Einfach Namen oder Postleitzahl in die Suchmaske eingeben und eine Partei / einen Spitzenkandidaten festlegen. Eine Sekunde später erscheint die Trefferliste mit allen Einzelspendern, die mehr als 150 Euro überwiesen haben – mit vollem Namen, Beruf, Wohnort, Höhe der Spende. Was hierzulande der nächste große Datenskandal wäre, ist in den USA längst Realität.

Wer sich in den USA für die finanzielle Situation eines Kandidaten interessiert oder sich über die politische Gesinnung einer bestimmten Person oder seiner Nachbarschaft informieren will, besucht einfach die offizielle Homepage der Federal Election Commission. Ihr müssen sämtliche Spenden ab einer Höhe von 200 $ gemeldet werden, innerhalb von 48 h werden sie auf deren Website veröffentlicht.

Die Spur der Scheine

Wer etwas komfortabler recherchieren will und auf umfangreiche statistische Auswertungen sowie Analysen zugreifen möchte, findet auf der Seite OpenSecrets.org ein umfangreiches Informationsangebot. Betrieben wird die Seite seit 1996 vom Center for Responsive Politics (CRP) und hat bereist diverse Preise erhalten. Das unabhängige Zentrum wertet die Zahlen der Federal Election Commission aus – mit dem erklärten Ziel, den Einfluss von Geldzuwendungen in der US-Politik transparent zu machen. Wie sich Geldspenden auf die Wahl von Amtsträgern und auf die konkrete Politikgestaltung auswirkten, veröffentlicht der Thinktank zudem in Büchern und Broschüre.

So kann man auf der Website lesen, dass Barack Obama bislang die Rekord-Summe von $389,423,102 (Stand 30.08.2008) eingesammelt hat – und damit mehr als doppelt so viel wie sein Konkurrent McCain (mit $174,165,949) – allein im Juli erhielt Obama rund $ 50 Mio. an Spenden. Mehr als zwei Millionen Menschen haben laut Obama-Team schon für seine Kampagne gespendet. Freilich werden dazu nicht nur die regulären Geldspender gezählt, sondern auch Käufer von Buttons und Schlüsselanhängern auf Wahlkampfveranstaltungen. Dabei sollte nicht übersehen werden, dass es auch Großspender wie die Investment-Banker von Goldman Sachs oder Google sind, die üppige Summen in die Wahlkampfkassen spülen.

Ein Thinktank schafft Transparenz

Übersichtlich differenziert wird auf der Website auch dargestellt, welche Branchen wieviel Geld an Demokraten und Republikaner verteilen. Weniger überraschen mag es, dass die Republikaner mehr vom Energiesektor profitieren; interessant ist es, wenn die Demokraten dreimal mehr von Anwaltskanzleien und Lobbying-Firmen erhalten als die Konkurrenz. OpenSecrets.org kümmert sich um letzeren Geschäftszweig besonders intensiv und dokumentiert genau, wieviel Geld welches Unternehmen, welcher Verband, welche Branche für politische Einflussnahme ausgab.

Deutschland ist von derlei Transparenz noch weit entfernt. 9.999 Euro kann jeder Einzelspender im Kalenderjahr einer Partei zukommen lassen, ohne befürchten zu müssen, dass die Öffentlichkeit davon erfährt. Zudem kann es schon mal zwei Jahre dauern, bis Namen und Zahlen der Großspender aufbereitet und veröffentlicht sind (schneller geht es inzwischen bei Beträgen von 50.000 Euro aufwärts).

Transparenz vs. Privatsphäre

Einen wichtigen Unterschied zwischen beiden politischen Systemen sollte man dabei nicht aus den Augen verlieren: Der US-Wahlkampf ist zum überwiegenden Teil spendenfinanziert – Barack Obama hat sogar angekündigt, ganz auf öffentliche Mittel verzichten zu wollen. Die großen bundesdeutschen Parteien hingegen finanzieren sich gerade einmal zu einem Zehntel bis zu einem Fünftel aus Spenden – für das Gros der finanziellen Ausstattung sorgen Mitgliedsbeiträge und die staatliche Parteienfinanzierung. Die mangelnde Transparenz in der bundesdeutschen Spendenpraxis wird durch nichts so deutlich illustriert wie die zahlreichen Spendenskandalen. In den USA wäre es ein politischer Kulturbruch, würde ein Parteivorsitzender Großspender mit dem Verweis auf das „Ehrenwort“, das er gab, nicht preisgeben.

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