(Buchbesprechung) Wie schlecht das Fernsehprogramm ist und wie böse Computerspiele sind, hört man häufig. Die Zunahme des Medienangebots bringt aber auch mehr Perlen im Programm, argumentiert David Pfeifer in seinem Buch „Klick, wie moderne Medien uns klüger machen.“ Jasmin Herbell hat das Buch gelesen.

Dieses Buch beruhigt das Gewissen. Wen bisher das Gefühl beschlich, er müsse von Zeit zu Zeit die WLAN-Karte am Computer entfernen, um seine Zeit sinnvoll zu verbringen, dem liefert David Pfeifer in seinem Buch „Klick. Wie moderne Medien uns klüger machen“ entlastende Argumente. Der Ex-Chefredakteuer des Computermagazins Konrad möchte den beständigen Warnrufen gegen neue Medien etwas entgegensetzen.
Dabei gehört der Autor, Jahrgang 1970, noch nicht zu der Generation, die mit allgegenwärtiger Technik aufgewachsen ist. In lockerem Plauderton erzählt Pfeifer von seinen ersten Kontakten mit einem Computer, dem inzwischen legendären Commodore-64 und wie dieser ihn in Ausdauer und Konzentration schulte.
Traumschiff versus Kulturzeit

Pfeifer betet in seiner Verteidigungsschrift für die neuen Medien bisweilen altbekannte Argumente nach, wie dass es zu jeder Zeit und für jedes Medium zahlreiche Kulturpessimisten gegeben habe, die den Untergang des Abendlandes nahen sahen. Aber er deckt auch neue positive Seiten auf. Selbstverständlich macht es Pfeifer auch traurig, einem „Schwachdenker namens Zlatko“ im Big Brother Container beizuwohnen, wie er zum ersten Mal von Shakespeare hört. Aber sei das wirklich dümmer, so die rhetorische Frage des Autors, als „Traumschiff“ oder „Mainz, wie es singt und lacht“?
Beides sind schließlich Sendungen, die vor 20 Jahren in der guten, alten Zeit, im Fernsehen liefen. Der gestiegene Wettbewerb mit über 30 Fernsehprogrammen habe andererseits bessere Serien und anspruchsvollere Informationssendungen hervorgebracht. Diese gegenläufigen Entwicklungen fasst der Autor mit einem schönen Satz zusammen: „Das Niveau ist an vielen Stellen gesunken, aber der geistige Anspruch ist gestiegen“.
Viel hilft viel

Ein Rechenbeispiel soll Kritikern, die sich noch an die Zeit ohne Privatfernsehen erinnern können – und damit auch ohne 9Live, aber auch ohne arte – den Wind aus den segeln nehmen: Pfeifer zählt die gesendeten Minuten an Unterhaltung, Information, Spielfilm und Kultur stellvertretend für den 19. April 1984 und den 13. April 2006 zusammen – wohlgemerkt ohne Spartensender wie ntv, CNN, etc.
Das Ergebnis: Die Sendeminuten sind von 1.415 auf 28.893 gestiegen, wobei sich der prozentuale Anteil der Unterhaltungssendungen von knapp 40 Prozent auf über 50 Prozent steigerte, während der Anteil der Informationssendungen von 40 Prozent auf etwas über 30 Prozent schrumpfte. Damit werde die 27-fache Menge an leichter Kost gesendet, aber auch die 16-fache Menge an Informationssendungen. Außerdem gebe es 18mal mehr Spielfilme, allerdings zum Preis von Werbeunterbrechungen.
An dieser Stelle kommt Pfeifers Konzept des intelligenten Mediennutzers ins Spiel, der nicht vor dem stumpfsinnigen Fernsehprogramm ausharre, sondern intelligente Serien wie die Simpons, Lost oder 24 gleich per „Video-on-demand“ oder auf DVD gucke. Für diese These führt er die satten Gewinne des DVD-Marktes an.
Alles halb so schlimm
Pfeifer kämpft auch gegen die Mär von den gewaltanimierenden Computerspielen. Tatsächlich spiele nur ein kleiner Prozentsatz brutale Spiele wie Counter Strike, das beliebteste Spiel weltweit seien hingegen die Sims. Der Simulation, in der man Menschen durch den Alltag steuert, werde sogar nachgesagt, das soziale Verhalten positiv zu beeinflussen, so Pfeifer.
In diesem Sinne arbeitet sich de Autor noch durch einige andere Aspekte der neuen Medienwelt, immer geleitet von persönlicher Erfahrung, angereichert mit Zahlen und Experten-Statements. Einige Rezensenten argwöhnen, dass Pfeifers Thesen zu sehr an Steven Johns Essay „Die neue Intelligenz“ erinnern und seiner Argumentation die Tiefenschärfe fehle.
Den geforderten Tiefgang vermisst man jedoch bei der einseitigen Debatte über die bösen Medien noch schmerzlicher, so dass man sie Pfeifers Antwort nicht vorwerfen kann. Das Buch ist ein journalistischer Schlagabtausch und keine wissenschaftliche Abhandlung – und das ist auch gut so.