Eine Studie der Stiftung Neue Verantwortung zeichnet ein beunruhigendes Bild. Die Fähigkeit der Menschen, zwischen verlässlichen Informationen und manipulativen Inhalten zu unterscheiden ist besorgniserregend gering. Die fehlende Medienkompetenz droht weitreichende Auswirkungen auf den öffentlichen Diskurs, die demokratische Kultur und das Vertrauen in die Medien zu haben.

In der modernen Gesellschaft sind die Medien zu einem omnipräsenten Einflussfaktor geworden, der unsere Wahrnehmungen und Handlungen prägt. Leider offenbart eine kürzlich durchgeführte Studie der Stiftung Neue Verantwortung, eine besorgniserregende Realität: Die Medienkompetenzen der Menschen in Deutschland sind alarmierend gering. 

Medienkompetenz ist mehr als nur Bedienfähigkeit. Sie bezieht sich auf die Fähigkeit, Inhalte zu verstehen, zu bewerten und aktiv zu nutzen. Es geht darum, Medien kritisch zu betrachten, Quellen zu überprüfen, Manipulationsversuche zu erkennen und Informationen zu filtern. Ein niedrigschwelliger Zugang zu Informationen ist zwar grundlegend in einer Demokratie, doch mit steigendender Skepsis gegenüber den traditionellen Medien und intransparenten Quellen im Internet steigt die Anfälligkeit für Populismus in den Medien in einem demokratiegefährdenden Ausmaß.  

Wenn Menschen nicht in der Lage sind, Fakten von Fiktion zu trennen und verlässliche Informationen zu identifizieren, werden sie anfällig für Fehlinformationen, Propaganda und Manipulation. Dies führt zu einer Verzerrung des öffentlichen Diskurses, einer Polarisierung der Gesellschaft und schwindenden Vertrauen in demokratische Institutionen. Für den demokratischen Entscheidungsprozess und eine gesunde, pluralistische Gesellschaft ist medienkompetente Bürger*innenschaft jedoch unerlässlich.  

Der Nachrichtenkompetenztest, auf dem die Ergebnisse der o.g. Studie basieren, wurde 2020 mit ca. 4000 Kandidat*innen ab einem Alter von 18 Jahren durchgeführt. Die Testfragen sollten das gesamte Spektrum der digitalen Nachrichtenkompetenz prüfen. Darunter fallen neben Qualitätseinschätzungen auch Diskurs- und Einordnungsfähigkeiten.  Die Ergebnisse zeigen Schwierigkeiten bei der Unterscheidung von Informationen und Desinformationen sowie Werbung und Meinungen auf. Während die Vertrauenswürdigkeit von Quellen von mehr als der Hälfte der Befragten richtig eingeschätzt wurde, fiel es den Teilnehmenden deutlich schwerer Interessenkonflikte zu erkennen und richtig zu benennen. Insgesamt erreichten nur ca. 20% hohe Kompetenzwerte und nur knapp die Hälfte bestanden den Test überhaupt.   

Bei der Auswertung zeichnen sich deutliche Muster ab: Jüngere Generationen erreichen höhere Nachrichtenkompetenzwerte als ältere. Besonders kompetent sind die Befragten zwischen 18 und 39 Jahren mit einem höheren Bildungsabschluss. Allerdings waren die Befragten unter 40 mit einem niedrigen Bildungsabschluss am wenigsten nachrichtenkompetent. Es lässt sich davon also ableiten, dass der Bildungsgrad bei der jüngeren Generation von besonderer Relevanz zu sein scheint.  Filtert man die Teilnehmer*innen nach Parteizugehörigkeit, fällt auf, dass die digitale Nachrichtenkompetenz bei AFD-Wähler*innen besonders gering ist, während sie bei FDP- und Grünen-Wähler*innen am höchsten ist. Damit einhergehend hängen diese Fähigkeiten wohl auch von der demokratischen Grundhaltung und Einstellung zum unabhängigen Journalismus ab heißt es weiter. Je geringer das Grundvertrauen in Demokratie und Medien, desto geringer die digitale Nachrichtenkompetenz.   

