Bayerischer
Wald statt Ballermann: Der Tourismus- und Luftfahrtexperte Martin
Schmied vom Öko-Institut chattete im tagesschau-Chat in Kooperation
mit politik-digital.de über den Klimakiller Flugzeug und beantwortete
Fragen der User, wie man denn guten Gewissens Urlaub machen kann.

Moderator: Herzlich willkommen,
liebe User, zu 60 Minuten tagesschau-Chat. Bei uns zu Gast ist heute
Martin Schmied, Luftfahrt- und Tourismus-Experte beim Öko-Institut.
Herr Schmied, können wir beginnen?

Martin Schmied: Ja, vielen Dank.

spitzer: Was halten Sie vom aktuellen EU-Klimakompromiss?

Martin Schmied: Das ist erfreulich, dass er zustande
kam. Aber wichtiger als das 20-Prozent-Ziel bei regenerativen Energien
ist, 20 Prozent weniger CO2 zu erreichen, was gestern schon beschlossen
wurde. Damit dies allerdings Rückwirkungen auch auf den Tourismus
hat, müsste auch der Flugverkehr miteinbezogen werden. Dazu
laufen derzeit noch die Verhandlungen.


Martin Schmied, Tourismus- und Luftfahrtexperte

rondo: Ich fliege gerne zweimal im Jahr nach Mallorca.
Was kann ich trotzdem für den Klimaschutz tun?

Martin Schmied: Grundsätzlich formuliert
ist dann vor allem eins noch möglich: tatsächlich die
Reise zu kompensieren. Hierzu gibt es verschiedene Anbieter wie
zum Beispiel Atmosfair. Hier würde dann der Hin- und Rückflug
20 Euro zusätzlich kosten, dafür führt Atmosfair
Klimaschutzprojekte in Schwellen- und Entwicklungsländern durch,
die die gleiche Menge CO2 reduzieren wie der Flug. Besser wäre
aber auch, einmal auf eine Reise zu verzichten und vielleicht auch
einen Urlaub in Deutschland oder Italien zu machen.

feldberg: Kann man Flugzeuge nicht einfach klimafreundlicher
bauen? Bei Autos scheint das doch auch zu gehen.

Martin Schmied: Da gibt es gewisse technische
Grenzen. Derzeit plant Boeing ein neues Flugzeug mit der Bezeichnung
„Dreamliner". Das soll 20 Prozent weniger Kerosin verbrauchen.
Das Problem ist, dass Flugzeuge viel länger geflogen werden
als Fahrzeuge in Betrieb sind.
Bis sich solche Flugzeuge durchsetzen, kann es 30 Jahre dauern.

Zocker: Was halten Sie von einer Besteuerung des
Flugbenzins und einer CO2-Abgabe durch die Fluggesellschaften?

Martin Schmied: Grundsätzlich wäre das
durchaus ein Schritt, da man nicht hoffen kann, dass Urlauber freiwillig
auf ihren heiß geliebten Urlaub verzichten werden. Wenn allerdings
der Flug teurer wird, wird sich der ein oder andere vielleicht doch
überlegen, wo er hinreist.

regula: Die Umweltprobleme enden doch nicht beim
Flug (Bettenburgen, Trinkwasser). Wie kann man am Urlaubsort etwas
für die Umwelt tun?

Martin Schmied: Das ist richtig. Derzeit wird
alles auf das Thema Klima und Flug reduziert. Ein weiterer Schritt
sind umweltfreundliche Hotels, die auch große Reiseveranstalter
im Angebot haben. Die sparen Wasser und Energie. Selbst kann man
vor Ort auch versuchen, sich umweltfreundlich zu verhalten, zum
Beispiel auf Mietautos zu verzichten. Aber man muss trotzdem resümieren,
dass der Flug bezogen auf die Gesamttreibhausgasemissionen bei einer
Reise den höchsten Teil ausmachen – zum Beispiel bei
Fernreisen über 90 Prozent.

weiss: Wie reagiert die Reisebranche auf umweltfreundlichen
Urlaub?

Martin Schmied: Verhalten. Es gibt einerseits
alternative Reiseveranstalter, die auch in der Vergangenheit hohe
Wachstumsraten hatten. Ihr Marktanteil ist aber verschwindend gering,
kleiner als ein Prozent. Große Reiseveranstalter bieten in
der Regel umweltfreundliche Hotels an. Das reicht in diesem Fall
aber nicht. Eigentlich müsste man andere Urlaubsregionen stärker
bewerben – die, die näher liegen. Oder auch dafür werben,
längere Reisen durchzuführen statt vieler kurzer Reisen.

