Copyright: Steve Rhode via Flickr (CC BY-NC-ND 2.0) Das neue Jahr ist gerade einmal wenige Tage alt, da wird schon gewählt. Im viertbevölkerungsreichsten Bundesland arbeiten die Parteien daran, die Wähler für sich zu gewinnen. Während unser Autor Tobias Schwarz die netzpolitischen Forderungen der Parteien unter die Lupe nimmt, untersucht dieser Artikel die Auftritte der Parteien im Netz. Was haben CDU, SPD, FDP, Bündnis 90 / Die Grünen, die Linke und die Piratenpartei zu bieten?

Fernseh- und Radiospots

Alle sechs Parteien stellen ihre Fernseh-, Kino- und Radiospots ins Internet, einige Parteien haben sogar ihren eigenen YouTube-Kanal. Bewegte Bilder sind auch im Netz ein Blickfang und die Parteien haben sich darauf eingestellt. Dabei wird mit verschiedenen Typen von Spots gearbeitet: gezielte Ansprache von Politikern in die Kamera, die Erzählerstimme aus dem Off oder die Darstellung von „ganz normalen Leuten“, die ihre Meinung artikulieren. Exklusivmaterial, das nur online zu sehen ist, wird auch geboten: So veröffentlicht z.B. die CDU ein Video-Grußwort ihres Generalsekretärs Ulf Thiele, der SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil offeriert eine tägliche YouTube-Kolumne, die Grünen zeigen ihr Spitzenpersonal Anja Piel und Stefan Wenzel beim „Stresstest“ und die Linke bietet ihr Wahlprogramm als Hörbuch an.
In erster Linie konzentrieren sich die Parteien jedoch darauf, die Beiträge aus dem Rundfunk auch im Netz anzubieten. SPD und Grüne veröffentlichen zudem Videos mit Gebärdensprache. Offensichtlich denken sie weiter und wollen ihre Botschaften einem größeren Kreis von Rezipienten zugänglich machen.

Fotos und Bilder

Eher unspektakulär sind die Angebote an Fotos und Bildern, die die Parteien in Niedersachsen ihren Website-Besuchern anbieten: Häufig handelt es sich um Fotos von Rednern oder Momentaufnahmen von (Partei-)Veranstaltungen, die eher den Eindruck einer Pflichtübung hinterlassen als dass sie Nutzern das Gefühl einer lebendigen Atmosphäre vermitteln. Bemerkenswert ist auch der unterschiedliche Umgang der Parteien mit den Bildern, die sie hochgeladen haben. Während bei CDU und FDP offensichtlich alle Veröffentlichungen unter „Alle Rechte vorbehalten“ stehen, bieten ihre Konkurrentinnen von SPD, Grünen und Linken ihre Fotos durchweg unter einer Creative Commons-Lizenz an, die die Weitergabe der Bilder unter Autorennennung erlaubt. Eine Verbreitung der Bilder ohne CC-Lizenz erweist sich praktisch als schwierig. Von den Piraten finden sich bei Flickr keine offiziellen Fotos des Landesverbands.

Plakate und Handzettel

Auch bei Flyern und Wurfzetteln ist ein ähnliches Vorgehen zu erkennen wie bei den Wahlkampfvideos: In erster Linie werden Offline-Inhalte und -Formate auf der Partei-Homepage offeriert. Bemerkenswert ist, dass CDU, Grüne und Linke ihre Handzettel auch in Fremdsprachen anbieten, um so Deutsche mit Migrationshintergrund leichter erreichen zu können.

Wahlprogramme

Ein Klassiker, der auf einer Parteihomepage zur Landtagswahl nicht fehlen darf: das Wahlprogramm. Zwar hat sich die CDU die Mühe gemacht, ein Programm auf Niederdeutsch zu verfassen, doch eine Version in leichter Sprache – welche einen barrierefreien Zugang zu den Inhalten ermöglichen würde – findet sich auf ihrer Seite nicht. Ebenso wenig bei FDP, Piraten und der Linken. Dagegen offerieren SPD und Grüne ihr Wahlprogramm in leichter Sprache.

