Der Juli kündigte schon ein gewaltiges
Sommerhoch an. Im August spitzten sich die Temperaturen weiter zu. Knapp vier
Wochen vor der Hamburger Bürgerschaftswahl ein Blick gen Himmel. Sonnenbrille
empfehlenswert.

Als zu bescheiden
im Vergleich zu ihren Großstadtnachbarn in Berlin wurden die Hamburger
schon oft getadelt. Ihrer Bürgerschaftswahl können die Hanseaten aber
schon jetzt das Prädikat "Äußerst spannend" aufdrücken. Der Wahlkampf
in der Elbmetropole steht dem Machtgerangel rund um das Rote Rathaus in
keiner Weise nach. Der September verabschiedet den Sommer und läutet
die letzte entscheidende Runde des norddeutschen Wahlkrimis ein. Die
Hamburger Wähler halten das Ende aber weiterhin spannend – ein Finale
furioso und curioso ist nicht mehr auszuschließen.

Die neuesten
Umfragen haben es in sich: Die rot-grüne Regierungskoalition liegt in
jedem Fall hinter den Oppositionsparteien. Nach den Befragungen des
Meinungsforschungsinstitutes Forsa kommen SPD und Grün-Alternative
Liste (GAL) auf 44 Prozent der Stimmen, der sogenannte Bürgerliche
Block aus CDU, FDP und Schill-Partei auf 48 Prozent. Auch die Umfrage
von Infratest/Dimap sieht das amtierende Bündnis bei 45 Prozent, die
Opposition hingegen bei 49 Prozent. Im Juli ermittelten die Demoskopen
noch einen hauchdünnen Vorsprung für Ortwin Runde und seine grünen
Regierungspartner.

Ein immer schwereres Gewicht in der politischen Machtwaage bekommt der Newcomer
Ronald
Barnabas Schill
und seine Partei Rechtsstaatlicher Offensive. Ihm werden
mittlerweile 15 Prozent der Stimmen zugesprochen. Analysten gehen gar von weiterem
Potenzial aus. Die FDP, laut den vergangenen Umfragen noch sicher im Senat mit
hoffnungsvollen acht Prozent, sieht sich plötzlich an der Fünf-Prozent-Hürde
straucheln. Die beiden großen Parteien CDU und SPD verlieren Prozentpunkte und
liegen mit 28 und 34 Prozent deutlich unterhalb ihres Wahlergebnisses bei der
Bürgerschaftswahl 1997, bei der noch 30,7 und 36,2 Prozent erreicht werden konnten.
Die Hamburger Sozialdemokraten scheinen damit selbst ihr schlechtestes Resultat
seit Kriegsende noch zu unterschreiten. Krista
Sager
und ihre GAL kann scheinbar sicher auf ein Wählerpotential um die
zehn Prozent bauen, was jedoch weiterhin unterhalb den zuletzt amtlichen 13,9
Prozent liegt. Die abgespaltene Grüne-Gruppe Regenbogen und die DVU liegen bei
drei Prozent, die Statt-Partei bei lediglich 0,5 Prozent.

Chaotische Hamburger Verhältnisse. Auch Bürgermeister Runde
kann nach Höhenflügen in den vorherigen Monaten im besten Fall noch einen zarten
Zwei-Punkte-Vorsprung auf seinen christdemokratischen Kontrahenten vorzeigen.
Laut der Infratest/Dimap-Umfrage hat Oppositionsführer Ole
von Beust
den Amtsträger bereits hinter sich gelassen. Von Amtsbonus kein
Spur. Für Torschlusspanik und Siegerkür ist die Zeit aber noch keineswegs reif.
Die Protagonisten des Hamburger Wahlkampfes können vor allem auf eines hoffen:
Im August konnten sich 37 Prozent der Wähler nicht entscheiden, für welche Partei
sie ihr Kreuzchen abgeben werden. Im Juli waren es noch 25 Prozent. Für alle
Lager bleibt somit noch Zeit für die richtige Überzeugungsarbeit.

Für die politischen
Wetterfrösche lohnt sich ein Blick in die Kiste mit den
Bauernweisheiten: "Im August viel Höhenrauch, folgt ein strenger Winter
auch". Ein Schalk wer nun schon so weit denkt. Noch bleibt die
Sonnenbrille griffbereit – es herrscht akute Blendgefahr.