Soziale Medien haben die Art und Weise, wie wir kommunizieren grundlegend verändert. Diese Entwicklung hat einen enormen Einfluss darauf, wie politische Botschaften verbreitet werden. Dabei scheinen vor allem populistische Akteur*innen zu profitieren.

Unser Mediensystem befindet sich im Wandel. Der Stellenwert von klassischen Massenmedien wie Zeitungen und Zeitschriften sinkt und die neu entstandene Logik sozialer Netzwerke hat auch auf die politische Kommunikation immer mehr Einfluss. Zeitgleich verlagert sich der politische Diskurs ebenfalls immer mehr in den digitalen Raum oder findet dort parallel statt. Damit unterliegt dieser aber auch neuen Regeln.  

Eins der wichtigsten Merkmale ist hierbei das Wegfallen der Gatekeeperfunktion von Journalist*innen. Während beispielsweise in Zeitungen und Zeitschriften professionalisierte Medienschaffende eine Vorauswahl treffen und gegebenenfalls Falschmeldungen aussortieren, können in sozialen Medien von den User*innen ungefiltert Beiträge und politische Messages verbreitet werden. Die Kriterien für die erstellten Inhalte sind nicht mehr ein möglichst hoher Informationsgehalt, sondern das Erzeugen von Emotionen und die Interaktion unter Gleichgesinnten.  

Ein weiterer essentieller Unterschied liegt in der Länge der publizierten Erzeugnisse. Ein Beispiel hierfür ist die oft referierte 140-Zeichen-Beschränkung des Kurznachrichtendienstes Twitter. Durch den komprimierten Raum werden auch komplexere Themen immer vereinfachter dargestellt. Größere Zusammenhänge werden vermehrt zugespitzt präsentiert. Somit wird zwar auch der Zugang zu größeren Themenkomplexen erleichtert, aber es besteht ebenfalls die Gefahr, dass durch die Simplifizierung Falschdarstellungen zunehmen. Genau das spielt den Populist*innen in die Karten. Plakative Parolen gehören genauso wie simplifiziertes Scapegoating („Sündenbock suchen“) zum populistischen Kommunikationsarsenal. Anstatt zu versuchen, der Komplexität von vielschichtigen Themen gerecht zu werden, wird auf vereinfachende Erklärmechanismen der eigenen Ideologie zurückgegriffen. Das Hauptproblem hierbei besteht darin, dass keine weitere journalistische Kontrolle ausgewirkt wird oder die Inhalte in irgendeiner Art und Weise auf deren Wahrheitsgehalt geprüft werden. Die Entwicklung nimmt so rasant zu, dass die UNSECO bereits seit zwei Jahren von einer sogenannten infodemic spricht. 

Außerdem ist ein zentraler Bestandteil von Social-Media die Darstellung der eigenen Person. Charismatisches Auftreten und eine schillernde Persönlichkeit sind des Öfteren wichtiger als die Inhalte, die in den Beiträgen transportiert werden. Hiervon profitieren populistische Parteien besonders, da diese sehr oft auf eine Führungsperson ausgelegt sind, welche als Aushängeschild dienen.  

Gefährliche Komplizenschaft

Der Erfolg von populistischen Parteien in der heutigen Zeit ist unter anderem auf die Resonanz auf den sozialen Plattformen zurückzuführen. Beispielsweise verzeichnet Donald Trump ca. 87,2 Millionen Follower auf Twitter. Somit folgen ihm dort trotz zwischenzeitlicher Sperrung auf der Plattform mehr als doppelt so viele Menschen wie dem amtierenden US-Präsidenten Joe Biden. Aber wieso kommen Populist*innen im digitalen Raum so gut an? Der Hauptgrund hierfür ist die Synergie zwischen der populistischen Argumentationsstrategie und der Funktionslogik von Social-Media. Alarmistische Inhalte emotionalisieren. Das dauerhafte Konstruieren einer künstlichen Bedrohungslage polarisiert. Diese Taktik ist in der populistischen Praxis Alltag. Bei den Nutzer*innen werden durch die andauernde Krisenrhetorik und eine künstliche Untergangsstimmung starke Gefühle erzeugt.  Diese Stimmung führt dazu, dass solche Inhalte stärker geteilt und mehr Klicks für die Betreiber generiert werden. Das Prinzip ähnelt sehr dem Phänomen des Clickbaits. Mit anderen Worten wird durch reißerische und emotionale Statements Aufmerksamkeit erzeugt, da sich die plakativen Inhalte von differenzierten Aussagen absetzen.  

Ebenso profitieren populistische Parteien von der Zelebrierung ihrer Spitzenkanditat*innen in den sozialen Netzwerken. Politiker*innen können sich volksnah zeigen und Einblicke in ihren vermeintlichen Alltag gewähren. Dadurch können sogenannte parasoziale Beziehungen entstehen, welche auf einer asymmetrischen Kommunikation zwischen den Beitragserstellenden und User*innen basiert. Dabei bedienen sie sich der gleichen Mechanismen, wie man es von Influencer*innen aus vielen anderen Lebensbereichen kennt.  

Ist die Zukunft des digitalen Raums nun populistisch? 

Populismus und soziale Medien scheinen wie füreinander gemacht zu sein. Populistische Kommunikationsmuster folgen genau den Regeln, welche Inhalte auf sozialen Plattformen erfolgreich machen. Einige Wissenschaftler*innen  vermuten deshalb, dass eine weitere Gefahr darin besteht, dass Akteur*innen aus der politischen Mitte ebenfalls auf diese Kommunikationsstrategien zurückgreifen. So hatte beispielsweise Robert Habeck 2019 seinen Twitter-Account unter anderem deswegen gelöscht, da er davon überzeugt war, dass das Medium ihn dazu brachte, “polemischer” und “aggressiver” zu kommunizieren. Die Frage ist, wie man einen technologischen Rahmen schaffen kann, in dem beispielsweise im Wahlkampf politische Werbung stattfinden kann, ohne dass populistische Agitationen belohnt werden und ob das überhaupt möglich ist. 

Prof. Dr. Paula Diehl geht davon aus, dass uns Populismus auch wegen der sozialen Medien in den kommenden Jahren begleiten wird. Jedoch gibt es auch Möglichkeiten, populistische Kommunikationsmuster zu entlarven. Die Professorin der Uni Kiel merkt, dass „rhetorische Kurzschlüsse im Populismus stattfinden“, wenn eine vielschichtige Thematik auf polarisierende Weise mit Hilfe einer Freund-Feind-Dichotomisierung reduziert wird. Diese Taktik gilt es zu durchschauen. 

Es lässt sich insgesamt festhalten, dass die politische Kommunikation sich durch das stetig wandelnde Mediensystem immer stärker verändert und man immer öfter mit populistischen Argumentationsstrukturen konfrontiert wird. Die inhaltliche Auseinandersetzung im gesellschaftlichen Diskurs mit populistischem Framing gewinnt somit immer mehr an Bedeutung. Wenn dadurch eine Sensibilisierung stattfinden sollte, bleibt es abzuwarten, ob Populist*innen in sozialen Medien so erfolgreich bleiben.   

Foto von Jakob Owens auf Unsplash