Journalistische Blogger

Die Boogies, das sind in erster Linie Carsten Schütte und Lars Diederich. „Opinio” war ihre Idee. Sie haben beide lange bei der G+J-Wirtschaftspresse gearbeitet. Schütte zuletzt als Leiter der Marketingabteilung, Diederich als Anzeigenleiter. „Eigentlich wollten wir unser eigenes Magazin aufziehen”, erzählt Diederich. Sie hatten ihre Idee und gründeten „Boogie Medien”. Das war Anfang 2004, „damals war der Begriff weblog noch sehr nebulös.” Die Reality-Formate waren stark im Kommen, aufAmazon.de gab es auf einmal Buchrezensionen der Kunden, überall im Internet fanden sich Reiseberichte. „Wir wollten wissen was die Leute in der Region bewegt, ihre Geschichten und ihr Wissen erfahren. Und die Blogger-Idee mit journalistischen Aspekten verzahnen.” Er wird deutlicher: „Die typischen redaktionellen Aufgaben, also die Qualitätsfilterung und Selektion nach Relevanz, sollten auf das Konzept des Printproduktes übertragen werden.” Mit dieser Idee sind sie in der deutschen Verlagslandschaft hausieren gegangen, dann hat die „Rheinische Post” zugegriffen.

Bei „Boogie Medien” in Hamburg wird die Beilage layoutet, sie machen die Schlussredaktion, aktualisieren auch die Landkarte, die auf Seite drei jeder Ausgabe erscheint. Sie zeigt das Verbreitungsgebiet der RP, zwischen Kleve und Wermelskirchen sind alle Autoren des Heftes eingezeichnet. „Die Karte ist ein wichtiges Element für die Community und steht für gemeinsames Erleben in der Region.” Dass ihre Idee bei der zweitgrößten lokalen Abozeitung in Deutschland gelandet ist, erscheint da nur logisch. Varianten ihrer Idee bieten sie anderen Verlagen an. Und: „Was den lokalen Aspekt angeht, da ist der Citizen Journalism in den USA auch nicht viel weiter als bei uns.”

Passend zum Businessprofil

Oliver Bargfeld, der Produktmanager der PR, ist über die US-Szene des Bürgerjournalismus gut informiert. Das sei im Sommer 2004 auch in Deutschland nichts Exotisches mehr gewesen. Er kennt die beiden Boogies und ihre Geschichte schon länger: „Carsten Schütte hat mir die Idee bereits vor drei Jahren erzählt.” Damals war Bargfeld noch bei der Düsseldorfer Werbeagentur BBDO, Schütte hat auch einmal dort gearbeitet. Bargfeld war Geschäftsführer und kümmerte sich um die Neudefinition der „Dachmarke RP”. Im September 2004 wechselte er ganz zum Verlag. Ein Produktmanager in einem Zeitungshaus, das hält er nicht für ungewöhnlich. „Das Geschäftsmodell einer Tageszeitung ist nicht unendlich ausbaubar, das wissen wir alle.” Man muss kreativ sein, die ,,Opinio”-Geschichte hatte er noch im Hinterkopf, als er zur RP wechselte. „Da haben wir gesagt, dann machen wir das eben bei der ,Rheinischen Post’.

Es war die richtige Gelegenheit und der richtige Zeitpunkt.” Die Studien, in seiner Sprache: „Scree-nings”, „MaFos” und „Case Studies”, gaben ihm Recht: „Der Kunde will das, das passt in unser Business-Profil, es gibt einen Markt dafür.” Ein Jahr nach dem ersten Kontakt zwischen den Boogies und der RP, mussten sie ihren Plan der Realität anpassen, die Erscheinungsweise ändern: Die Vermarktungsstrategie ging nicht auf. Statt alle zwei Wochen erscheint das Magazin nur noch einmal im Monat, dafür hat „Opinio” jetzt einmal wöchentlich eine Seite in der Tageszeitung.

Redaktion als Kreativteam

Aber, betont Bargfeld, man halte an dem Produkt fest. Ziel sei, noch authentischer zu werden, stärker ins „Regionale, Lokale, die Straßenzüge” rein zu gehen. „Wir brauchen die Redaktion als Kreativteam, das ist wie damals in der Agentur”, sagt Bargfeld. „Wenn zwei Welten aufeinander treffen”, sagt Torsten Casimir, „müssen sie so lange diskutieren, bis sie eine Welt werden.” Es ist eine Welt mit vielen Sprachen: Der Leser, der Autor, der User, sagt Popp-Sewing, er kann sich nicht entscheiden. Der Leser, sagt Casimir, der Verbraucher, sagt Diederichs, der Prosument, sagt Bargfeld. „Ich”, sagt janvanleckwitz.


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Dieser Artikel erschien ursprünglich in “Redaktion”, dem Jahrbuch für Journalisten. Es ist Teil des Lokaljournalistenprogramms der
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