subsidiaritaet-588508_640x320_FotorWie fühlt es sich an die Welt anders wahrzunehmen, als andere Menschen? Welche Anforderungen und Herausforderungen stellen sich dadurch – gerade im digitalen Bereich? Das Internet ist der wichtigste Informations- und Kommunikationspool der Gegenwart. Viele Informationen sind nur noch oder wesentlich einfacher durch das Internet zugänglich. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, das Internet auch für Menschen mit geistiger und körperlicher Beeinträchtigung zugänglich zu machen, Stichwort Inklusion.

Was ist Inklusion

Mit Inklusion ist das autonome und gleichberechtigte Zusammenleben aller Menschen gemeint. Der Mensch wird dabei als Individuum und die Gesellschaft als eine heterogene Mischung vieler Individuen verstanden. Außer Acht bleiben dabei gesellschaftliche Normen, durch welche Menschen kategorisiert und zum Teil stigmatisiert werden. Das bezieht sich vor allem auf die Einteilung von Menschen nach ihren Eigenschaften, Besonderheiten oder anderen Merkmalen. Eine solche Einteilung birgt die Gefahr des gesellschaftlichen Ausschlusses. Eine inklusive Gesellschaft versucht, diese individuellen Unterschiede zwischen den Menschen nicht zu beseitigen, sondern zu einem heterogenen Ganzen zu verbinden.

Damit stellt sich Inklusion den Forderungen nach einer homogenen Gesellschaft entgegen und tritt für ein gemeinsames Zusammensein in allen Lebensbereichen ein. Das spiegelt sich nicht nur in Schulen, Universitäten oder Ausbildungsstätten wider: neben diesen institutionellen Formen der Inklusion ist sie auch fester Bestandteil des Alltags geworden. Das zeigt sich beim Einkaufen, Kino- oder Theaterbesuchen, die Menschen mit verschiedenen körperlichen und geistigen Anforderungen ermöglicht werden müssen. Inklusion setzt demnach bei der Tatsache an, dass jeder Mensch ein Recht auf ein gleichberechtigtes Leben hat ohne sich einer Norm anpassen zu müssen.

Inklusion im Internet: Wo anfangen?

Im Rahmen der Inklusion gibt es vielfache Fragen und Herausforderungen, die aus den konkreten Anforderungen entstehen. Wie erleben zum Beispiel Menschen mit Seh- oder Höreinschränkung das Internet? Wie muss die Schriftgröße sein? Wie können Kontraste besser wahrnehmbar gemacht werden? Welche Möglichkeiten gibt es, Musik „hörbar“ zu machen oder Texte „sichtbar“?

Weitere Aufgaben stellen sich bei Menschen mit geistigen oder anderen körperlichen Behinderungen. Einige Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen können beispielsweise teilweise nur die Pfeil-Tastatur nutzen. Bei geistigen Beeinträchtigungen besteht ein Defizit in der Rezeption von Texten. Daraus ergibt sich die Frage, wie Texte gestaltet sein müssen, damit sie diesen Ansprüchen gerecht werden?

Bereits dieser kurze Überblick, zeigt, welche unterschiedlichen Probleme bei der Inklusion im Internet auftreten. Ziel ist die Barrierefreiheit im Internet. Mögliche Maßnahmen müssen sich also gegen konkrete Zugangsbarrieren richten.

Erste Schritte in die richtige Richtung

Die Studie „Chancen und Risiken des Internets der Zukunft aus Sicht von Menschen mit Behinderungen“ setzt sich in Interviews und Online-Befragungen mit dem Thema Inklusion und Web 2.0 auseinander. Der Großteil der Befragten hatte eine Seh- oder Hörbehinderung. Die Studie zeigte, dass Menschen mit Beeinträchtigung das Internet überdurchschnittlich oft nutzen. Es erleichtert ihnen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben und kann zum Teil auch behinderungsbedingte Nachteile kompensieren.

Als relevanteste Barriere im Umgang mit dem Internet wurden folgende Aspekte genannt: Captchas, Sprache, Inkonsistenz, Nutzerführung.