Journalistische Unabhängigkeit wird besonders beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk falsch eingeschätzt. Laut Stiftung Neue Verantwortung konnten beispielsweise nur die Hälfte der Befragten richtig beantworten, dass Bundestagsabgeordnete nicht darüber entscheiden können, worüber der Rundfunk berichtet. Bei solchen Ergebnissen ist die Skepsis gegenüber der Unabhängigkeit der Medien also kaum verwunderlich.  

Warum sind Soziale Medien das Problem?  

Um zu verstehen, was Nachrichtenkonsum in Sozialen Medien so schwer macht, lohnt sich ein Blick auf “False Balance” zu werfen. Ein Problem, das sich vor allem im Internet häuft.  False Balance beschreibt ein Phänomen bei dem die Mehrheitsmeinung mit der Meinung Einzelner durch die Art der Berichterstattung, im direkten Vergleich steht. So droht der Eindruck zu entstehen, dass beide Seiten als gleichwertig aufgefasst werden können. Bei einem kontroversen Thema wie dem Klimawandel kann es dann so wirken, als würde es eine ausgeglichene Meinungsvielfalt geben, auch wenn eine wissenschaftliche Konsensmeinung existiert. Medien sollen Meinungen und unterschiedliche Aspekte einer Diskussion richtig einordnen und gewichten, doch durch den radikalen Medienwandel schwindet der Einfluss von Journalist*innen und Medieninstitutionen als Gatekeeper*innen. Als Resultat der Anonymität, die die digitalen Medien de facto bieten, muss sich kaum noch jemand für veröffentlichte Inhalte verantworten. Im traditionellen Journalismus taucht das Problem von False Balance zwar auch immer wieder auf, doch in Sozialen Medien fehlt eine korrekte Einordnung häufig komplett. Filterblasen und Falschnachrichten verstärken das Problem und es entsteht ein gänzlich verzerrtes Bild der Realität. Dadurch wird faktenbasiertes Handeln immer schwieriger.   

Um dem entgegenzuwirken, haben Plattformen wie Facebook und Twitter bereits Kennzeichnungen eingeführt, die es Nutzern einfacher machen soll, Falschnachrichten und Werbung zu erkennen.  Doch laut den Ergebnissen der Studie sind diese Kennzeichnungen bisher kaum wirksam.    

Die rasante Entwicklung durch KI, macht es auch der Politik immer schwerer rechtzeitig wirksame Maßnahmen zu ergreifen, die die Bevölkerung mit den nötigen Tools ausstattet, den Wandel in den Medien zu bewältigen. Doch um eine demokratische und pluralistische Gesellschaft zu erhalten und zu stärken, ist der richtige Umgang mit Nachrichten essentiell. In der Studie heißt es, dass besonders politische Bildung und Vertrauensbildung in journalistisches Arbeiten im Zusammenhang mit Medienbildung seit Jahrzehnten vernachlässigt werden. Das würde vor allem für Haupt- und Mittelschulen gelten und erkläre die Diskrepanz in der Medienkompetenz zwischen jungen Menschen mit unterschiedlichem Bildungsgrad. Digitale Bildung muss also dringend eine prominentere Rolle im Kurrikulum einnehmen. Die signifikant abnehmenden Nachrichtenkompetenzen mit dem Alter, regt außerdem dazu an die Nachrichtenkompetenz Fördermöglichkeiten für Erwachsene auszuweiten. Neben diesen Bemühungen sollten wir auch die Verantwortung der Medien selbst nicht außer Acht lassen. Journalisten und Medienorganisationen müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein, qualitativ hochwertige und verlässliche Informationen bereitzustellen. Die Förderung von Transparenz, Sorgfalt und Ethik im Journalismus ist entscheidend, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückzugewinnen und Manipulationen entgegenzuwirken.