Die Strategien zur Kontrolle der Internetnutzung in

autoritären Staaten unterscheiden sich von Land zu

Land. Eine Doktorarbeit befasst sich mit dem Thema.

Das rasante Wachstum des Internet in den vergangenen Jahren führte zu zahllosen Spekulationen über die Auswirkungen dieses neuen Mediums auf unsere ökonomischen, sozialen und auch politischen Lebensbedingungen. Zahlreiche Politiker und Experten betrachten das World Wide Web als globale Plattform für die Meinungsfreiheit.

Doch ist das Web tatsächlich weltweit Demokratie fördernd, oder werden vorhandene Machtstrukturen mit der Hilfe des Internets unterstützt und ausgebaut? Welchen Einfluss nehmen autoritär geprägte Staaten auf das Internet? Eine genaue Betrachtung zeigt, dass die Ansätze sehr stark variieren. So kommen neben medienpolitisch motivierten Maßnahmen auch ökonomische Einflussfaktoren zum Tragen, denn der Wirtschaftssektor der Informations- und Kommunikationstechnik gewinnt zunehmende Bedeutung im internationalen Wettbewerb.

In zahlreichen Staaten sind für viele Bürger bereits die finanziellen Hürden für die Internetnutzung unüberwindlich, so dass die Kommunikationsangebote des Web nur von einer zahlenmäßig kleinen Internet-Gemeinschaft genutzt werden. Mit gezielten Maßnahmen wie etwa Registrierungspflichten für Surfer, Lizenzierungsvorschriften für Internet-Provider, prohibitiven Onlinekosten oder Einschränkungen beim Erwerb von Computer und Modem lässt sich die Nutzerzahl auf einen elitären Kreis beschränken. Zudem kann der weltweite Informationsaustausch durch eine landesbezogene Netzwerkstruktur mit kontrollierten Knoten zum Ausland unterbrochen werden. Dies vereinfacht eine Strafverfolgung innerhalb des eigenen Nationalstaates und führt zu einer „erfolgreichen“ Selbstregulierung.

Auf ein Beispiel von vielen macht die
Meldung „Chinas Internetpolizei zensiert Hochschulforen“ aufmerksam. Anonyme Beiträge in Online-Foren sind nicht mehr erlaubt, Außenstehende erhalten keinen Zugang. Eine
Studie von Wissenschaftlern der Universitäten Harvard und Cambridge (USA) sowie Toronto (Kanada) zeigt das Ausmaß der Zensur in China. Die Veröffentlichung tagesaktueller News erfordert eine staatliche Lizenz. Wer diese nicht besitzt, darf lediglich die bereits veröffentlichten und geprüften Meldungen übernehmen. Posts bei Weblog-Providern werden auf Schlüsselwörter untersucht und bei problematischen Einträgen abgeändert oder gelöscht. Abfragen internationaler Suchmaschinen werden gefiltert und führen bei unzulässigen Suchbegriffen zu Fehlermeldungen, die eher Serverprobleme vermuten lassen als die tatsächlich dahinterstehende Sperrung der Seite.

In anderen Staaten wie Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten (UAE) sind die Filtermaßnahmen transparent dargestellt. Hier liegt ein Schwerpunkt der Zensur auf der Verhinderung pornografischer Inhalte, unerlaubter Glücksspiele und religionsbezogener Diskussionen. Nutzer werden beim Versuch des Zugriffs auf unerwünschte Inhalte auf die Sperrung der Seite hingewiesen. Das Vorgehen bei der Kontrolle ist in Saudi-Arabien von Transparenz gekennzeichnet und wird von der zuständigen
Internet Services Unit erläutert. Wenn ein Nutzer der Meinung ist, dass die Website fälschlicherweise blockiert wurde, kann er einen entsprechenden Hinweis an den Administrator senden. Dies führt zu einer höheren Akzeptanz der Kontrollmaßnahmen, wie eine Kunden-Umfrage des Unternehmens EIM aus den
UAE vermuten lässt. Mehr als die Hälfte der Befragten befürworteten die Nutzung eines Proxy-Servers zur Filterung und erklärten, dass ihre Familien dadurch sicherer im Internet surfen können.

Sicherlich lassen sich die Kontrollmaßnahmen in manchen Bereichen umgehen. So ist die Nutzung von Diensten zur Anonymisierung, des Google-Caches mit zwischengespeicherten Seiteninhalten oder die direkte Einwahl per Telefon bei einem ausländischen Internet-Provider manchmal möglich, um Websites trotz einer Blockade der offiziellen Internetadresse zu erreichen. Doch das fehlende Hintergrundwissen lässt die Mehrheit der Surfer an den errichteten Hürden scheitern.

Eine reine Beschränkung der Zugangsmöglichkeiten ist jedoch angesichts der wirtschaftlichen Möglichkeiten des Internets fragwürdig. So sind mittlerweile auch in anderen Gebieten restriktiven Staaten zahlreiche staatliche Dienstleistungen online verfügbar. Mit
Angeboten wie einem „Internet-based distance training for Saudi professional women“ wird in Saudi-Arabien der Tatsache Rechung getragen, dass der Anteil weiblicher Surfer sehr hoch ist. Das Web bieten den Frauen eine der wenigen Möglichkeiten der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Die Förderung öffentlicher Internetprojekte und entsprechende Ausbildungsangebote forcieren eine diskrete Lenkung der Online-Nutzer hin zu lokalen und damit leichter zu kontrollierenden Inhalten.

Mit entsprechendem Aufwand erscheint es durchaus möglich, die Grenzen autoritärer Staaten auch in einem Medium wie dem Internet einzuzeichnen und die zunehmende ökonomische Nutzung des Netzes von einer weitergehenden Demokratisierung zu trennen.