Jan Kummerfeldt: Welches ist denn Ihrer Meinung
nach das umweltfreundlichste Verkehrsmittel für Fernreisen?

Martin Schmied: Für Fernreisen wäre
es tatsächlich wahrscheinlich das Schiff. Es ist allerdings
in der heutigen Gesellschaft völlig unrealistisch, dass ein
Urlauber fünf Tage per Schiff nach New York fährt. Bei
Fernreisen gibt es de facto keine Alternative zum Flug.

ÖkoUrlauber: Mit dem Flugzeug nach Übersee
in den Ökourlaub: Wie sind die Verhältnisse? Ich vermute,
dass ein Überseeflug das Gute am Ökourlaub mehr als zunichte
macht.

Martin Schmied: Das ist schwierig gegeneinander
abzuwägen. Auf der einen Seite die Treibhausgasemissionen,
die bei einer Fernreise hoch sind, und auf der anderen Seite die
wirtschaftliche Entwicklung, die in den Urlaubsregionen initiiert
wird. Gerade Ökoreise-Veranstalter versuchen, dass am Urlaub
die bereisten Urlaubsregionen gut verdienen. Das ist auch ein wichtiger
Aspekt.

cs: Denkt man rein in Kosten-Nutzen-Kategorien:
Würde eine stärkere Reglementierung des Flugverkehrs in
Richtung Klimaschutz nicht teurer (zumindest für Deutschland)
sein als die Schäden, die uns der Klimawandel bringt und mit
denen wir ja aufgrund unserer hoch entwickelten Wirtschaft vielleicht
relativ gut umgehen könnten im Gegensatz zu vielen Entwicklungsländern?

Martin Schmied: Das wäre sehr unverantwortlich
bezogen auf die Länder, die vom Klimawandel noch stärker
betroffen sind als Deutschland. Man könnte sagen: Wir Reichen
überstehen den Klimawandel gut und machen deshalb nichts. Und
den armen Ländern steht das Wasser bis zum Hals – im wahrsten
Sinne des Wortes – weil die Meeresspiegel ansteigen. Wer, wenn nicht
wir, sollte die Emissionen reduzieren?

cybersnake: Wenn wir weniger fliegen, fallen doch
mehr Arbeitsplätze weg, oder nicht? Sollten die Firmen nicht
versuchen, bessere Filter zu verwenden?

Martin Schmied: Bezogen auf CO2 gibt es keine
Filtertechnik, die im Flugzeug einsetzbar ist. So etwas wird derzeit
bei Kraftwerken diskutiert. Für diesen Fall müssen Sie
aber eine große chemische Fabrik hinter das Kraftwerk stellen.
So etwas ist beim Flugzeug überhaupt nicht möglich, allein
aufgrund der Größe.

Robinho:: Glauben Sie, durch Abschaffung von Billigfliegern
kann der CO2-Ausstoß schon verringert werden?

Martin Schmied: Durch Abschaffung der Billigflieger
nicht. Entscheidend ist ja der Preis. Es gibt ja auch immer mehr
billige Angebote von traditionellen Airlines. Alles auf Billigflieger
zu reduzieren, wäre zu einfach.

gecko: Sind viele Länder nicht vom Tourismus
abhängig und haben gerade in letzter Zeit den Umweltschutz
erkannt, um den Tourismus aufrecht zu erhalten?

Martin Schmied: Das stimmt. Aus diesem Grund ist
ein wichtiges Ziel, Qualitätstourismus in diesen Ländern
zu fördern, damit mit weniger Urlaubern genügend Einkommen
in den Ländern erwirtschaftet werden kann.

sudnews.net: Mir hat gerade vorgestern ein Tourismusmanager
gesagt, dass seine Branche Illusionen verkaufe. Wie kann ich ihm
erklären, dass die Zukunft im ehrlichen Tourismus liegt?

Martin Schmied: Indem man Geld damit verdient.
Gerade die Urlauber, die für das Thema Umwelt und Nachhaltigkeit
ansprechbar sind – das sind etwa 30 Prozent der deutschen Urlauber
– verdienen überdurchschnittlich gut und sind daher ein attraktiver
Markt für Reiseveranstalter. Daher kann man mit dieser Gruppe
Geld verdienen.

ÖkoUrlauber: Gibt es für zertifizierte
Ökoreisen (inklusive Anreise) ein Siegel?

