In einer aktuellen Studie der Universität Leipzig wurden Kommunikationsmanager und PR-Verantwortliche in Behörden, Unternehmen und Non-Profit-Organisationen  zu ihrer Nutzung von Social Media-Anwendungen befragt. Das Ergebnis: In Sachen Quantität und Qualität besteht noch deutlicher Nachholbedarf.

Immer mehr Organisationen im deutschsprachigen Raum binden soziale Medien aktiv in ihre Kommunikation ein. Allein in den vergangenen zwölf Monaten stieg der Anteil aktiver Nutzer um 17 Prozent auf 71,3 Prozent. Vor diesem Hintergrund wollen die Verfasser der Studie eruieren, wie die Nutzung von sozialen Medien den Arbeitsalltag und die Kommunikationsstrukturen ändert, welche Kompetenzen und Strategien Organisationen im Umgang mit sozialen Medien entwickelt haben und wie die Rahmenbedingungen für die interaktive Kommunikation in Regierungs- und Unternehmensstrukturen ausfallen. Dabei scheint es besonders bedenklich, dass weniger als ein Drittel der befragten Organisationen ”dezidierte personelle Ressourcen, Guidelines, Trainingsangebote oder Monitoring-Tools für Social Media" vorweisen können. Dies hat zur Folge, dass auch nur ein Drittel der Befragten die Einschätzung vertrat, dass ihre Organisation für die Anforderungen sozialer Medien gewappnet ist. Dabei sind soziale Medien wie Facebook oder XING immer mehr Teil des Arbeitsalltags.

Zwar gaben zwei Drittel der Befragten an, soziale Medien für ihre Arbeit zu nutzen, womit der Anteil der Aktiven in Relation zur Gesamtbevölkerung doppelt so hoch ist. Allerdings lag der Altersdurchschnitt der Befragten mit 39 Jahren auch deutlich unter dem der Gesamtbevölkerung. Die Mehrheit der Kommunikationsprofis betrachtete die Nutzung gleichwohl auf Grund der zunehmenden Informationsflut und des Drucks, immer auf dem aktuellsten Stand zu sein, als berufliche Mehrbelastung. Nur 21 Prozent von ihnen gaben an, bei der Nutzung von sozialen Medien von Synergieeffekten profitieren zu können. Der große personelle und finanzielle Aufwand wird dabei vorrangig problematisiert. Gleichzeitig meinten jedoch nur 15 Prozent der Befragten, dass der Einsatz von sozialen Medien keinen Mehrwert bringe. Die Verfasser der Studie prangern zudem das geringe Qualifikationsniveau der Kommunikationsmanger und PR-Verantwortlichen im Umgang mit sozialen Medien an. In Behörden und politischen Institutionen sei das Niveau signifikant niedriger als in Unternehmen oder Non-Profit-Organisationen, insgesamt sei nur ein Drittel der Befragten für die Kommunikation mit sozialen Medien gut gerüstet.

Social Media-Strategien für die Unternehmenskommunikation gibt es zwar laut der Stude in den meisten Unternehmen, sie beschränkten sich aber größtenteils auf einzelne Netzwerke wie Facebook. Lediglich eine Minderheit entwickle plattformübergreifende Kampagnen. Außerdem seien die Zuständigkeiten unklar verteilt und häufig bleibe jede einzelne Abteilung für ihre Strategie selbst veranwortlich. Ein abteilungsübergreifendes Gremium für soziale Medien, häufig als Social Media Board bezeichnet, welches die Kompetenzen bündeln und organisieren kann, gibt es lediglich bei 11,5 Prozent der befragten Organisationen. Die technischen Möglichkeiten sind in den meisten Fällen zwar durchaus  vorhanden, gesonderte Budgets für die Entwicklung geeigneter Strategien oder speziell verantwortliche Abteilungen fehlen hingegen häufig. Folgerichtig stehen auch das Inhaltemanagement und der Aufbau organisatorischer Strukturen im Vordergrund, während kaum Zeit für die Evaluierung der Maßnahmen bleibt, was nach Einschätzung der Verfasser der Studie wohl auch an mangelnder Routine liegt. Die Erfolgsmessung richtet sich nach wie vor an Traffic und Reichweiten aus.

Trotz allem verweisen die Verfasser der Studie auf die positive Entwicklung der Regierungs- und Unternehmensstrukturen: "So nutzt heute jede PR-Abteilung durchschnittlich sieben Social-Media-Anwendungen; im Vorjahr waren es noch drei". Positiv zu bewerten sei auch die Unterstützung durch das Top Management. Die Dialogbereitschaft der Organisationen sei hingegen nach wie vor gering: "Nur ein knappes Drittel [der Befragten], sieben Prozentpunkte weniger als im Vorjahr, attestiert der eigenen Organisation eine partizipative und dialogorientierte Unternehmenskultur."

Abschließend sprachen die Verfasser folgende Handlungsempfehlungen aus:

  • Die Organisationen sollten Monitoring-Tools zur Evaluierung der Social Media- Aktivitäten entwickeln. Chancen und Risiken sozialer Medien seien nicht ausreichend bekannt.
  • Einführung von Erfolgkriterien in Form von Kennzahlen, "weit über die Messung von Follower-Zahlen und Web-Traffic hinaus". Gefordert seien zudem Analysen über den Einfluss sozialer Medien auf den gesamten Geschäftsprozess. 
  • Mehr Investitionen in die Qualifikation von Mitarbeitern im Umgang mit sozialen Medien.
  • Implementierung von abteilungsübergreifenden Gremium für soziale Medien, durch die Synergien besser ausgeschöpft werden könnten.
  • Mehr Dialogbereitschaft und "kommunikative Offenheit", wobei es nicht "um naives Träumen von herrschaftsfreien Diskursen mit Kunden und anderen Stakeholdern" gehe, "sondern um eine Passung mit den Prinzipien des Wettbewerbs und um die Legitimation organisatorischen Handelns."

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