Im Internet hat Howard Dean viele Unterstützer und viel Geld sammeln können. Jetzt diskutiert seine “Graswurzel”- Gemeinschaft, wie es nach seiner Niederlage und Kerrys Sieg weiter gehen könnte.



Im Internet hat Howard Dean viele Unterstützer und viel Geld sammeln können. Jetzt diskutiert seine “Graswurzel”- Gemeinschaft, wie es nach seiner Niederlage und Kerrys Sieg weiter gehen könnte.

Der aus dem Wahlkampf der Demokraten bereits ausgeschiedene Howard Dean hat zwar die Vorwahlen am „Super Tuesday“ in seinem Heimatsstaat Vermont gewonnen. Aber John Kerry gewann in neun von zehn Bundesstaaten und wird der Herausforderer von George W. Bush bei der US-Präsidentschaftswahl am 2. November 2004. Sein letzter Konkurrent, John Edwards, gibt das Rennen auf.

Ein Rückblick mit Wehmut

Über zwei Jahre bereiste das Wahlkampfteam von Howard Dean die USA und führte eine Internetkampagne, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte. Doch trotz akribischer Planung der “größten Graswurzelaktion der Moderne”, kam Howard Deans Kandidatur zu einem frühen Ende. Im Gegensatz zu Amtsinhaber George W. Bush oder zu John Kerry hatte Dean das Geld dafür aber nicht bei Großspendern, sondern bei vielen Kleinspendern im Internet gesammelt. Noch nie war es einem demokratischen Kandidaten gelungen, bereits im Vorjahr der Wahl 41 Millionen US-Dollar einzunehmen. Mit Deans Kandidaturniederlage wird eine seit 1984 gültige Regel widerlegt: Die Vorwahlen wurden jeweils von demjenigen gewonnen, der zu Beginn der Kampagne am meisten Geld hatte.

Die Internet-Echokammer

Viele begeisterte Dean-Anhänger stellen sich selbstkritische Fragen. So wie John Perry Barlow, der die Weblogs gegenüber der
“Los Angeles Times” als “Echokammer” bezeichnet hat, in denen selbstgefällige Aktivisten den Kontakt zur Außenwelt verlieren: “Vielleicht haben wir zu stark an unseren Monitoren geklebt um zu merken, dass Wahlen nicht nur mit Geld, sondern auch durch reale Wahlkämpfer gewonnen werden”. Doch Barlow, Mitgründer der zivilgesellschaftlichen
Electronic Frontier Foundation, hat in seinem
Blog noch eine andere Variante anzubieten, die vor allem Verschwörungstheoretiker ansprechen dürfte. TV-Sender hätten Dean wiederholt lächerlich gemacht, da sie den regen Gebrauch des Internets in Deans Kampagne als Angriff auf ihre bisherige Vorrangstellung unter den Medien betrachteten. Das er eigene Fehler gemacht halt, ist halt schwer zuzugeben. Das Dean-Team habe keine politische Perspektive auf das Internet, sondern eine ökonomische, schreibt Internet-Altmeister
Christoph Bieber. Zu viel eBusiness, zu wenig ePolitics ist seine Schlussfolgerung.

Wer tritt Deans Erbe an?

Der ehemalige Dean-Berater Markos Moulitsas Zuniga ist sich indes sicher, “dass Dean abstürzte, hatte nichts mit dem Internet zu tun”. Insofern sei es kein Wunder, dass die verbleibenden Kandidaten ebenfalls auf Online-Spenden, meetups und blogging setzten. “Letzten Endes ist das Internet jedoch nur eines von vielen Tools in der Kampagnen-Box”, so Markos im
Interview mit politik-digital.de, der Deans Strategen beim Aufbau der Internetkampagne unterstützte.

Von besonderem Interesse ist jetzt die Frage, ob der erfolglose Dean vielleicht noch zum Köngismacher taugt und wen seine vielen Anhänger in Zukunft unterstützen werden. Doch bei diesen handelt es sich nicht um die Verfügungsmasse des Kandidaten. Besonders mit John Kerry tun sich viele der begeisterten Dean-Aktivisten schwer. Einige von ihnen haben bereits eine Internet-
Petition gegen die Weiterverwendung ihrer Daten durch andere Kandidaten gestartet. Andere haben gemerkt, dass der Name Dean auch weiterhin auf dem Wahlzettel stehen wird: “Die Medien und das Washingtoner Establishment waren so unfair zu Dean, dass wir aufstehen und uns weigern, einen so großen Mann ziehen zu lassen”, schreibt Wenmay im DFA-Blog. Doch die Mehrheit hat eingesehen, an welcher Front gekämpft werden muss. Vorherrschend sind Statements wie die von Kevin: “So geschmacklos es auch sein mag, für Kerry zu stimmen – Bush muss so schnell wie möglich abgewählt werden”. In dieser Stimmung wird es auch für Verbraucheranwalt Ralph Nader schwer werden, der als unabhängiger Kandidat ins Rennen eingetreten ist. “Eine Stimme für jeden anderen als den demokratischen Kandidaten ist eine Stimme für Bush”, schreibt ein Aktivist aus Virginia.