Hü oder Hott Herr Eichel? Verwirrung und Unmut herrscht derzeit bei
Internetusern, Wirtschaft und Datenschützern, wenn es um das Thema Internetsteuer geht.
Nachdem die Diskussion seit dem letzten Sommer leiser
wurde, ist sie nun angesichts der Pläne des
Finanzministers Hans Eichel erneut aufgeflammt. Hans-Joachim Otto, Vorsitzender der F.D.P.- Kommissionen
Internet und Medien, will mit einer E-mail-Aktion gegen die Entwürfe zur
Gebührenpflicht im Internet vorgehen.

Bereits im vergangenen Jahr gab es eine Initiative der
FDP gegen die Pläne Eichels. Nun mobilisiert die FDP wieder Stimmen: gegen eine Steuer auf das Internet.
Auf der Homepage der FDP gibt es die Vorlage einer Protest-E-mail, die Herrn Eichel zu einem Stopp seiner
Pläne auffordert. Die Protestmailaktion richtet
sich gegen zwei zentrale Entwürfe des Finanzministers. Einerseits betrifft dies den Entwurf zur Einführung
von Rundfunkgebühren für PCs mit der Möglichkeit des Hörfunk- und Fernsehempfgangs und andererseits
der Erlass zur sogenannten "Surfsteuer".

Die Rundfunkgebühr für PCs wurde bereits im Juni 1999 mit der Änderung des Rundfunkstaatsvertrages
beschlossen, jedoch aufgrund von Bedenken der Länder bis 2003 ausgesetzt. Der
Umkehrschluss impliziert, dass mit dem Aufschub die Einführung eigentlich schon festgelegt ist. Lutz
Reulecke, Referent Neue Medien bei der FDP, erläuterte, dass bezüglich des Rundfunkempfangs eine klare
Diffenenzierung vorgenommen werden müsse. Es sei selbstverständlich, dass auf PCs, die mittels einer
TV-Karte Rundfunk empfangen, Gebühren erhoben würden. In geraumer Zeit jedoch wird es möglich sein, direkt
über das Internet Fernsehen und Radio empfangen zu können. Damit wären die digitalen Angebote für jeden
Internetsurfer zugänglich. Das rechtfertigt jedoch noch keine Gebührenverplichtung, da die Einspeisung ins
Netz freiwillig erfolgt und auch nicht jeder User Rundfunkangebote nutzen wird.

Die Regelung zur "Surfsteuer", die immer wieder,
auch von Seiten des Finanzministeriums dementiert wurde, soll sie nun zum 1. Januar 2001 in Kraft treten.
Das private Surfen am Arbeitsplatz soll dann ebenso wie das Telefonieren besteuert
werden. Um die private und die dienstliche Nutzung von Internetseiten und -diensten auseinanderzuhalten,
ist eine umfassende Protokollierung aller Online-Zugriffe des Arbeitnehmners nötig. Das wiederum bedeutet:
eine umfassenden Kontrolle der Kommunikationsaktivitäten aller Mitarbeiter, auch wenn der Arbeitgeber das
private Surfen grundsätzlich untersagt. Neben der Wirtschaft kritisieren auch Datenschützer und der Bund für
Steuerzahler die geplante Besteuerung der privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz.


Von der Protestaktion der FDP klar ausgenommen seien jedoch die Pläne der EU zu einer Harmonisierung
der
Mehrwertsteuerregeln
des Dienstleistungsverkehrs im Internet. Sie klärt die steuerrechtlichen
Verhältnisse für das Online-Geschäft. Diese Regulierungen seien notwendig, um einen fairen Wettbewerb
garantieren zu können.

Auf einer Pressekonferenz betonte die FDP ihren Anspruch als " Partei der Generation @" .
Zusätzlich zur Mail-Aktion wurde eine FDP-Internet-Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich für
die privaten, als auch die kommerziellen Internet-Nutzer gleichermaßen einsetzten will.
Der Arbeitsgruppe gehören derzeit an: Hans-Joachim Otto (FDP), Dr. Günther Rexrodt (FDP),
Dr.Jorgo Chatzimarkakis (FDP, Sandra von Münster (FDP), Dr. Stefan Grüll (FDP),
Alexander Graf Lambsdorf (FDP, Dr. Detlef Eckert (EU-GD Informationsgesellschaft),
Uwe Evers (Universum Verlag), Felix Frohn-Bernau (Dooyoo.de), Bernd Harder,
Dr. Detlev Krüger (Pixelpark AG), Marcel Reichart (Venturepark AG), Karsten Schneider (Intershop AG),
Dr. Florian Schultz (Allmaxx AG) und Dr. Loretta Würtenberger (webmiles.de).