Martin Schmied: Nein, ein pauschales Siegel gibt
es nicht. Es gibt allerdings in Deutschland einen Zusammenschluss
alternativer Reiseveranstalter unter dem Dach „Forumandersreisen
e.V.". Die Mitglieder vom „Forum Anders Reisen"
müssen Umwelt und Sozialstandards erfüllen. Damit sind
diese Reiseveranstalter durchaus eine gute Wahl. In Deutschland
gibt es die Umweltdachmarke „Viabono". Die Hotels, die
über „Viabono" angeboten werden, müssen ebenfalls
Umweltkriterien erfüllen.

rudivoeller: Was zeichnet denn eine Ökoreise
als solche aus? Wer kann das bestimmen???

Martin Schmied: Es kann eigentlich niemand pauschal
bestimmen. Aber grundsätzlich sollte eine Öko-Reise ökologisch
vertretbar sein, zur Stärkung der regionalen Wirtschaft in
den bereisten Ländern beitragen, Arbeitsplätze vor Ort
schaffen und Zufriedenheit bei den Reisenden und Bereisten ermöglichen.
Kurz: Es muss sowohl ökonomische, ökologische und vor
allem auch soziale Ziele erfüllen.

patera: Merkt man bereits ein Umdenken bei den
Kunden hinsichtlich des Umweltbewusstseins?

Martin Schmied: Bisher nicht. Es ist zwar derzeit
kurzfristig das Thema Klima in aller Munde, allerdings zeigt die
Vergangenheit, dass das Thema nicht sehr beliebt ist bei Urlaubern
und daher sehr gerne verdrängt wird. Ich hatte gerade schon
darauf hingewiesen, dass ca. 30 Prozent der Urlauber prinzipiell
ansprechbar sind für das Thema. Das heißt aber auch,
dass 70 Prozent für das Thema nicht ansprechbar sind. Bei diesen
Urlaubern wird ein Umdenken wahrscheinlich nur über eine Verteuerung
der Reise erfolgen.

nico71: Welche Alternative soll es denn zum Fliegen
geben? Das Flugzeug ist heute das ökologisch und ökonomisch
fortschrittlichste Transportmittel für Strecken ab 350 Kilometer.

Martin Schmied: Grundsätzlich hängt
die Verkehrsmittelwahl mit der Auswahl des Reiseziels zusammen.
Damit ist es tatsächlich so, dass, wer weitere Reisen macht,
das Flugzeug nutzt, weil er schnell dorthin kommen möchte.
Aber deshalb ist das Flugzeug nicht das ökologischste Verkehrsmittel.
Nehmen Sie zum Beispiel das Beispiel Norditalien. Sie fahren mit
dem PKW von Berlin in die Toskana. Dann emittieren Sie etwa 25 Prozent
weniger Treibhausgase als bei einem Flug. Was aber viel entscheidender
ist: dass in der Regel mit der Entscheidung zu fliegen auch gleichzeitig
ein weiter entfernter Urlaubsort ausgewählt wird. Um es plakativ
zu machen: Für eine Karibikreise, bei der Sie sechs Tonnen
CO2 emittieren, könnten Sie auch 40 Mal in Deutschland Urlaub
machen, wenn Sie mit dem PKW anreisen. Reisen Sie mit dem Zug an,
könnten Sie auch 80 Mal Urlaub machen.

Moderator: Eine heute oft gestellte Frage unserer
User:

takeoff: Wieso wird derzeit nur auf der Fliegerei
rumgehackt? Es ist doch eindeutig, dass pro Einzelperson und Kilometer
das Auto deutlich umweltschädlicher ist. Und auch in absoluten
Werten werden weltweit deutlich mehr Autoabgase produziert als Flugzeugabgase.
Warum fängt die Diskussion nicht beim Auto an?

Martin Schmied: Das ist ein schräger Vergleich.
Ich wollte das gerade mit diesem Beispiel verdeutlichen. Sie haben
Recht: Ein Flugzeug braucht pro 100 Kilometer und Person rund vier
Liter Kerosin, ein Auto mit zwei Personen besetzt braucht etwas
weniger. Das Problem ist aber, dass Sie mit dem Flugzeug deutlich
weitere Strecken zurücklegen. Der zweite Punkt ist, dass der
Flugverkehr stark anwächst. Allein die Auslandsflüge in
Deutschland haben sich gegenüber 1990 verdreifacht. Geht man
von den Wachstumsraten von rund drei Prozent pro Jahr weiter, dann
verdoppelt sich der Flugverkehr rund alle 20 Jahre. Rechnen Sie
das auf die ganze EU hoch, bedeuten diese Wachstumsraten, dass der
Flugverkehr allein schon im Jahr 2050 so viel CO2 emittiert wie
der gesamten EU zur Verfügung steht, damit eine Klimaerwärmung
auf zwei Grad beschränkt werden könnte. Sie dürften
also gar nicht mehr Autofahren, nicht mehr heizen, keine Produkte
kaufen.

