Ist das Urheberrecht zu restriktiv? Immer mehr Inhalte im Internet werden unter alternative Lizenzen gestellt. Nun startete “Creative Commons Deutschland” mit seiner Lizenz.

Die Creative Commons Lizenz gibt es nun auch für Deutschland. Mit einer großen Abendveranstaltung wurde diese am 11. Juni auf dem Wizard of OS 3 Kongress vorgestellt. Nun können Urheber juristisch abgesichert auf einen Teil ihrer Rechte verzichten.

Superstar Lawrence Lessig

Juristendeutsch ist langweilig, aber Juristen können gut reden. Dies bewies US-Rechtsprofessor Lawrence Lessig unter Beifall. Lessig ist Autor des Buches “Free Culture”, Gründer der Creative Commons und des Open Law Projects und populärer Kritiker des amerikanischen Copyright. Die Kultur des 20. Jahrhundert ist für ihn eine “Couch-Potatoe”-Kultur. Man habe im 20. Jahrhundert nur konsumiert, aber dies werde sich ändern. Multimedial möchte er die Existenz einer Remix-Kultur beweisen. Das Publikum mochte besonders ein Video, in dem Bush und Blair mit den Stimmen von Lionel Richie und Diana Ross die Ballade ”
Endless Love” singen, eine Anspielung auf die gespannte Situation nach dem Irak-Krieg. Nach Lessig wäre eine solche Darstellung mit einem restriktiven Copyright-Gesetz nicht möglich.

Was ist Creative Commons

Den trockenen Teil der Vorstellung durfte Till Jaeger, Leiter des
Instituts für Rechtsfragen der freien und Open-Source-Software, übernehmen. Wer in Zukunft Text, Musik, Bilder oder Filme veröffentlicht, kann diese unter die Creative Commons Lizenz stellen. Einige Anbieter machten auch gleich davon Gebrauch, wie Telepolis mit dem Buch “Mix, Burn and R.I.P. – Das Ende der Musikindustrie”. Auf der Internetseite zum
Buch findet man das für Creative Commons zuständige Logo mit dem charakteristischen Text “some rights reserved”, einige Rechte vorbehalten. Es stellt eine von drei Ebenen der Lizenz dar.

Ein Klick auf das Logo führt zur Creative Commons Seite, in diesem Fall noch die Englische. Man erfährt allgemein verständlich verfasst mehr über die Lizenz. Daneben gibt es einen Link auf die für Juristen interessante ausführliche Lizenz. Diese funktioniert nach dem Baukasten-System: Interessierte Nutzer suchen sich aus, welche Rechte sie behalten, und welche sie freigeben möchten. Der generierte Link wird auf die Homepage gestellt. Eine weitere Finesse: Den Link können Suchmaschinen interpretieren, so dass in Zukunft gezielt nach Werken gesucht werden kann, die zum Beispiel unter Creative Commons frei „remix“-bar sind.

Wozu Lizenzen?

Lessig warnte eindringlich vor der Verschärfung des Copyrights. Mit seiner Lizenz möchte er dieses „restriktive“ Recht umgehen. Das Stichwort heißt „Open Content“ (freie Inhalte). Wer zum Beispiel ein Bild verwenden möchte, braucht nicht mehr nachzufragen. Der obligatorische Anruf erübrigt sich. Sämtliche Bedingungen für die Nutzungen sind in der Lizenz geklärt. Aber warum reicht nicht ein kurzer Satz wie „Dieses Bild ist frei verfügbar für nicht kommerzielle Zwecke“?

Nach Lessig läge der Vorteil der Lizenz im Detail. Was bedeutet schon „kommerzielle Zwecke“? Kann sich ein Künstler sicher sein, dies auch vor Gericht geltend zu machen? Die Creative-Commons-Lizenz sei juristisch abgesichert, behaupten die Macher.

Kolonialisierung unserer Lebenswelt

Einmal „Open Content“-Nutzer, immer „Open Content“-Nutzer? Creative-Commons ist nicht die einzige Lizenz für freie Inhalte. Viele kennen auch die
GNU-free-document-licence. Sie wird unter anderem zur Dokumentation freier Software wie des freien Betriebssystems Linux verwendet. Wer Texte unter der GNU-Lizenz verwendet, muss gleichfalls unter dieser publizieren. Deshalb steht ein Großteil der Bücher über Linux unter der GNU-free-document-licence. Ein juristischer Virus? Das „share alike“-Modul bei Creative-Commons erzeugt den selben Effekt. Wer Werke mit unterschiedlichen „Open-Content“-
Lizenzen, und davon gibt es nicht wenige, mixen will, steht vor einem juristischen Wirrwar. Ohne Anwalt ist man verloren.

Unterschiede zur USA

In Deutschland gibt es kein Copyright, sondern ein Urheberrecht. Die Rechte eines Werkes bleiben stets beim Autor, nur Verwertungsrechte können übertragen werden. Wie verträgt sich dies mit dem amerikanischen Copyright? Für Juristen ein interessantes Thema. Aber macht es Sinn, eine amerikanische Lizenz wie Creative Commons zu übersetzen?

Die oben erwähnte Ballade „Endless love“ entstammt nicht einer “neuen” Remix-Kultur, sondern einer Sendung des schwedischen Fernsehens. Ob Kalkofe oder Raab, das Verwenden von Fernsehschnipseln ist beliebt. Und auch der künstlerischen Freiheit steht nichts im Wege, denn mit Ausnahme von Musikstücken gilt: “Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden”(UrhG §24). Wer seine Musik bei der GEMA anmeldet, hat sowieso keine Wahl bezüglich seiner Lizenz.

CreativeCommons.de nicht erreichbar

Wer „creative-commons.de“ in seinen Browser eingibt, wird überrascht sein. Die Domain steht zum Verkauf. Die deutsche Lizenz-Übersetzung findet sich nur in einem Unterverzeichnis bei
creativecommons.org. Allerdings nur die Ebene des juristischen Vertrages. Trotz feierlichem Deutschland-Start sind noch nicht Übersetzungen aller Lizenz-Module vorhanden.

Erschienen am 24.06.2004

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