Newsletter

Die elektronische Infopost in Form des Newsletters bleibt ein Evergreen der politischen Kommunikation. Die CDU platziert ihn prominent auf die oberste Ebene ihrer Homepage. Bei SPD, FDP und Piraten findet man ihn im Untermenü. Die Grünen offerieren einen Newsletter ihrer Fraktion im Landtag. Die Linke bietet zwar nicht direkt einen Newsletter an, allerdings kann man im Kontaktformular anklicken, dass man mit der „Zusendung von Informationen“ einverstanden ist.

Interaktionsformen vorhanden, aber ausbaufähig

Informationsangebote sind auf den Parteienseiten ausreichend zu finden. Doch sprechen die Parteien auch diejenigen an, die sich nicht nur über Wahlkampfauftritte und Slogans informieren wollen, sondern auch aktiv werden möchten?

Apps

SPD und Piraten bieten Smartphonenutzern Apps zum kostenlosen Download an. Die Sozialdemokraten bieten sogar gleich zwei Stück an: die Weil-App (iOS, Android) und die Niedersachsen-App (iOS). Damit wagt die SPD eine kleine Innovation: Hält man sein Smartphone mit eingeschalteter Weil-App vor ein Plakat, tritt Herr Weil scheinbar aus dem Plakat heraus und erläutert in weniger als einer halben Minute das Anliegen seiner Partei, natürlich inhaltlich abgestimmt auf das jeweilige Plakat. Weitere Funktionen sind z.B. das Kontaktieren von Kandidaten und das Aufrufen von Plakaten.
Die Piraten offerieren die „Piraten Karte“ (iOS, Android), mit deren Hilfe Plakate und Kandidaten aufgerufen werden können. Auch lässt sich damit online spenden.
Eine neue und ansprechende Idee. Die Zukunft wird zeigen, ob Nutzer diesen neuen Vertriebsweg politischer Werbung nutzen werden.

Briefwahl

Natürlich geht es den Wahlkampfverantwortlichen am Ende darum, den Nutzer respektive den Bürger zur Stimmabgabe für die eigene Partei zu bewegen. CDU und Grüne hatten hierzu den Aufruf zur Briefwahl prominent auf der ersten Ebene ihrer Homepage platziert, inzwischen aber entfernt – vermutich dem nötigen Vorlauf einer Briefwahl (Postwege) geschuldet. Bei der SPD muss man etwas suchen, bis man geeignete Hinweise hierzu findet, während man bei FDP und Piraten keine Informationen über die Briefwahl erhält. Fast wirkt es so, als befänden sich Briefwähler nicht im Fokus dieser Parteien.

Online-Spenden

Hinweise oder Aufrufe zur Online-Spende hat jede Partei auf ihrer Website. Doch sind sie – etwa im Vergleich zu US-amerikanischen Seiten – nur zurückhaltend eingebaut. Erstaunlich, dürfte man doch annehmen, dass so mit vergleichsweise geringem Aufwand Mittel zur Finanzierung des Wahlkampfes akquiriert werden könnten. Eine Erklärung kann darin liegen, dass die Parteien möglicherweise annehmen, die zu erwartenden Spenden würden gegenüber der staatlichen Parteienfinanzierung vergleichsweise gering ausfallen.

Unterstützerwerbung

Angenommen, jemand hat sich über die politischen Angebote informiert und möchte „seine“ Partei im Wahlkampf unterstützen, allerdings ohne sofort Mitglied zu werden: Welche Angebote halten die Parteien für diese Zielgruppe bereit?
CDU, SPD und Linke sprechen die Gruppe Interessierter nicht direkt an. Zwar gibt es Formen der Zuwendung wie „Mitglied werden“ (s.u.) oder Online-Spenden (s.o.), doch muss man als freier Unterstützer die Initiative ergreifen und z.B. einen Kreisverband kontaktieren, um sich einzubringen. Dagegen werden FDP, Grüne und Piraten auf ihrer Homepage deutlicher, indem sie schon vorab skizzieren, inwieweit sich ein Unterstützer einbringen kann (Mailinglisten, Vorfeldgruppen). Die FDP nennt hier etwa ihre „Freiwilligen-WG“, die Grünen laden ein zu „Meine Kampagne“ und die Piraten verweisen auf „Liquid Feedback“. Insbesondere die großen Parteien entfalten hier nicht das Potenzial, das sie erreichen könnten, würden sie ihren Fokus über den Kreis ihrer Mitglieder hinaus erweitern.