Diese Barrieren umgehen öffentliche Einrichtungen, indem sie beispielsweise Texte auch in leichter Sprache anbieten. Zugleich werden Gebärdensprache und eine Vorlese-Option angeboten. Jedoch bezieht sich das Angebot weitestgehend auf die Seiten öffentlicher Einrichtungen. Offen bleibt weiterhin, wie eine umfassende Lösung zu einem barrierefreien Internet aussehen kann.

Inklusion auf europäischer Ebene

Diese Herausforderungen der Inklusion im Internet stellen sich nicht nur in Deutschland, sondern auch auf europäischer Ebene. In der Europäischen Union leben knapp 80 Millionen Menschen, die mit den Problemen eines nicht-barrierefreien Zugangs konfrontiert sind. Die Bedeutung der Inklusion für die EU kommt in der UN-Behindertenrechtskonvention (CRPD) zum Ausdruck. Die CRPD legt den Fokus auf die Selbstbestimmung und Teilhabe aller Menschen an einer gemeinsamen Gesellschaft.

Auf der Grundlage der Konvention erarbeitete die Europäische Kommission ein Strategiepapier zur Inklusion von Menschen mit Behinderung. Es bezieht sich auf acht Felder, die den Zugang, Teilhabe, Gleichheit u.a. betreffen. Ein Programm zur Inklusion ist EUCREA, mit dem das kreative Handeln von Menschen mit Behinderung gefördert wird. Das Ziel von EUCREA ist, Programme zu entwickeln und zu fördern, die sich mit inklusiven Formaten in der Kunst beschäftigen. Dazu gehört auch die Unterstützung von Weiterbildungsmöglichkeiten für professionelle KünstlerInnen mit Behinderung.

Ein weiteres europäisches Netzwerk ist Neue Wege zur InklUsion, an dem 20 Partnerorganisationen beteiligt sind. Dazu gehören Universitäten wie auch Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen. Auch mit diesem Programm sollen Angebote für ein selbstbestimmtes Leben aller BürgerInnen entwickelt und implementiert werden.

Lösungen finden – Lösungen umsetzen

Abseits dieser Programme fehlt es jedoch oftmals an praktischen Ansätzen und einer generellen Umsetzung. Als wichtigste Punkte gelten die Vereinfachung der Sprache wie auch der Einbezug von Bildern. Das wird auch von der Aktivistin Petra Groß betont, die sich bereits seit langem für die Einbeziehung Leichter Sprache in der Gesellschaft einsetzt. Viele Sätze seien aufgrund ihres langen Satzbaus oder der verwendeten Fremdwörter nur schwer verständlich. So sind z. B. Wahlprogramme für einige Menschen unverständlich. Ein Lösungsansatz ist die Verwendung von Bildern, die dem Leser einen vereinfachten Zugang zum Text bieten, erläutert Groß.

Beide Aspekte von Inklusion müssen sowohl für Soziale Netzwerke wie auch für Verkaufsportale gelten, die zu den wichtigsten Formen der Internetnutzung gehören. Insbesondere „müsste es einen rechtlichen Schutz bei dem Einkauf“ auf verschiedenen Verkaufsportalen geben, betont Groß. Hier liegen rechtliche Lücken, da sich der Nutzer der Tragweite seines Handelns nicht bewusst ist oder Verkaufsprozesse zu intransparent gestaltet sind.

Insgesamt fehlt es noch immer an einer umfassenden Umsetzung von Inklusion im Internet, die mehr die Ausnahme als die Regel ist. Der Zugang zu Webseiten muss jedem Menschen offenstehen – unabhängig von den persönlichen Voraussetzungen. Es bedarf also keiner abstrakten Generierung neuer Programme oder Webseiten für Menschen mit Beeinträchtigungen, sondern einen inklusiv gestalteten Zugang der bestehenden Angebote. So kann das Internet nicht nur Plattform, sondern auch Motor einer inklusiven Gesellschaft sein.

Bild: Sebastian Werth, CC BY-SA 2.0

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