Moderator: Was halten Sie von den Malus-Regelungs-Plänen
von Verkehrsminister Tiefensee, nach denen Airlines mit älterer
Flotte höhere Start- und Landegebühren zahlen sollen?

Martin Schmied: Es ist auf jeden Fall ein guter
Schritt. Es ist aber kein wesentlicher Beitrag im Rahmen der gerade
geführten Klimaschutzdebatte für Flugreisen. Wichtiger
wäre hier die Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel.

Martinus: Fernreisen werden immer billiger. Müssen
nicht auch die Reiseveranstalter hier etwas tun?

Martin Schmied: Die Reiseveranstalter versuchen
natürlich, ihre Reisen so billig wie möglich zu verkaufen.
Ich halte es für völlig unrealistisch, dass ein gewinnorientiertes
Unternehmen freiwillig seine Reisen verteuern würde und damit
Marktanteile an Konkurrenten verliert.

günter k: Warum wird die Bahn nicht mehr
in die Pflicht genommen?

Martin Schmied: Die Bahn könnte natürlich
mehr Reiseangebote auf den Markt bringen, zum Beispiel über
ihren Veranstalter „Ameropa-Reisen". Allerdings muss
einem klar sein, dass diese Angebote nur dann punkten können,
wenn auch Kunden sie nachfragen. Hierzu müssen Urlauber überhaupt
erstmal überlegen, ob sie in Deutschland oder im benachbarten
Ausland überhaupt Urlaub machen wollen. Nur dann haben diese
Angebote überhaupt eine Chance. Derzeit fragen sich die Urlauber
eher: Mache ich dieses Jahr Urlaub in Spanien oder in der Türkei?
Und da ist die Bahn natürlich keine echte Alternative.

test2: Gäbe es nicht auch die Möglichkeit,
die Flüge besser logistisch zu verknüpfen? Das heißt,
wenn ich von Paris nach New York fliege, sollte ich ja nicht unbedingt
über Prag fliegen. Vermutlich sind auch viele Flüge nicht
hundertprozentig ausgelastet. Wieviel Potenzial (alleine prozentual)
hat die bessere Verknüpfung?

Martin Schmied: In gleicher Art und Weise wird
derzeit ein europaweit einheitlicher Flugraum diskutiert. Ziel wäre,
unnötige Umwege zu vermeiden. Es wird geschätzt, dass
damit zwischen zehn und 15 Prozent der Emissionen eingespart werden
könnten. Dies ist ein wichtiger Schritt, aber die oben beschriebenen
Wachstumsraten fressen solche Effizienzverbesserungen schnell auf.

Rimme: Was ist gegen ein Verbot von Inlandsflügen
– abgesehen von Notfällen – einzuwenden?

Martin Schmied: Dass es rechtlich nicht möglich
ist.

nico71: Sollen nur noch Reiche weit fliegen dürfen
und der „Normalverdiener“ im verregneten Deutschland
Urlaub machen müssen? Ich kann mit der Bahn nicht nach Kapstadt
fahren!

Martin Schmied: Diese Preisproblematik ist tatsächlich
ein wichtiges Argument. Daher gehen derzeit die Überlegungen
dahin, den Luftverkehr in den Emissionshandel mit einzubeziehen.
Es soll dadurch erreicht werden, dass alle Effizienzminderungen
ausgereizt werden. Die Folge ist aber, dass die Flüge zwischen
fünf und 40 Euro teurer werden. Ich denke, dass diese Preiserhöhungen
durchaus noch im vertretbaren Rahmen sind. Langfristig werden allerdings
auch durch den Emissionshandel Flüge deutlich teurer werden.
Und damit werden Fernreisen nicht mehr für jeden bezahlbar.

fanta: Welche CO2-Ersparnis erreiche ich denn
mit einer Bahnreise gegenüber dem Flugzeug?

Martin Schmied: Ein Flug emittiert etwa 170 Gramm
CO2 pro Kilometer und Person. Mit der Bahn liegen Sie bei etwa 75
Gramm. Bei diesem Vergleich ist noch nicht berücksichtigt,
dass die Flugzeugemissionen eine deutlich höhere Klimawirksamkeit
haben. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass die Klimawirkung
bezogen auf CO2 um den Faktor zwei bis fünf höher liegt.
Das kommt daher, dass Stickoxid- und Wasserdampf-Emissionen der
Flugzeuge in Reiseflughöhe ebenfalls zum Treibhauseffekt beitragen.
Sie müssen daher die 170 Gramm eigentlich noch mit dem Faktor
Zwei multiplizieren.