Otto sprach sich dafür aus, die größtmögliche Freiheit des
Internet von staatlichen Eingriffen zu bewahren.
Die bürokratische Distanz zwischen Bürgern und der öffentlichen
Verwaltung müsse verringert werden, indem Bürgerdienstleistungen zunehmend über das
Internet angeboten werden.
Gleichzeitig forderte Otto die Verhinderung des von der
Bundesregierung geplanten Zwangs-Urheberschutzes im Internet. Mit der beabsichtigten
Novellierung des Urheberschutzrechtes würden viele Marketingkonzepte vereitelt, da sie
es unmöglich mache kostenlose Software zum Download über das Netz anzubieten.

politik-digital sprach mit dem Initiator Hans-Joachim Otto, MdB, Vorsitzender der FDP-Internetkommission.

politik-digital: Herr Otto, warum haben Sie sich zu diesem Zeitpunkt entschlossen,
eine Aktion gegen die Internetsteuer zu starten? Braucht Herr Eichel
angesichts der Versteigerungspreise für die UMTS-Lizenzen nun kein Geld
mehr in seiner Kasse?

Hans-Joachim Otto: Wir haben die Aktion gestartet, weil Bundesfinanzminister Eichel vor zwei Tagen bekannt gegeben hat, dass er
trotz starker Kritik an der Surfsteuer festhalten will.

politik-digital: In welchen Bereichen soll eine geplante Internet-Steuer greifen?

Hans-Joachim Otto: Die Frage bitte ich an Herrn Eichel zu richten, denn er will das Internet mit ständig neuen Steuern belasten. Herr
Eichel hat sich dafür ausgesprochen, die Privatnutzung des Internet am Arbeitsplatz als sogenannten
"geldwerten Vorteil" der Lohnsteuer zu unterwerfen. Zum anderen befürwortet Herr Eichel, die internetfähigen
PC ab 2004 mit Rundfunkgebühren zu belegen. Und schließlich will er digitale Dienstleistungen europaweit mit
Mehrwertsteuer belasten.

politik-digital: Welche Punkte sprechen Ihrer Auffassung nach gegen eine solche
Steuer?

Hans-Joachim Otto: Alle neuen Steuern und Gebühren sind kontraproduktiv für die rasche Verbreitung des Internet in Deutschland.
Die Politik muss Anreize für eine stärkere Nutzung des Internet setzen statt die User abzuzocken. Die geplante
Surfsteuer würde zudem eine gigantische Bürokratie heraufbeschwören, weil jedes Unternehmen ein
"Surfbuch" führen müsste, um sämtliche privaten Ausflüge seiner Mitarbeiter ins Internet aufzuzeichnen und zu
dokumentieren.

politik-digital: Könnte eine Internetsteuer sinnvoll werden, wenn das Netz stärker an
die Stelle der herkömmlichen Medien Fernsehen und Radio tritt?

Hans-Joachim Otto: Niemand zwingt ARD und ZDF, ihre Programme ins Netz zu stellen. Ich halte es für inakzeptabel, jeden
internetfähigen Arbeitsplatz der Rundfunkgebührenpflicht in Höhe von künftig über DM 400,00 pro Jahr zu
unterwerfen, nur weil dort neben Millionen anderer Netzangebote auch ARD und ZDF ihre öffentlich-rechtlichen
Programme ins Netz gestellt haben. Die PC werden auf absehbare Zeit nicht primär als
Rundfunkempfangsgeräte genutzt.

politik-digital: Tatsache ist ja, dass manches e-commerce Unternehmen die
Mehrwertsteuer umgeht, indem im Ausland abgerechnet wird. Sollten da
nicht ein Riegel vorgeschoben werden?

Hans-Joachim Otto: Im Bereich e-commerce gibt es einen scharfen weltweiten Wettbewerb. In diesem globalen Wettbewerb dürfen
die europäischen Unternehmen nicht gegenüber US-amerikanischen benachteiligt werden. Dies gilt auch
hinsichtlich der Mehrwertsteuer. Ich plädiere daher für eine pragmatische Lösung.

politik-digital: Welchen Erfolg versprechen Sie sich von Ihrer Internetaktion? Gehen
Sie auch auf analogem Wege gegen die Steuerpläne vor?

Hans-Joachim Otto: Der Widerstand gegen Eichels Steuerpläne schwillt an. Wir sehen deshalb wachsende Chancen für unsere
Initiative und werden mit Nachdruck gegen seine weltfremden Pläne auch auf analogem Wege und
selbstverständlich auch im Deutschen Bundestag vorgehen.

politik-digital: Sie haben vor einer Weile schon einmal eine ähnliche Aktion zum Thema
"Flatrates" gestartet. War diese Aktion so erfolgreich, dass Sie die Vorgehensweise überzeugt hat?
Die Flatrate hat sich schliesslich noch nicht durchstetzen könnnen.

Hans-Joachim Otto:Unsere bisherige Netzkampagnien waren alle sehr erfolgreich und haben unbestreitbar Wirkung erzielt. Wir
sind davon überzeugt, mit dazu beigetragen zu haben, dass immer mehr Provider Flatrates anbieten. Für
Reformen braucht man einen langen Atem. Wir bleiben deshalb am Ball (und im Netz), um die
Rahmenbedingungen für das Internet in Deutschland nachhaltig zu verbessern.