliche Daten als offen gekennzeichnet werden – so, wie das in anderen Ländern bereits der Fall ist. Mit der Einführung einer Open Government Data Licence (for public sector information), wurde beispielsweise in Großbritannien die unbeschränkte Nutzung möglich. Europäische und nationale Urheberrechtsprobleme werden somit überwunden. Ähnlich wie bei der Creative Commons "Public Domain Mark" kann hier von Urheberrechtsansprüchen bei Sammlungen zurückgetreten werden. Nicht nur werden so die Daten leichter aus den Strukturen der Verwaltung befreit, noch wichtiger sei es, sie maschinenlesbar für die Weiterverarbeitung zur Verfügung zu stellen. Die Möglichkeit der illustrativen Darstellung in neuen, innovativen Anwendungen oder Applikationen durch private Initiatoren sei bei Gesetzestexten ebenso gegeben wie bei anderen Open-Data-Projekten, so Lindenberg gegenüber politik-digital.de.

Hinweis: Der Geschäftsführer von pol-di.net e.V. / politik-digital.de Stefan Gehrke ist Mitglied im Vorstand des Open Data Network e.V.

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