Robinho:: Glauben Sie, dass wir wirklich den CO2-Ausstoß
bis 2020 um ein Fünftel verringern können? Meiner Meinung
nach ist dies nicht realistisch. Es ist auch die Frage, was es bringt,
wenn USA und China gar kein Interesse daran haben?

Martin Schmied: Ich persönlich halte überhaupt
nichts davon, immer auf andere zu verweisen, die nichts tun. Man
sollte schon vor seiner eigenen Haustüre als erstes kehren.
Wenn wir Vorreiter im Klimaschutz sind, ziehen vielleicht andere
Staaten hinterher. Und was man auch nicht vergessen darf: Durch
eine auf Klimaschutz ausgerichtete Wirtschaft kann man in Zukunft
auch viel Geld verdienen. Zur Frage, ob das Ziel erreichbar ist:
Ich denke sehr wohl. Allerdings ist der Teilbereich des Flugverkehrs
sicher einer der kritischsten.

Jonas2: Wie kann CO2 denn konkret aus der Luft
gebunden werden? Ich frage dies vor dem Hintergrund der Ankündigung
Neuseelands, CO2-neutral zu werden.

Martin Schmied: Man kann CO2 nicht aus der Luft
binden. Man kann CO2 nur reduzieren, durch Klimaschutzmaßnahmen.
Wenn Neuseeland plant, klimaneutral zu werden, heißt das,
dass Klimaschutzprojekte realisiert werden, die genau die Menge
an CO2 einsparen, die in Neuseeland emittiert wird. Ganz wichtig
dabei ist: Diese Klimaschutzprojekte können auch in anderen
Ländern realisiert werden, weil es egal ist, wo das CO2 vermieden
wird.

Moderator: Nochmal zum Stichwort „vor der
eigenen Tür kehren":

Yeti747: Ist denn eine Vorreiterrolle in absehbarer
Zeit realistisch, wenn Frau Merkel bei der Umweltverträglichkeit
unserer eigenen Autos auf die Bremse tritt und wir immer noch Kohle
subventionieren?

Martin Schmied: Das ist tatsächlich fraglich.
Sie sprechen zwei wichtige Bereiche an. Wenn wir tatsächlich
bei dieser Haltung zu diesen Themen bleiben, dann wird die Zielerreichung
schwierig.
Aber ich denke, bei Autos ist der gefundene Kompromiss durchaus
geeignet, die Treibhausgasemissionen nachhaltig zu senken.

mtu: Was sagen Sie jenen, die die Kernenergie
als Weg aus der Klimaproblematik sehen?

Martin Schmied: Die Kernenergie ist zwar CO2-arm,
aber mit Sicherheit keine Zukunftstechnologie. Unsere Anstrengungen
sollten viel stärker in die Richtung gehen, alle möglichen
Effizienzpotentiale zu erschließen und den Anteil erneuerbarer
Energien auszubauen. Ich möchte nochmals betonen: Wenn wir
Vorreiter bei diesen Technologien sind, werden wir auch ökonomisch
die Vorreiterrolle haben.

Robinho:: Mal als Fazit – kann der Einzelne wirklich
schon dazu beitragen, um den CO2 – Ausstoß zu verringern –
oder sollten sich eher die Großkonzerne an die Nase packen?

Martin Schmied: Es sollten sich beide an die Nase
packen. Aber auf jeden Fall kann der Kunde oder der Reisende selbst
viel entscheiden. Er kann sich überlegen, ob er vielleicht
länger verreist, ob er näher verreist oder ob er auf umweltfreundliche
Verkehrsmittel umsteigt. Durch Ihre Nachfrage nach entsprechenden
Reisen werden auch die Konzerne motiviert, mehr davon anzubieten.
Die Reiseveranstalter selbst sollten sich aber durchaus auch stärker
engagieren – für Klimaschutz und für die Umwelt.

Moderator: Wir sind leider schon wieder am Ende
unserer Zeit angelangt. Herzlichen Dank unseren Usern, die viele
und interessante Fragen gestellt haben. Herr Schmied, möchten
Sie noch ein Schlusswort an die Leser richten?

Martin Schmied: Ja: Ich wünsche einen schönen
Urlaub.

Moderator: Das war unser tagesschau-Chat bei tagesschau.de
und politik-digital.de. Vielen Dank für Ihr Interesse und vielen
Dank an Herrn Schmied. Das Protokoll des Chats ist in Kürze
zum Nachlesen auf den Seiten von tagesschau.de und politik-digital.de
zu finden. Das tagesschau-Chat-Team wünscht noch einen schönen
Tag!