Warblogger suchen den Kontakt zu ihren Lesern

Warblogger verstehen sich jedoch nicht nur als Lieferanten von Informationen dieser Art an ihre Leser, sondern möchten mit ihnen in Kontakt treten. Interaktivität spielt bei den Tagebüchern des Nahostkonflikts also eine große Rolle. In vielen Postings regen die Blogger ihre Nutzer dazu an, Fragen zu stellen und ihre Meinung kundzutun. „Bitte kommentiert oder postet neue Beiträge“, fordert der Blogger von Anecdotes from a Banana Republic ausdrücklich seine Leser auf. In den Onlineausgaben der Süddeutschen Zeitung und des Spiegel werden allenfalls indirekte interaktive Angebote gemacht. So bieten beide Medien Foren an, in denen sich die Leser über den Krieg austauschen können. Direkte Nutzerkommentare sind jedoch nicht zu finden.


Insgesamt bieten die untersuchten Onlinemedien weniger Nutzerservice. Meist stellen sie nur Links zu internen Angeboten (Foren, Umfragen, Dossiers) her und verweisen nicht auf externe Berichte. Ganz anders die Warblogs: Hier werden Medienberichte aus verschiedenen Ländern verlinkt, darunter Israel und Libanon, Deutschland und die USA. Der Nutzer erhält dadurch einen guten Überblick über die unterschiedlichen Perspektiven.

Diese werden noch stärker in den Kommentaren der Blogger akzentuiert. Subjektivität und Persönlichkeit gelten im Allgemeinen als Stärke der Weblogs und auch die israelischen und libanesischen Warblogger vertreten ihre Meinungen mit deutlichen Worten. Der Warblogger Gash beispielsweise verurteilt „Israels willkürliche Ungesetzlichkeit, beim Gemetzel an Zivilisten“ und bezeichnet die Israelis als „blutrünstige Bastarde.“ Auch Ironie und Zynismus sind beliebte Stilmittel. Sie machen die Blog-Kommentare eingänglich. Der Nutzer sollte sich jedoch bewusst sein, dass hier Meinungen transportiert werden, die auch Beleidigungen nicht scheuen. So wird Im Warblog Anecdotes from a Banana Republic nach dem Vorfall in Kana zynisch resümiert: „Die EU ist ‘geschockt’ und ‘bestürzt’ über das Massaker. Geschockt? Bestürzt? Etwa so wie ‘Jimmy, ich bin bestürzt, dass du mit deinem brandneuen Fahrrad gegen einen Baum gefahren bist’ oder wie ‘Bobby Sue, ich bin bestürzt, dass du diese Kekse nicht mit deiner Schwester teilen willst’.“ Die Journalisten von SZ und Spiegel Online geben wesentlich moderatere Kommentare. Zwar werden auch hier Meinungen transportiert, aber es wird auf ausreichende Begründung und die Vermeidung von Beleidigungen wert gelegt.


In Warblogs werden die Ereignisse individuell aufbereitet

Auch bei der Präsentation von Informationen unterschieden sich beide Angebotsformen deutlich. Während die großen Onlinemedien auf die üblichen journalistischen Darstellungsformen wie Nachrichte, Reportage und Kommentar zurückgreifen, werden in den Warblogs die Ereignisse zum Teil individuell und künstlerisch aufbereitet. Der Künstler Mazen Kerbay etwa verarbeitet die Kriegsereignisse auf seinem Kerblog in Bildern und Gedichten. Über Kana schreibt er: “Vor 2000 Jahren, in Kana, verwandelte Jesus Wasser in Wein. Heute, in Kana, verwandelten die israelischen Streitkräfte Kinder in Asche.“

Es geht hier aber nicht darum, zu entscheiden, welches Angebot lesenswerter ist. Sowohl die klassischen Medien als auch Warblogs zeigen Stärken und Schwächen. Die traditionellen Medien punkten mit Vollständigkeit und Aktualität; Warblogs zeichnen sich vor allem durch Augenzeugenberichte und persönliche Statements aus.

Wer einen umfassenden Einblick ins Kriegsgeschehen wünscht, sollte einen Medienmix aus beiden Formaten wählen. Warblogger können die Medien durchaus auch ergänzen: Sie können zusätzliche Informationen liefern und als ‘Watchdogs’ der Medien fungieren, indem sie fehlerhafte Medienberichte korrigieren oder kritisieren. Das zeigt auch das jüngste Beispiel von manipulierten Bildern aus dem brennenden Beirut: ein Fotograph der Nachrichtenagentur Reuters hatte einige Bilder aus der libanesischen Hauptstadt digital bearbeitet, um sie dramatischer wirken zu lassen. Reuters stellte diese Bilder online – die Fälschung flog erst durch einige Blogger auf. Sie konnten nachweisen, dass die Bilder manipuliert worden waren. Reuters suspendierte daraufhin den Fotographen und entfernte die Bilder.


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Der Artikel basiert auf einer Analyse, die die Autorin für politik-digital.de erstellt hat. Sie hat an zwei Tagen die Berichterstattung der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung (SZ) und von Spiegel Online mit den Meldungen von zwölf ausgewählten Warblogs verglichen.