Mitgliederwerbung

Das Werben um neue Mitglieder nutzen (oder besser: nutzten) – wenig überraschend – alle Parteien im Internet. Der Button zum Mitgliedsantrag ist prominent auf der Startseite fast jeder Parteien-Website platziert. (Lediglich bei der Linken ist die Schaltfläche zum Mitgliedsantrag inzwischen von der Website verschwunden.) Ein weiteres Indiz dafür, dass sich Parteien in erster Linie über ihre Mitglieder definieren.

Vernetzungstools für Mitglieder

Wie nutzen Parteien das Netz, um sich intern auszutauschen und zu organisieren? CDU und Grüne verlinken direkt von ihrer Homepage auf einen passwortgeschützten Bereich („CDUplus“ bzw.„Wurzelwerk“), in dem Mitglieder und Unterstützer miteinander kommunizieren und sich organisieren. Die SPD bietet mit „printBOX“ ein Werkzeug an, das zum Herstellen von Werbematerial im Corperate Desgin für SPD-Gliederungen und -Kandidaten dient. FDP und Linke haben zumindest auf ihren Websites ein solches Tool nicht sichtbar platziert.

Schlussfolgerungen

Die Parteien nutzen Homepages in diesem Landtagswahlkampf vorrangig zur Information von Wählern, ähnlich einer Einbahnstraße – doch Ansätze einer interaktiven Kommunikation sind erkennbar.
Vor allem werden seitens der Parteien Inhalte, die im Offline-Wahlkampf genutzt werden, zweitverwertet und online gestellt, wie z.B. Spots, Bilder oder Handzettel. Daneben werden spezielle Online-Inhalte angeboten, um die eigene Website für einen Besuch attraktiv zu machen. Auch werben die Parteien teilweise mit Angeboten in Gebärdensprache oder Fremdsprachen, um Wähler anzusprechen. Die auf Flickr gezeigten Fotos vermitteln jedoch kaum Atmosphäre und wirken häufig wie eine Pflichtübung. Zudem stehen sie bei CDU und FDP nicht unter einer CC-Lizenz und sind damit in ihrer Verbreitung gehindert.
Formen der Interaktion existieren, werden aber noch nicht ausreichend genutzt. Häufig scheint die Interaktion immer noch auf den traditionellen Stammwähler zugeschnitten zu sein. Nicht-Mitglieder für die Parteiarbeit zu gewinnen oder zum Spenden zu animieren, wird von den Parteien offensichtlich nur zaghaft erwogen. Die Parteien nutzen folglich noch nicht das Potenzial, über ihre Mitglieder hinaus Menschen anzusprechen oder ihre Mitglieder durch Internettools besser miteinander zu vernetzen.
Auffallend bis irritierend wirkt die Konzeption mancher Internetauftritte: SPD, Linke und Piraten haben zusätzlich zur Seite ihres Landesverbandes eine separate Wahlkampfseite eingerichtet. Doch lediglich bei der Linken erschließt sich die Aufteilung auf Anhieb: Alles zur Wahl gibt es auf der Kampagnenhomepage, alles Weitere auf der Seite des Landesverbandes. Bei SPD und noch stärker bei den Piraten wird nicht auf den ersten Blick klar, ob die Inhalte beider Homepages identisch sind oder sich unterscheiden. Und falls sie sich unterscheiden, auf welcher Seite welche Information abgelegt ist. Das verwirrt den Besucher. Verständlicher wäre eine strikte Aufteilung oder eine einfache Weiterleitung von einer URL auf die andere.
Bemerkenswert ist zudem, dass zur Landtagswahl auch mit Niedersachsen-fernen Themen geworben wird. Die FDP feiert auf ihrer Homepage das Ende der Praxisgebühr – einem bundespolitischen Thema. Und die Piraten werben damit, dass der Untersuchungsausschuss zum Flughafen BER im Berliner Abgeordnetenhaus von einem Piraten geleitet wird. Den Rückschluss zur Landtagswahl muss der Website-Besucher selbst ziehen.
CC-BY-SA-Lizenz

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